Kundgebung

Demo gegen rechts in Mannheim: Das ist am Samstag geplant

In Mannheim findet an diesem Samstag eine Kundgebung gegen rechts statt. Wer demonstriert, wo wird demonstriert und was ist geplant? Der Überblick

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Sebastian Koch und Florian Karlein
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Zuletzt waren auch in Darmstadt Menschen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie auf die Straße gegangen. © dpa

Mannheim. Man sollte meinen, dass Gerhard Fontagnier Routine darin hat, Versammlungen in Mannheim zu organisieren. Schließlich zeichnete der Grünen-Stadtrat bereits in der Vergangenheit für zahlreiche Kundgebungen und Demonstrationszüge (mit)verantwortlich, denen sich teilweise mehr als 10.000 Menschen angeschlossen haben – zuletzt etwa vor knapp zwei Jahren für Frieden in der Ukraine.

„Die Veranstaltung am Samstag unterscheidet sich von allen bisherigen“, sagt Fontagnier am Montag aber im Gespräch. Gemeinsam mit der Vorsitzenden des Migrationsbeirats, Zahra Alibabanezhad Salem, und einem Organisationsteam ruft der Stadtrat auf, unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt!“ gegen rechtsextremistische Politik auf die Straße zu gehen. „Wir rechnen damit, dass die Kundgebung am Samstag deutlich größer wird.“ Zwischen 12.0000 und 13.000 Menschen hatten 2015 ihre Solidarität mit Geflüchteten bekundet.

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Die Erfahrungen der vergangenen Tage lassen ahnen, dass sich am Samstag womöglich noch mehr Menschen als vor neun Jahren rund um den Alten Meßplatz versammeln werden. „Der Zuspruch in anderen Städten war gigantisch“, sagt Fontagnier. Wichtige Fragen und Antworten zur Kundgebung an diesem Samstag auf dem Alten Meßplatz.

Wer demonstriert da eigentlich in Mannheim?

Initiiert wird die Kundgebung vom Grünen-Stadtrat Gerhard Fontagnier und von der Vorsitzenden des Migrationsbeirats der Stadt Mannheim, Zahra Alibabanezhad Salem. Dem Organisationsteam gehören außerdem Mitglieder von SPD, Grünen und Linken sowie Parteilose an. Zahlreiche Verbände, Vereine, Gewerkschaften und Institutionen wie Kirchen oder gemeinnützige Organisatoren unterstützen den Aufruf genauso wie CDU, FDP, Grünen, Die Linke und SPD.

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Die Mannheimer Liste will zwar mit Fraktionsmitgliedern teilnehmen, kritisiert aber, dass sich die Kundgebung nicht „gegen jegliche Form von Extremismus“ richtet, sondern „nur gegen Rechtsextremismus“. Fontagnier weist das zurück. „Die Hufeisentheorie – wenn man gegen rechts ist, muss man auch gegen links sein – ist inzwischen lächerlich“, sagt er. „Unser Problem sind menschenverachtende Pläne von rechts. Wir haben keine linksradikalen Auswüchse.“

Bis Freitagnachmittag haben sich zudem etwa 1300 Menschen namentlich oder anonym auf einer Unterstützerliste eingetragen, darunter Prominente wie der ehemalige Oberbürgermeister Peter Kurz.

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Wo wird in Mannheim demonstriert?

Anders als bei vergangenen Versammlungen gibt es am Samstag eine Kundgebung – also eine stehende Versammlung an einem Ort. Wenn 15.000 Menschen oder mehr durch die Innenstadt liefen, wäre das nicht sicher genug, sagt Fontagnier. „Deshalb machen wir eine Kundgebung und haben uns für einen Ort entschieden, der sicher ist.“ Der Alte Meßplatz sei nicht eingegrenzt und Teilnehmer und Teilnehmerinnen könnten bei viel Andrang ausweichen.

Wann wird in Mannheim demonstriert?

Fontagnier und Alibabanezhad Salem eröffnen die Kundgebung offiziell um 16 Uhr. Zuvor tritt bereits der Trommelpalast Mannheim auf.

Warum wird in Mannheim demonstriert?

Alibabanezhad Salem und Fontagnier rufen dazu auf, „für Demokratie und Vielfalt“ einzustehen und „denen Stopp zuzurufen, die mit Geheimplänen von Deportationen und menschlicher Verachtung zurück in ein überwundenes völkisches Zeitalter wollen“. Die Kundgebung richte sich gegen Rechtsextremismus und gegen die, „die nicht erst seit dem von Correctiv aufgedeckten Geheintreffen eine reale Gefahr für unsere Demokratie sind“, heißt es in dem Aufruf weiter. Man stelle sich an die Seite der Menschen, die als Teil der Gesellschaft hier lebten und die Region bereicherten. „Egal, ob mit oder ohne deutsche Staatsbürgerschaft.“

Nach den Enthüllungen des Potsdamer Treffens haben in anderen deutschen Großstädten bereits am vergangenen Wochenende Zehntausende gegen Rechtsextremismus und die AfD demonstriert. Warum ist die Kundgebung in Mannheim erst an diesem Samstag?

Das sei eine bewusste Entscheidung gewesen, hatte Fontagnier bereits vergangene Woche erklärt. Zum einen, weil der 27. Januar als Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz auch offizieller Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus ist. Am Samstag findet um 19 Uhr auch die Gedenkveranstaltung der Stadt im Jüdischen Gemeindezentrum statt. Zum anderen hätten die Organisatoren so ausreichend Zeit gehabt, die Kundgebung auf dem Alten Meßplatz vorzubereiten.

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Wie viele Menschen werden in Mannheim erwartet?

