Finanzen

Grundsteuer: Ist die Kritik an Mannheim und Ilvesheim berechtigt?

Der Steuerzahlerbund legt eine Auswertung vor, welche Kommunen durch die neue Grundsteuer mehr einnehmen als früher. Darin kommen einige Kommunen aus der Region schlecht weg. Doch an den Daten gibt es große Zweifel.

Von 
Timo Schmidhuber
Lesedauer: 
In Mannheim gilt für die Grundsteuer B, die Hauseigentümer bezahlen müssen, ein Hebesatz von 365 Prozent. © Bernhard Zinke

Mannheim. Um die sogenannte Grundsteuer B, die Hauseigentümer an die Kommune zahlen müssen, hat es in den vergangenen Monaten jede Menge Diskussionen gegeben. Die Bundesländer mussten die Berechnung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts neu regeln, viele Eigentümer im Land stellten sich die Frage: Werden die klammen Kommunen die Gelegenheit nutzen und ihre Grundsteuer-Einnahmen vergrößern? Der Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg (BdSt) kommt zu dem Ergebnis: Die große Mehrheit der circa 1.000 Kommunen im Land hat das nicht getan. Bei rund einem Drittel allerdings sei das der Fall. In der Region nennt die BdSt-Auswertung unter anderem Ilvesheim, Mannheim, Edingen-Neckarhausen, Schriesheim, Heidelberg und Hockenheim. Doch die Datengrundlage für die Auswertung ist extrem umstritten – bereits seit einem Jahr wird heftig über sie diskutiert.

Neue Grundsteuer: Wert der Immobilie spielt keine Rolle

Beim neuen Berechnungsverfahren, für das sich das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg entschieden hatte, fallen die Größe des Grundstücks und der Bodenrichtwert stärker ins Gewicht als früher. Der Wert der Immobilie dagegen spielt keine Rolle. Aus Fläche und Richtwert haben die Finanzämter den Steuermessbetrag berechnet. Der wird mit einem Hebesatz, den die Kommune selbst festlegen kann, multipliziert. Das ergibt die fällige Steuer.

Der BdSt hat nun die jeweiligen neuen Grundsteuer-Hebesätze mit dem sogenannten Transparenzregister des baden-württembergischen Finanzministeriums verglichen. Darin hatte das Ministerium für jede Kommune einen Korridor berechnet, in dem der neue Hebesatz liegen muss, damit die neue Steuer insgesamt aufkommensneutral ist – die Kommune künftig also nicht mehr Geld aus der Grundsteuer einnimmt als bisher. Das Register war im September 2024 veröffentlicht worden, einen Monat später wurde es nochmal aktualisiert. Wegen des neuen Berechnungsverfahrens ist es nicht aussagekräftig, einfach den neuen und den bisherigen Hebesatz zu vergleichen.

Ilvesheim liegt 50 Prozent darüber, Mannheim sechs

Ilvesheim liegt laut der BdSt-Auswertung 50 Prozent über dem Korridor, Mannheim sechs, Edingen-Neckarhausen vier. Bei den anderen Kommunen aus der Region, die den Korridor überschreiten, bewegt sich das ebenfalls im niedrigen einstelligen Prozentbereich (siehe Grafik). Viele liegen genau im Korridor, wie zum Beispiel auch die Großstädte Karlsruhe oder Stuttgart. Es gibt auch Kommunen im Land unter dem Korridor. Positiver Rekordhalter ist laut Steuerzahler-Bund die Kleinstadt Oberkochen auf der Ostalb – sie sei knapp 200 Prozentpunkte unterhalb des aufkommensneutralen Hebesatzes: „Dies stellt für die Bürger Oberkochens eine Steuerentlastung von durchschnittlich 35 Prozent dar“, so der BdSt.

Hebesatz in Mannheim vergleichsweise hoch

Das Transparenzregister hatte allerdings von Beginn an für kontroverse Diskussionen gesorgt. Die Stadt Mannheim zum Beispiel erklärte damals, der im September im Register genannte Hebesatz-Korridor von 304 bis 336 Prozent sei für sie nicht nachvollziehbar und sorge auch nicht für Aufkommensneutralität. Bei einem Hebesatz in diesem Bereich werde Mannheim statt der bislang 75 Millionen Euro künftig lediglich 65 Millionen aus der Grundsteuer einnehmen. Im Oktober nannte das Register für Mannheim dann einen Korridor von 312 bis 344. Im Rathaus erachtete man dagegen einen Hebesatz von 365 Prozent für aufkommensneutral. Den hat der Gemeinderat auch beschlossen. Laut dem aktuellen Finanzbericht für die ersten sechs Monate 2025 wird Mannheim am Ende des Jahres bei den angepeilten Grundsteuer-Einnahmen von 75 Millionen Euro landen. Gerade der Vergleich mit den anderen baden-württembergischen Großstädten Stuttgart und Karlsruhe zeigt allerdings auch, dass der Hebesatz in Mannheim extrem hoch ist.

Hebesätze für die Grundsteuer B im Vergleich. © MM-Grafik

In Ilvesheim gab es ebenfalls viel Kritik am Register. Vielen Gemeinderatsmitgliedern erschloss sich auch hier nicht, wie der Korridor von 97 bis 107 Prozent zur Aufkommensneutralität führen solle. Die ist laut der Ilvesheimer Gemeindeverwaltung erst bei einem Satz von 160 Prozent erreicht, den der Gemeinderat im Herbst 2024 schließlich beschloss. Auch in Ilvesheim zeigte der Finanzbericht über die ersten sechs Monate 2025, dass die aktuellen Grundsteuereinnahmen sehr nah an den bisherigen liegen. Das spricht - wie die Erfahrungen in Mannheim - nicht gerade für das Transparenzregister.

Aus dem Finanzministerium heißt es, mit dem Register habe man „den Bürgerinnen und Bürgern als ersten Anhaltspunkt frühzeitig eine Prognose über die Höhe des aufkommensneutralen Hebesatzes je Kommune zur Verfügung gestellt“. Seit diesem Juli steht das Register nicht mehr online. Jetzt, wo alle Kommunen die Hebesätze beschlossen hätten, habe das Register „seinen Zweck erfüllt“ und werde offline genommen, so das Ministerium.

In Edingen-Neckarhausen hat der Gemeinderat mit 230 Prozent bewusst einen höheren Hebesatz beschlossen, um die schwierige Finanzlage zu verbessern. Das sollte Mehreinnahmen von 400.000 Euro bringen – laut dem Halbjahresbericht werden es aber wohl nur 200.000 Euro sein.

Mehr zum Thema

Hauptausschuss

Grundsteuer: Mannheimer Stadträte unzufrieden

Veröffentlicht
Von
Timo Schmidhuber
Mehr erfahren
Finanzen

Hohe Grundsteuer in Mannheim: Was tun?

Veröffentlicht
Von
Timo Schmidhuber
Mehr erfahren

Kommentar Die Grundsteuer in Mannheim: Ein ewiger Streitpunkt

Veröffentlicht
Kommentar von
Timo Schmidhuber
Mehr erfahren

Mehr zum Thema

Projekt

Bauzäune aufgestellt – was der Start der Kombibad-Baustelle für Ilvesheim bedeutet

Veröffentlicht
Von
Torsten Gertkemper-Besse
Mehr erfahren

Aber selbst wenn die neue Grundsteuer in einer Kommune aufkommensneutral ist, bezieht sich das nur auf die Gesamteinnahmen. Der einzelne Eigentümer kann trotzdem mehr bezahlen müssen als früher. Der Steuerzahler-Bund weist darauf hin, dass das vor allem bei den Bewohnern von Ein- und Zweifamilienhäusern der Fall sei. Die seien „die Verlierer der Reform. Jede Hebesatzerhöhung wird diese Steuerzahler überproportional treffen“.

Manche Eigentümer in Mannheim zahlen deutlich mehr

Auch beim „MM“- hatten sich nach dem Versand der Steuerbescheide Anfang des Jahres viele Leser gemeldet, die jetzt deutlich mehr zahlen müssen. Allerdings auch welche, bei denen weniger fällig wird. Nach Angaben der Mannheimer Stadtverwaltung zahlen jetzt 55 Prozent der Eigentümer weniger Grundsteuer als bislang. Vor allem die von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in Stadtteilen mit niedrigem Bodenrichtwert.

Gleichzeitig steigt in Mannheim der Anteil des Aufkommens aus Wohngrundstücken an der Grundsteuer. Der von Gewerbegrundstücken dagegen sinkt. Und das, obwohl beide Flächenarten mit jeweils knapp 15 Prozent einen etwa gleich großen Anteil am Gesamtstadtgebiet haben. Das heißt: Unternehmen wurden durch die Reform entlastet.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke