Porträt

Ein Schülertraum wird wahr: Das ist Mannheims neuer OB

Christian Specht zieht ins Mannheimer Oberbürgermeister-Büro, als erster CDU-Politiker. Obwohl er eine grün-rot-rote Mehrheit im Gemeinderat gegen sich hat, ist er optimistisch, seine Ziele umzusetzen. Das hat er vor

Von 
Timo Schmidhuber und Lea Seethaler
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Der künftige Oberbürgermeister von Mannheim, Christian Specht, mit seiner Partnerin Bettina Schenk. © Uwe Anspach

Mannheim. Als Schüler, da wollte Christian Specht Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Mannheim werden. So stand es Ende der 1980er Jahre in einem Artikel im „Mannheimer Morgen“, in dem es eigentlich um eine Hospitanz des damals 21-jährigen Jura-Studenten bei den Vereinten Nationen in Genf ging.

Jetzt, 35 Jahre später, ist dieser Schülerwunsch wahr geworden. Der CDU-Politiker, der auch von Mannheimer Liste und FDP unterstützt wurde, ist neues Stadtoberhaupt von Mannheim. Im zweiten Wahlgang holt er 49,9 Prozent der Stimmen und liegt damit denkbar knapp rund einen Prozentpunkt vor seinem Hauptkonkurrenten Thorsten Riehle von der SPD.

Es ist jetzt an der Zeit, dass wir uns gemeinsam mit allen an die Arbeit machen, die Stadt nach vorne zu bringen
Christian Specht künftiger OB Mannheims

Specht ist damit der erste Christdemokrat, der in einer direkten Wahl Mannheimer OB wird. Die Stadt war bisher fest in der Hand der SPD. Entsprechend gewaltig ist der Applaus in seinem Lager, als der Wahlsieger am Sonntagabend um kurz nach 19.30 Uhr den Ratssaal im Stadthaus betritt.

„Es war das erwartete Kopf-an- Kopf-Rennen. Ich freue mich sehr. Es ist jetzt an der Zeit, dass wir uns gemeinsam mit allen an die Arbeit machen, die Stadt nach vorne zu bringen“, sagt der 56-Jährige in einer ersten Reaktion.

Auf dem Waldhof aufgewachsen

Manche hatten dem amtierenden Bürgermeister für Finanzen, Sicherheit und öffentlichen Nahverkehr bereits im ersten Wahlgang die damals nötige absolute Mehrheit zugetraut. Da landete er am Ende bei knapp 46 Prozent. Für das bereits gute Ergebnis in Runde eins wie auch für den letztendlichen Erfolg im zweiten Wahlgang dürfte es drei wichtige Gründe geben.

Noch-Oberbürgermeister Peter Kurz (links) und sein Nachfolger Christian Specht. © Uwe Anspach

Zum einen gilt der gebürtige Waldhöfer Specht für viele als Sympathieträger. Zum anderen schreiben ihm viele Wählerinnen und Wähler die Kompetenz für den Job an der Verwaltungsspitze zu, schließlich ist er seit fast 20 Jahren Bürgermeister.

Starker Rückhalt für den Kandidaten

Ein dritter wichtiger Grund, der auch am Sonntagabend im Stadthaus immer wieder zu hören war: Das bürgerliche Lager mit ML und FDP stand von Beginn an hinter diesem Kandidaten - das war auf der anderen Seite des politischen Spektrums nicht so.

Nicht nur dass Linke und Grüne in der ersten Runde mit Isabell Belser und Raymond Fojkar mit eigenen Kandidierenden angetreten waren und damit SPD-Mann Riehle Stimmen nahmen. Auch nach dem Rückzug sprachen Belser und Fojkar keine Wahlempfehlung für Riehle aus. Die gab’s - nach einigem Hin und Her - nur vom Grünen-Kreisverband.

