Als am 24. Februar 2022 russische Truppen in die Ukraine einmarschiert sind, haben sich am Abend Hunderte Menschen auf dem Paradeplatz und einen Tag später auf dem Toulonplatz versammelt. Viele ukrainische Fahnen waren zu sehen, viele Solidaritätsbekundungen zu hören, viel Ratlosigkeit zu spüren.
Ein Jahr später auf dem Marktplatz gleichen sich die Bilder. Viele Hundert Menschen sind dem Aufruf von Deutsch-Ukrainischer Gesellschaft Rhein-Neckar, Arena of Goodness, dem Verein Freundschaft kennt keine Grenzen und dem Dachverband ukrainischer Organisationen in Deutschland gefolgt, um am Jahrestag des Kriegsbeginns ihre Solidarität zu zeigen. „Wer hätte damals gedacht, dass wir heute wieder zusammenstehen“, sagt Alexander Verbitski, der auch vor einem Jahr auf dem Paradeplatz und dem Toulonplatz gewesen ist, dieser Redaktion. „Andererseits: Zum Glück stehen wir noch hier. Das bedeutet, dass die Ukraine noch lebt.“ Neben Reden gibt es Musik - von Ukrainerinnen und Ukrainer. Die Reden werden jeweils übersetzt.
Jetzt für MM+ Abonnenten: Das E-Paper am Sonntag
Für MM+ Abonnenten: Lesen Sie kostenfrei unser E-Paper am Sonntag - mit allem Wichtigen aus Mannheim und der Region, dem aktuellen Sport vom Wochenende sowie interessanten Verbraucher-Tipps und Reportagen. Das Geschehen in Deutschland und der Welt ordnen unsere Korrespondenten für Sie ein.
Hier geht es zum E-Paper - ab dem frühen Sonntagmorgen für Sie verfügbar
Sie haben noch kein MM+ Abo? Dann sichern Sie sich den MM+ Kennenlernmonat
Unter denen, die zeigen, dass die Ukraine noch lebt, sind Vertreterinnen und Vertreter der Kommunalpolitik: Stadträte, Bundestagsabgeordnete - und drei der vier Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl. Erstmals treten Raymond Fojkar (Grüne), Thorsten Riehle (SPD) und der durch das bürgerliche Lager unterstützte Christian Specht (CDU) zusammen auf, um nacheinander öffentlich zu reden.
Fahrzeuge für Partnerstadt
Eine Lösung des Kriegs kann keiner von ihnen präsentieren. Das wäre auch eine übertriebene, ja, eine realitätsfremde Erwartung. Alle sprechen sich für die Aufnahme der Ukraine in die Europäische Gemeinschaft aus und rufen Wladimir Putin dazu auf, den Krieg zu beenden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.
Specht, der den Krieg als Erster Bürgermeister erlebt, fokussiert sich auf die Hilfen, die die Stadt seit dem 24. Februar 2022 geleistet hat. Technische und medizinische Hilfen seien von Mannheim aus genauso in die Ukraine gelangt wie Transporte mit Nahrungsmitteln. Jüngst sei ein Konvoi mit sieben Fahrzeugen auf den Weg gebracht worden. „Fahrzeuge, die benötigt werden, um die Infrastruktur unserer Partnerstadt Czernowitz aufrechtzuerhalten.“ Er verweist auf die Lage in der ukrainischen Stadt, die bei 250 000 Einwohnern mehr als 50 000 Geflüchtete aufgenommen hat. Zudem bedankt sich Specht bei den „vielen“ Mannheimerinnen und Mannheimer für die Aufnahme von Geflüchteten und für die Solidarität der Stadtgesellschaft. „Ich habe an der Erstaufnahmestelle selbst sehen können, mit welchen Ängsten junge Familie hier in Mannheim angekommen sind.“
Glaube an Frieden erschüttert
Riehle, Chef der SPD-Fraktion im Gemeinderat, bemüht den von Kanzler und Parteigenossen Olaf Scholz geprägten Begriff der „Zeitenwende“. „Der überzeugte Glauben an dauerhaften Frieden in Europa wurde vor genau einem Jahr erschüttert“, sagt Riehle, der weniger über die Lage in Mannheim und Czernowitz spricht, sondern den Krieg mehr aus weltpolitischer Perspektive beschreibt. „Wenn ich mir die unsäglichen Bilder anschaue, die wir aus Russland gesehen haben, glaube ich nicht daran, dass dieser Krieg so schnell endet.“ Putin allein sei der Schuldige. „Er strebt in seinem Wahnsinn nach einem großrussischen Reich und will das Leben, das wir kennen, das Leben der Demokratie, das Leben der Freiheit und das Leben des Friedens zerstören.“ Um das zu verhindern, gelte die Solidarität mit der Ukraine. „Solidarität und der Einsatz füreinander sind Werte, die uns in Mannheim starkmachen“, sagt Riehle und bedankt sich, wie Specht, für den Einsatz vieler bei der Aufnahme Geflüchteter.
Grünen-Stadtrat Fojkar gelingt der überraschendste Einstieg in die Rede, als er auf den Eurovision Song Contest verweist, der in der Ukraine stattfinden soll. „Wir werden im Mai das friedliebende Haus Europa feiern“, sagt er. „Ich bin sicher, es wird wieder einen begeisternden ukrainischen Beitrag geben.“ Im Verlauf spricht er über Kindheitserinnerungen an griechische Freunde, die im gemeinsamen Ferienlager von der Einberufung des Vaters ins griechische Militär anlässlich des Zypernkonflikts erfuhren. „Ich werde die Verzweiflung meiner Freunde und meine eigene Ohnmacht nie vergessen.“ Die habe er auch wieder am 24. Februar 2022 gespürt, sagt Fojkar, dessen Rede weitaus persönlicher als die seiner Vorredner ist - beim Abarbeiten an vielen Fehlern in der Russlandpolitik sowie wegen der fast doppelt so langen Redezeit aber auch Längen hat.
Beistand und Freundschaft
„Wir erleben, dass das Kalkül des Regimes nicht aufgegangen ist“, sagt Fojkar dann. „Die Ukrainerinnen und Ukrainer führen auch für uns einen mutigen Verteidigungskampf für Freiheit und Unabhängigkeit.“ Er betont: „Wir bezeugen und beteuern heute Solidarität, Beistand und Freundschaft mit den Ukrainerinnen und Ukrainern und allen Menschen guten Willens.“ Applaus.
Bis zur Wahl am 18. Juni ist noch etwas Zeit. Es ist auch deshalb wohl nicht gerade mutig zu prognostizieren, dass alle drei bis dahin noch das eine oder andere Mal auf ähnlichen Demos sprechen werden.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-drei-mannheimer-ob-kandidaten-sprechen-auf-ukraine-kundgebung-_arid,2055040.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html