Mannheim. Zweifel soll es nicht geben. „Das Projekt wird weitergeführt“, versichert Baubürgermeister Ralf Eisenhauer mit Blick auf die Sanierung der Multihalle. Allerdings hat sich die Stadtverwaltung von der Vorstellung verabschiedet, 2027 fertig zu sein. Wegen starker Kostensteigerungen und „in Anbetracht der Haushaltslage“, so Eisenhauer, werde „der Ablauf gestreckt“ und zunächst nur das Dach der großen Halle saniert, der zweite Teil über dem Restaurant aber verschoben.
Die ursprünglichen Gesamtkosten einschließlich Zuschüssen von Bund, Denkmalstiftung und Wüstenrot-Stiftung beliefen sich 2018 auf 14,2 Millionen Euro. 2020 waren es schon 20,3 Millionen Euro. Im April 2023 meldete die Stadtverwaltung, dass man trotz versuchter Einsparungen die „extremen Preissteigerungen nicht ausgleichen“ könne. Der Gemeinderat bewilligte weitere Gelder, wodurch die Gesamtsumme auf 31,6 Millionen Euro stieg.
Die Multihalle
- Die Multihalle entstand zur Bundesgartenschau 1975 und steht seit 1998 unter Denkmalschutz und hat den höchsten Rang als „Kulturdenkmal besonderer Bedeutung“.
- Sie stammt von den Architekten Carlfried Mutschler und Joachim Langner sowie von Frei Otto (bekannt vom Münchner Olympiastadion). Er entwarf das Gitterschalendach aus 7200 Metern mehrfach gekrümmten Holzleisten aus kanadischer Tanne. Es handelt sich um die weltweit größte frei tragende Dachkonstruktion aus Holz. Sie gilt als „architektonisches Wunder von Mannheim“.
- 1981 wurde die Dachhaut erneuert. Seit 2008 gibt es ein Stützgerüst in der Mitte der Halle. Seit Februar 2011 ist sie eigentlich gesperrt, wird aber seit 2017 immer wieder genutzt.
- Der Bund stufte die Sanierung der Multihalle als „Nationales Projekt des Städtebaus“ ein und gibt fünf Millionen Euro. pwr
Doch nun sind „die Kosten deutlich aus dem Ruder gelaufen“, wie Oberbürgermeister Christian Specht in seiner Etatrede kritisiert hat. Denn mittlerweile ist von 50 Millionen Euro die Rede. Daher werde man „nur die große Halle fertigstellen und den Ausbau der kleinen Halle zunächst pausieren und überprüfen“, kündigte Specht an. Bis Ende 2027 konzentriere man sich ganz auf die große Halle einschließlich der früheren Garderoben und Zugangstunnel West, was insgesamt 4460 Quadratmeter betrifft. Ob und wie es dann auf den restlichen 2830 Quadratmetern weitergehe, müsse der Gemeinderat entscheiden, ergänzt Eisenhauer und lässt erkennen, dass zumindest er Hoffnung auf eine Fertigstellung des Gesamtprojekts hat.
„Der Boden war kaputt, hatte Risse und Setzungen“
Derzeit wird noch im gesamten Bereich gearbeitet. „Aber es waren überwiegend Arbeiten, die man nicht sieht“, so Projektleiterin Belinda Otremba. Das meiste Geld floss in eine komplett neu betonierte Bodenplatte für die gesamte Halle. „Der Boden war kaputt, hatte Risse und Setzungen, und darunter waren auch alle Leitungen kaputt“, schildert Otremba den Zustand. Zudem habe man „Kolosse von Steinen“ und noch viel mehr gefunden, was beim Bau der Halle 1974 dort offenbar vergraben wurde. „Wo man etwas anfasst, stößt man auf Dinge, die man nicht wusste“, seufzt Otremba und begründet – zusätzlich zu den normalen Preissteigerungen – damit auch die erhöhten Kosten.
In der kleineren Halle, wo sich früher das Restaurant befand, sind trotz des in der Etatrede verkündeten Stopps auch noch Arbeiten im Gang. Was angefangen worden sei, schließe man ab, erläutert Otremba. Das betrifft die Wände und die Holzverkleidung sowie die Fensterrahmen, die bereits bestellt gewesen seien und die jetzt montiert werden. Danach werde man diesen Bereich abriegeln. Die Dachsanierung unterbleibt hier. „Solange das Dach nicht saniert ist, dürfen wir niemanden reinlassen“, so die Projektleiterin, „und müssen absperren.“
In der großen Halle laufen die Vorbereitungen für die Dachsanierung. Bereits 2021/22 waren mit finanzieller und fachlicher Unterstützung der auf Denkmalpflege spezialisierten Wüstenrot-Stiftung drei Testflächen realisiert worden, um Erfahrungen zu sammeln. Jetzt sollen das Traggerüst und die Dachhaut angegangen werden.
Dazu montieren Arbeiter derzeit in der Multihalle ein 34 000 Kubikmeter umfassendes Raumgerüst. „Es ist das Arbeitsgerüst für den Holzbau, hat aber auch tragende Funktion und soll die Last der Halle aufnehmen“, erläutert die Projektleiterin. Übernommen hat die Arbeiten die Firma Elsässer Holzbau, „ein regionales Unternehmen“, wie Eisenhauer betont. Es war aber auch der einzige Bewerber für diese ganz spezielle, komplizierte Aufgabe. Die Experten sollen bei dem Traggerüst alte Latten reparieren und verstärken. Es werden aber nicht mehr, wie anfangs geplant, alle Latten einfach gedoppelt, sondern nur etwa ein Drittel. „Die Statiker haben lange gerechnet“, so Otremba: „Wir machen es nur da, wo es für die Tragfähigkeit nötig ist.“
Multihalle: Ab 2027 sollen Veranstaltungen möglich sein
Sicherlich ausgetauscht werden müssen die Stützen sowie die dicken Holzträger am Rand des Daches, die durch das Regenwasser morsch geworden sind. An einer Stelle musste sogar kurzfristig ein Stahlgerüst als Stütze errichtet werden. „Gefahr im Verzug, das Holz war zu schwach“, verweist Otremba auf „Feuchtigkeitsschäden“.
Während der Arbeiten am Holzgerüst muss die alte Dachhaut runter. „Aber die ist ohnehin löchrig und kaputt, muss ausgetauscht werden“, so die Projektleiterin. Eine neue werde im Sommer 2027 darüber gespannt, „das ist der Plan – und es geht nur im Sommer“, sagt sie. Farbe (wieder weiß) und Beschaffenheit wurden eng mit dem Landesdenkmalamt abgestimmt. Das gilt ebenso für den Plan, wieder – wie ursprünglich 1975 – einige durchsichtige Stellen als Fenster ins Grüne anzulegen. Noch geklärt werden muss der Blitzschutz für die Multihalle. „Heute gelten andere Auflagen als bei der Bauzeit“, seufzt die Projektleiterin. Zugleich gilt es, die Anforderungen des Denkmalschutzes zu berücksichtigen.
Für all diese Arbeiten in der größeren Halle müssen die schon bewilligten 31,6 Millionen Euro reichen. „Das ist die Aufgabenstellung“, betont Bürgermeister Eisenhauer. Ziel sei, zumindest die große Halle ab Ende 2027 für Veranstaltungen nutzen zu können. „Alles andere ist dann Sache des Gemeinderats“, sagt er – also ob und wann der andere Bereich angegangen wird.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Notbremse für die Mannheimer Multihalle