Mannheim. Er hat die Notbremse gezogen: Oberbürgermeister Christian Specht verordnete zumindest einen Teil-Stopp der Sanierung der Multihalle. „Hier sind die Kosten deutlich aus dem Ruder gelaufen“, sagte er. Bei diesem Satz ist der vorwurfsvolle Unterton unüberhörbar - und er lässt sich mit Zahlen belegen. Das Projekt ist inzwischen ein Fass ohne Boden. Da muss die Stadt reagieren. Es einfach so weiterlaufen zu lassen, ist keine Option.
Natürlich ist die Stadt am miserablen Zustand der Multihalle selbst schuld. Über Jahrzehnte hinweg wurde das Bauwerk völlig vernachlässigt, vergessen, nach ersten Schäden abgesperrt und notdürftig gestützt. Bauunterhaltung? Fehlanzeige - hier wie bei vielen anderen städtischen Bauwerken.
2016 hat die Stadt ganz ernsthaft den Abriss der Multihalle erwogen. An der - damaligen - Stadtspitze und im Gemeinderat gab es dafür viele Sympathien. Aber die Fachwelt hat die Verantwortlichen wachgerüttelt. Architekten aus Mannheim und weit darüber hinaus machten deutlich, dass es sich hier um ein renommiertes architektonisches Meisterwerk handelt, das in seiner Form einmalig ist. Das wurde spätestens 2018, als die Internationale Architekturausstellung Biennale in Venedig sich der Multihalle widmete, und 2020, als die größte freitragende Holzgitterschalenkonstruktion der Welt den Status eines „Kulturdenkmals von besonderer Bedeutung“ zuerkannt bekam, deutlich.
Solch ein Gebäude darf eine Stadt, darf die öffentliche Hand nicht abreißen - sonst wird sie unglaubwürdig, wenn sie bei Privateignern Denkmalschutz einfordert. Aber auch ein hoher Denkmalschutz-Rang ist kein Freibrief fürs Geldausgeben. Das gilt umso mehr, als es immer noch kein klares Nutzungskonzept, sondern nur von Soziologendeutsch und Anglizismen wimmelnde Papiere gibt. Der frühere CDU-Stadtrat Steffen Ratzel hatte mal vorgeschlagen, nur das Dach zu sanieren und dann einen Indoor-Spielplatz darunter zu erlauben. Das wäre ein gangbarer Weg gewesen. Dann hat man doch das große Besteck ausgepackt, die Komplettsanierung.
Die erweist sich jetzt als zu teuer. Die Stadt kann sie sich angesichts der Haushaltslöcher und anderer, zwingender Projekte schlicht und ergreifend derzeit nicht leisten. Da ist der Vorschlag, jetzt einen Teil abzuschließen und dann eine Denkpause einzulegen, sicherlich richtig. Die kann man nutzen, um erst mal Erfahrung bei der Sanierung der ungewöhnlichen Konstruktion zu sammeln und über die Nutzung neu nachzudenken.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Notbremse für die Mannheimer Multihalle
Peter W. Ragge findet es richtig, dass die Stadt Mannheim die Pläne für die Sanierung der Multihalle geändert hat - und nun neu nachdenkt