Schwer zu sagen. In Heidelberg sind am vergangenen Wochenende bis zu 18.000 Menschen auf die Straße gegangen. Eine Sprecherin der Polizei erklärt am Mittwoch im Gespräch mit dieser Redaktion, in Mannheim mit bis zu 20.000 Menschen zu rechnen. Mit Blick auf den großen Zulauf bei Demonstrationen und Kundgebungen in anderen deutschen Großstädten in den vergangenen Tagen könnte die Kundgebung am Samstag die größte Versammlung in der Geschichte der Stadt werden.

Fontagnier rief am Freitag zu einer friedlichen Kundgebung auf. "Antisemitismus, Rassismus und andere menschenfeindliche Parolen und Transparente haben auf unserer Kundgebung nichts verloren." Das Mitbringen und Zeigen von Nationalflaggen und -Symbolen sind untersagt.

Gibt es während der Kundgebung ein Programm?

Ja. Auf der Bühne wird es Rede- und Musikbeiträge geben. Die Ansprachen sollen laut Fontagnier auf etwa drei Minuten beschränkt sein, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Demnach wird Oberbürgermeister Christian Specht stellvertretend für alle die Kundgebung unterstützenden Parteien sprechen.

„Mannheim hat eine jahrhundertelange Tradition bei der erfolgreichen Integration von Zuwanderern. Viele Zuwanderer haben das wirtschaftliche und kulturelle Leben bereichert und den Wohlstand unserer Stadt vermehrt – und tun das bis heute", teilt Specht dieser Redaktion mit. Zuwanderung bedeute immer auch eine Herausforderung, die wir "in gemeinsamer Anstrengung seit vielen Jahren erfolgreich meistern", erklärt der Oberbürgermeister weiter und ruft alle Bevölkerungsgruppen zum Dialog und zur Verständigung auf gemeinsame Regeln für ein friedliches Zusammenleben auf. "Überlegungen, Menschen, die sich legal in unserem Land aufhalten, gegen ihren Willen außer Landes zu bringen, sind zutiefst menschenverachtend. Sie entspringen einer Ideologie, die in keiner Weise unserem Verständnis von Menschenrechten entspricht und in Mannheim keinen Platz haben darf.“

Außerdem sind laut Fontagnier Reden unter anderem von Gewerkschaftler Ralf Heller, einem Vertreter des Stadtjugendrings oder von Dekan Ralph Hartmann, der stellvertretend für die Kirchen spricht, geplant. Weiterhin gibt es Ansprachen von Vertreterinnen und Vertretern der vielen Menschen mit Migrationshintergrund in Mannheim. „Es ist uns wichtig, dass auch die Menschen zu Wort kommen, die nach den Plänen zur Remigration Angst haben“, sagt Fontagnier. Auch Gebärdendolmetscher übersetzen die Redebeiträge. Zwischen den Reden gibt es Musik, unter anderem von Jona Bird.

Wird sich die Kundgebung auf den Verkehr auswirken?

Wahrscheinlich ja. Laut Mitteilung der Stadt ist "mit erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen" zu rechnen, im Zuge dessen eine weiträumige Umfahrung des Gebiets empfohlen wird.  "Um einen störungsfreien und reibungslosen Ablauf der Versammlungen zu gewährleisten, sind Straßensperrungen vorgesehen, die nach Bedarf umgesetzt werden", teilte eine Sprecherin der Verwaltung am Donnerstag mit. Laut Mitteilung könnten zwischen 15 und 19 Uhr folgende Straßen voll gesperrt werden: Dammstraße und Langstraße Höhe Alter Meßplatz, die Straße "Am Meßplatz" Höhe Mittelstraße sowie die Brückenstraße und die Kurpfalzbrücke in beide Richtungen. Zwischen 17.30 Uhr und 19 Uhr könnte außerdem eine Vollsperrung des Kurpfalzkreisels nötig werden, heißt es in der Mitteilung. Die Organisatoren empfehlen, mit dem Rad, zu Fuß oder mit der Straßenbahn anzureisen. Wer mit Autos anreist, solle möglichst weit weg vom Alten Meßplatz parken und nicht über die Kurpfalzbrücke anfahren. Laut Stadt werden auch mehrere Bus- und Bahnlinien umgeleitet.

Was bringt es denn überhaupt zu demonstrieren?

„Wir werden mit der Kundgebung den Großteil der Wählerschaft nicht überzeugen, die AfD nicht zu wählen“, sagt Fontagnier. Die Kundgebung richte sich deshalb vor allem an Menschen, die sich noch überlegen, AfD zu wählen – und noch umgestimmt werden können.

„Die Demonstrationen sind ein starkes Zeichen, das den einen oder die andere noch umstimmen kann“, hofft er. „Dieses starke gesellschaftliche Zeichen hätte natürlich aber schon deutlich früher kommen müssen.“ Fontagnier sieht in den Kundgebungen und Demonstrationen der vergangenen Tage zudem eine „Demokratieaktivierung“ jener Menschen, die rechte Positionen bislang mehr schweigend hingenommen hätten. „Die Gesellschaft ist jetzt wachgeworden. Das ist der große Gewinn.“

Sind am Samstag noch weitere Kundgebungen und Demonstrationen in Mannheim geplant?

Ja. Im Anschluss an die große Kundgebung ruft die Interventionistische Linke und das Offene Antifaschistische Treffen Mannheim zu einem Demonstrationszug durch die Quadrate auf. Unter dem Motto „Die rechte Welle brechen“ verläuft die Route von der Abendakademie über die Breite Straße und die Planken zum Wasserturm, heißt es. Die Demonstration wird unabhängig von der Kundgebung am Alten Meßplatz organisiert.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

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