Multihalle - Dachkonstruktion soll bis 2023 fertig sein / Pläne für Innenausbau geändert / Mehrkosten durch marode Technik

Sanierung der Mannheimer Multihalle beginnt im November

Von 
Peter W. Ragge
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Der neueste Entwurf: So soll es in der Multihalle aussehen, wenn die Dachkonstruktion saniert ist. © STADT MANNHEIM/COFO ARCHITECTS/PEÑA ARCHITECTURE

Mit ersten Testflächen an der Holzgitterschale soll bereits im November die Sanierung der Multihalle beginnen. Sie wird aber anders laufen als bisher geplant und auch 6,1 Millionen Euro teurer als zuletzt bekannt. Die Pläne dafür werden am Dienstag dem Hauptausschuss unterbreitet. Der Stadt ist aber auch gelungen, zwei Millionen Euro an Stiftungsmitteln von der Wüstenrot-Stiftung einzuwerben.

„Wir haben jetzt eine richtige Kostenberechnung statt einer Kostenschätzung“, erläutert Carl Philipp Schöpe, Grundsatzreferent von Baubürgermeister Lothar Quast. „Denn inzwischen haben wir halt mal richtig in das Gebäude reingeschaut“, so Schöpe. Das kann erst Bestandteil der Arbeit der Architekten sein, wenn sie den Planungsauftrag haben, den der Gemeinderat 2019 erteilt hat. Nun sei man auf zahlreiche Probleme gestoßen, die „im Gebäude schlummern“, sagt er. Lange sei man schließlich von einem „temporären Gebäude“ ausgegangen und habe „nicht in Instandhaltung und Unterhaltung investiert“.

„Mehr Mutschler erhalten“

Schöpe verweist darauf, dass die elektrischen Anlagen aus den 1970er Jahren ebenso zu erneuern sind wie die Trafostation, Wasser und Abwasserleitungen. Eine Vorlage für die Stadträte spricht von „irreparablen Schäden am Grundleitungssystem“, von Verstopfungen, Undichtigkeiten sowie Einwüchsen von Wurzeln. Vieles entspreche nicht mehr dem Stand der Technik. Zudem sind Investitionen in den Brandschutz – Sicherheitstüren, Notbeleuchtung, Blitzschutz – nötig. Und auch die von Parkbesuchern stark genutzten, derzeit aber geschlossenen Toiletten an der Außenseite der Multihalle sollen gleich erneuert werden.

Günstiger wird aber die Sanierung der Holzgitterschale. Bislang ging man davon aus, dass auf alle Holzlatten, um sie zu stabilisieren, einfach noch mal genau so dicke Latten aufgeklebt oder geschraubt werden. „Wir müssen nicht alles komplett doppeln“, sagt Evelyn Fiedermann, die beim Fachbereich Bau- und Immobilienmanagement das Projekt betreut. Nun sei klar, dass sich Teile der Konstruktion erhalten und reparieren lassen, was den Materialeinsatz insgesamt verringere.

Das weltweit ungewöhnliche, von Frei Otto konstruierte Dach zu erhalten – das war bisher das Hauptziel aller Planungen. „Aber wir werden auch mehr Mutschler erhalten“, sagt Tatjana Dürr, Referentin für Baukultur im Dezernat von Quast. Damit sind Teile der Halle gemeint, die der Mannheimer Architekt Carlfried Mutschler entworfen hat. Bisher war geplant, dass die alten Beton-Einbauten und Außenwände überwiegend sowie die unteren beiden Stufen der Tribünen verschwinden, damit dort Büro-, Werk- und kleinere Veranstaltungsräume sowie Ateliers entstehen. Das ist vom Tisch – aus Kosten- und Zeitgründen.

Keine Baumfällungen

Eine erste Ausbaustufe sieht nun nur wenige Abbrucharbeiten maroder Betonteile vor. In erster Linie geht es um das Dach. An den Betonterrassen werden nur die störenden Geländer entfernt, dafür Holzelemente und Rampen ergänzt. So könne man die Halle „dauerhaft und uneingeschränkt“ für Konzerte, Ausstellungen, Märkte, Messen, Sport und Bildung vermieten – multifunktional. „Das wichtigste Ziel ist, dass die Multihalle zur Bundesgartenschau 2023 nutzbar ist“, so Schöpe.

Werkstätten, Künstlerateliers, Repair-Café – für diese Zwecke will man nun den bisher brachliegenden Bereich über dem Restaurant nutzen. Für das Restaurant selbst ist eine Sanierung „in einem einfachen Standard“ vorgesehen mit großzügiger Außengastronomie als „attraktive, ganzjährige Aufenthaltsmöglichkeit“ über Veranstaltungen hinaus.

Verschoben ist alles, was mehr Aufwand erfordert: der Einbau eines neuen, rechteckigen hochwertigen Multifunktionsraums von 160 Quadratmetern seitlich unter das Dach der Multihalle sowie die Einrichtung von Büros als ständig genutzter „Co-Working“-Bereich. Das will die Stadt erst nach 2023 angehen.

Noch keine endgültige Lösung gibt es für Gestaltung des Umfelds. Als der Hauptausschuss zuletzt im Februar über die Multihalle debattierte, gab es die große Sorge, es würden rund um das Gebäude zahlreiche Bäume gefällt – worauf ein Satz in einer Vorlage hindeutete. „Wo es irgendwie geht, werden die Bäume gerettet“, versichert Schöpe jetzt. Es würden „nur Büsche und Gestrüpp entfernt“, um Wege und Multihalle mehr sichtbar zu machen. Der Wasserspielplatz wie auch die Einbindung in den Herzogenriedpark sollen auf jeden Fall erhalten werden – wie, dazu werde es im Dezember eine weitere Vorlage geben. Schöpe verspricht aber schon jetzt „intelligente Lösungen“. Sie könne darin bestehen, dass die Multihalle selbst frei zugänglich werde, was Voraussetzung für Bundeszuschüsse und Stiftungsgelder ist, aber zugleich als Eingang in den Park diene.

Geschichte und Finanzierung

  • Die Multihalle entstand zur Bundesgartenschau 1975 und steht seit 1998 unter Denkmalschutz und hat den höchsten Rang als „Kulturdenkmal besonderer Bedeutung“.
  • Sie stammt von den Architekten Carlfried Mutschler und Joachim Langner sowie von Frei Otto (bekannt vom Münchner Olympiastadion). Er entwarf das Gitterschalendach aus 7200 Metern mehrfach gekrümmten Holzleisten aus kanadischer Tanne. Es handelt sich um die weltweit größte frei tragende Dachkonstruktion aus Holz. Sie gilt als „architektonisches Wunder von Mannheim“.
  • 1981 wurde die Dachhaut erneuert. Seit 2008 gibt es ein Stützgerüst in der Mitte der Halle. Seit Februar 2011 ist sie eigentlich gesperrt, wird aber seit 2017 immer wieder genutzt.
  • