Mannheim. Zuerst Corona, dann der Krieg: Roman Klitschuk, Bürgermeister von Czernowitz, hat seit seinem Amtsantritt im Dezember 2020 nicht viel zu lachen. Doch als gestern die Delegation der ukrainischen Partnerstadt auf der Buga offiziell empfangen wurde, gab es einen fröhlichen Moment: Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz übergab als Geschenk ein Wandbild aus Moos – sein Amtskollege zog nur eine Minute später etwas ähnliches hervor: ein Bild, ebenfalls mit Moos im Hintergrund, aber mit den beiden Stadtwappen versehen. Offensichtlich waren die Gedanken in beiden Städten ähnlich, aber die Gäste kreativer.
Mannheim hat seit 2015 Verbindungen mit Czernowitz. Im April 2022 entschied sich der Gemeinderat für eine vollwertige Städtepartnerschaft – auch als Ausdruck von Solidarität. Um ein Zeichen für Frieden und Demokratie zu setzen, reiste eine Mannheimer Delegation Ende 2022 in die Stadt, um mit der dortigen Kulturszene einen Auftritt auf der Buga zu planen.
Tanz-Musik-Performance von „Gerdan“
Der fand gestern statt: Nachmittags präsentierte das Theaterstudio „Gerdan“ in Form von Liedern und Tänzen Riten, Bräuche und Traditionen der Ukraine. Der Name „Gerdan“ wurde gewählt, weil es sich um ein traditionelles Bukowina-Ornament in Form einer Perlenkrawatte handelt, alle Künstler trugen ein solche Accessoire auf der Bühne. Danach folgte eine Tanz-Musik-Performance von „Gerdan“ sowie Chico & Qatoshi, abends spielten Letztere solo. Sie sind eine Popband, die von Mykola Soproniuk (Qatoshi) und Roman Kovalenko (Chico) gegründet wurde. Bekannt wurden sie durch die Lieder wie „Lastivky“, das auf YouTube rund 50 Millionen Mal aufgerufen wurde. Danach betrat laut Programm die Sängerin Valeriia Kudriavets die Bühne.
Roman Klitschuk sagte, dass die Ukraine gerade für die Freiheit, das Recht selbstständig zu denken, Ukrainisch zu sprechen und europäische Werte kämpfe. Dafür gab es von den 80 Zuhörern lauten Applaus. Zu Beginn des Krieges seien über eine Million Binnenflüchtlinge durch Czernowitz gezogen oder dort geblieben, die Stadt hat normalerweise rund 460 000 Einwohner. Die Unterstützung durch Mannheim sei sehr wichtig gewesen, „das werden wir nie vergessen“. Doch die Ukrainer könnten nicht nur kämpfen, sondern auch singen und tanzen. Er sei sich sicher, nach einem Frieden mit mehr Musikern und Künstlern Mannheim besuchen zu können, aber „derzeit haben viele ihre Instrumente durch Waffen ersetzen müssen“. Auf dem vorherigen Empfang hatte der 50-Jährige gesagt, dass Czernowitz unweit der bulgarischen Grenze zwar derzeit eine der ruhigsten Städte im Land sei, aber „es gibt keinen Einwohner, der nicht Angehörige an der Front verloren hat“. Er bedankte sich für die humanitäre Hilfe, die es zu Anfang des Krieges von Mannheim gegeben habe, Nahrungsmittel, Dinge des täglichen Bedarfs, Kleidung und Busse sowie Autos: „Nun wissen wir ganz genau, wer unsere wahren Freunde sind. Mannheim und Oberbürgermeister Kurz gehören dazu.“
Der betonte, dass er bei seinem zweitägigen Besuch in Czernowitz vor einigen Monaten „tief beeindruckt davon war, wie dort den Herausforderungen begegnet wird“. Nicht nur der Krieg bestimme das Denken, sondern auch, wie die Zukunft aussehen soll und welche Strategien man dafür entwickelt. Das sei „ein Zeichen großer Stärke“. Auf der Hauptbühne betonte Kurz: „Die Ukraine und Czernowitz gehören zu Europa.“
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