Mannheim. Es krabbelt, flattert und brummt fast überall: Auf der Wilden Möhre sitzt ein Schmalbock, zwischen Natterkopf, Gelber Wicke und Minze summt eine Erdhummel herum, und darüber sind alle paar Meter Kohlweißlinge, Bläulinge und andere Schmetterlinge zu sehen. „Hektar für Nektar“ heißt das Areal Nummer 75 im Experimentierfeld auf dem Spinelli-Gelände der Buga, gleich neben dem markanten Holzpavillon der Metropolregion. Es ist „ein Paradies für Insekten“, steht auf dem Schild. Es ist aber auch ein Paradies für Naturforscher, das der zehnjährige Ferdinand Baumann aus Sindelfingen und der siebenjährige Benno Michel aus Heidelberg neben einigen Erwachsenen an diesem Mittag mit Hilfe von Martin Feucht vom Nabu erkunden.
Bläuling in der Becherlupe
„Wieso hast du einen Kescher dabei?“, fragt Benno und bekommt erklärt, dass es sich um ein Schmetterlingsnetz handelt, das der 77-jährige Feucht ausnahmsweise mitgebracht hat: „Ich bin eigentlich keiner, der sie fängt.“ Die Jungs schnappen sich das Netz und sind weg. Keine zwei Minuten später kommen sie wieder angerannt: „Wir haben einen“, rufen sie schon von Weitem. „Wir haben einen Bläuling!“
Der Fachmann lässt das Tier ganz vorsichtig in eine Becherlupe flattern: „Das ist ein gemeiner Bläuling.“ Benno schaut verdutzt: „Wieso ist der gemein?“ „Der ist nicht gemein“, erklärt Feucht. „Das kommt von allgemein. Weil der so oft vorkommt.“ Jeder darf mal durch das Vergrößerungsglas schauen, dann öffnet Feucht den Deckel wieder. „Wir suchen noch mehr“, rufen die Jungs und stapfen schon wieder los. Feucht nickt anerkennend: „Ah, das sind echte Forscher!“
Er selbst ist auch einer. Seit 1980 züchtet er Kleine Nachtpfauenaugen, geht an Schulen, um Jungen und Mädchen etwas über Schmetterlinge beizubringen, und war unter anderem 15 Jahre lange Vorsitzender einer Nabu-Gruppe. Inzwischen ist der pensionierte staatliche Notar Nabu-Fachbeauftragter für Schmetterlinge in Baden-Württemberg – und als solcher aus Schwaigern bei Heilbronn nach Mannheim gekommen, um den Besucherinnen und Besuchern der Buga einen Tag lang ehrenamtlich die faszinierenden Tiere näherzubringen.
Für Naturschutz sensibilisieren
Mehr als 80 kostenlose Führungen, Vorträge und Mitmachaktionen bietet der Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg auf der Buga an. Neben Insekten stehen beispielsweise auch Fledermäuse, Eidechsen oder Vögel im Fokus. Und natürlich gibt es allerlei Infos über die biologische Vielfalt und naturnahes Gärtnern. „Je mehr Leute da sind und sich mit der Natur beschäftigen, desto besser“, erklärt Feucht.
Weitere Termine
Die nächsten Veranstaltungen des Nabu finden am Wochenende 15. und 16. Juli auf der Buga statt.
Am Samstag, 15. Juli, 17 Uhr, informiert Karl Wilhelm Beichert in einem Vortrag auf dem Campus Lernfeld im Spinelli-Park über den Vogel des Jahres 2023: das Braunkehlchen.
Am Sonntag, 16. Juli, 16 Uhr, führen Heike Vetter und Birgit Jänicke über die Buga und erklären dabei, wie man Artenvielfalt im Garten und auf dem Balkon fördern kann. Treffpunkt ist das Nabu-Vogelhaus auf Spinelli.
Alle Termine sind auch im Internet zu finden unter: www.nabu-bw.de/buga23
Das hat sich auch Paul Hennze gedacht, der Vorsitzende der Mannheimer Nabu-Gruppe. Er findet zwar nicht alles an der Buga toll, erzählt er. Aber er hofft, während der sechs Monate zwischen 2000 und 3000 Menschen zu erreichen und für den Naturschutz zu sensibilisieren. „So eine Plattform kriegt man so schnell nicht wieder“, sagt Hennze. Darum hat sich der Nabu nach einigen Diskussionen entschieden, bei der Großveranstaltung mitzumachen – im Gegenteil zum BUND, der im Vorfeld angekündigt hatte, aufgrund der „eher negativen Ökobilanz“ die Buga zu boykottieren.
„Wir sagen auch nicht bei allem juhu“, so Hennze. Insbesondere über den Radweg „mitten durchs Landschaftsschutzgebiet“ kann er immer noch „nur den Kopf schütteln“. Aber es gebe eben auch einiges Positives: „Der Grünzug ist gesichert“, nennt er den seiner Meinung nach wichtigsten Punkt. „Unterm Strich ist mehr Beton weg als dazugekommen ist.“ Zudem sei die Renaturierung des Neckars dank Buga schneller vorangekommen. So lautet sein Fazit: „Ich sehe unterm Strich eine positive Bilanz.“
Und als ob es diese Einschätzung bestätigen wollte, hat der Nabu-Vorsitzende unlängst beim Spaziergang über das Sandrasengebiet auf Spinelli ein Feldlerchenmännchen beim Balzflug gesehen: „Das hat mich richtig gefreut.“
"Keinen einzigen heimischen Käfer drauf"
Auch Schmetterlingsexperte Feucht zeigt sich über den „Hektar für Nektar“ erfreut: „Das ist ein tolles Stück“, sagt er. Nur die rundherum aufgestellten Plakate mit den großen Käferfotos findet er unglücklich: „Das ärgert mich: Die haben keinen einzigen heimischen Käfer drauf.“
Die beiden jüngsten Teilnehmer seiner Führung stört das überhaupt nicht: „Ich fand alles gut“, sagt Ferdi nach knapp einer Stunde. Und was war am Besten? „Ich finde alles am Besten“, sagt Benno. Damit sind eigentlich alle Fragen beantwortet.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Glosse "Übrigens" Warum jetzt Feudenheimer Freizeitfußballer mit der Buga werben