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Ein ganz wichtiger Grund dafür, dass es jetzt einen Oberbürgermeister Specht gibt, war aber auch der Verzicht von Amtsinhaber Peter Kurz (SPD), ein weiteres Mal anzutreten. Denn gegen Kurz war Specht bereits vor acht Jahren nicht angetreten, und auch jetzt hätte er das nicht getan. Er begründete das immer damit, dass er als Kämmerer mit Kurz immer vertrauensvoll zusammengearbeitet habe - nach einem konfrontativen Wahlkampf sei so etwas danach schwierig.

Mann ohne Berührungsängste

Wie sein Konkurrent Riehle führte auch Specht einen intensiven Wahlkampf, legte sich digital wie analog ins Zeug. Er zeigte dabei auf allen Kanälen, dass er ein Mann ohne Berührungsängste ist. Und sein will. Er zappelte im Hochseilgarten an Seilen und versuchte sich beim Studenten-Trinkspiel Bierpong. Auch in den sozialen Medien war Specht mit dem Start des Wahlkampfs extrem aktiv, er drehte TikTok-Videos vor dem Wasserturm und war in der Stadt unterwegs, um die Menschen zu fragen, was sie sich für Mannheim wünschen.

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Und wofür steht dieser OB-Specht inhaltlich? Als er Mitte Mai sein Programm vorstellte, nannte er fünf große Themengebiete. Zum einen Familien: Unter anderem mit beschleunigten Genehmigungsverfahren und einer besseren Einbindung der Freien Träger will er mehr Kita-Plätze schaffen. Den Klima- und Umweltschutz will er vorantreiben, etwa durch die CO2-freie Stromproduktion im Grosskraftwerk und den Ausbau der Fernwärme - er will beim Klimaschutz aber nicht mit Verboten, sondern mit „intelligenten Angeboten“ arbeiten, wie er betont.

Der gebürtige Mannheimer Christian Specht (CDU) wird neuer Oberbürgermeister. © Uwe Anspach

Beim Thema Mobilität spricht er sich für ein ideologiefreies Nebeneinander von Auto, Fahrrad und ÖPNV aus, eine Verstetigung des Verkehrsversuchs in der Innenstadt ohne weitere Diskussion lehnt er ab. Für eine bessere Lebensqualität in der Stadt will Specht die Vereinslandschaft und das Ehrenamt stärken. Er zeigte sich - entgegen der Linie der Stadtverwaltung - offen für einen Neubau eines Stadions und erklärte quasi im Gegenzug auch, dass es statt des geplanten Neubaus einer Stadtbibliothek wohl eher auf eine abgespeckte Variante hinauslaufen werde.

Schwierige Mehrheiten in der Stadt

Doch wie will der neue OB seine Ziele umsetzen, wenn er im Gemeinderat einer grün-rot-roten Mehrheit gegenübersteht? Eine Patentlösung hat er dafür am Wahlabend nicht parat. „Es geht darum, dass wir die Gemeinsamkeiten ausloten, was für die Stadt das beste ist.“

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Mit der Wahl von Christian Specht zum neuen Stadtoberhaupt stellt sich gleich die nächste spannende Personalfrage: Wer wird sein Nachfolger als Finanzbürgermeister? Auch ohne die OB-Wahl wäre Spechts Kämmerer-Amtszeit turnusgemäß am 31. August zu Ende gegangen. Das Vorschlagsrecht liegt bei der CDU - so hatten es Grüne, SPD und CDU nach der Gemeinderatswahl 2019 vereinbart.

Die Stelle ist seit Mitte Mai ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist endet am kommenden Freitag, der Gemeinderat wählt den neuen Bürgermeister in seiner Sitzung am 25. Juli. Mit der Kandidatur von Specht als OB war klar, dass die CDU für den Fall seiner Wahl einen Plan B für den Kämmerer haben muss. Am Sonntagabend ist von diesem Plan aber noch nichts zu hören - da wird erstmal gefeiert.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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