Mannheim. Eigentlich sollte für Mannheim das Beschließen einer Städtepartnerschaft nichts ganz Besonderes sein. Ja, die Stadt prüft Abkommen sorgfältig. Ja, die letzte Partnerschaft (mit dem chinesischen Qingdao) liegt nun auch schon sechs Jahre zurück. Und doch gibt es immerhin schon elf Kommunen, mit denen Mannheim partnerschaftlich verbunden ist.
Trotzdem ist diese zwölfte Partnerschaft mit der ukrainischen Stadt Czernowitz, für die der Gemeinderat am Dienstagabend einstimmig den Weg frei macht, wohl eine besondere. „Historisch ist das für uns eine einmalige Situation. Wir hätten uns nicht vorstellen können, dass wir eine Städtepartnerschaft in Zeiten des Krieges begründen“, erklärt Oberbürgermeister Peter Kurz zu Beginn der Sondersitzung des Gremiums. Man wolle aber bei diesem Ausdruck der Solidarität nicht stehenbleiben. Stattdessen wolle die Kommune im Rahmen des ihr Möglichen direkt Unterstützung leisten. „Das ist historisch ohne Beispiel.“
„Unbezahlbare Hilfe“
Es ist eine nachdenklich machende Rede des Oberbürgermeisters, der auch auf das Massaker von Butscha verweist. Man wolle die benötigte Unterstützung, die „mit jedem Tag“ deutlich werde, „mit diesem Tag entsprechend unterstreichen“. Auch einstimmig beschließt der Gemeinderat wenig später Hilfszahlungen von insgesamt einer Million Euro an Czernowitz sowie die beiden Partnerstädte Chisinau (Moldawien) und Bydgoszcz (Polen) und eine Resolution, mit der das Gremium unter anderem „seine volle Solidarität mit den Ukrainerinnen und Ukrainern“ zusichert und den russischen Angriff verurteilt.
Zuvor hatte Roman Klitschuk, Stadtoberhaupt von Czernowitz, dem Gemeinderat über die Lage in seiner Stadt berichtet. „Unsere Stadt ist momentan das humanitäre Zentrum für Binnenflüchtlinge.“ Die 260 000 Einwohner zählende Stadt beherberge mehr als 50 000 Geflüchtete. In den sechs Jahren der Zusammenarbeit mit Mannheim - beide Städte sind seit 2016 in einer Kooperation verbunden - habe man viele Projekte realisiert, etwa den gemeinsamen Kampf gegen Corona. Man wisse die „unbezahlbare humanitäre Hilfe, die Mannheim leistet“ zu schätzen, erklärt Klitschuk. „Ich bin sicher, dass das Gute immer das Böse besiegt.“
Der Satz wird in der folgenden Diskussion von mehreren Mitgliedern des Gemeinderats noch einmal aufgegriffen. Volker Beisel von der FDP erklärt, dass es auch die Unterstützung Mannheims brauche, um das Böse zu besiegen. Schließlich verfüge die Kommune über finanzielle und logistische Möglichkeiten, um Partnerstädten zu helfen. „Wenn ich sehe, vor welche Herausforderungen uns vielleicht 2500 Flüchtlinge in Mannheim stellen, kann man sich kaum vorstellen, was 50 000 Flüchtlinge bedeuten.“ Die Solidarität Mannheims mit den drei osteuropäischen Partnerstädten sei „ein Ausdruck des tiefsten Mitgefühls mit der Bevölkerung“, erklärt Achim Weizel (Freie Wähler/Mannheimer Liste).
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheims Ukraine-Politik steht vor neuen Aufgaben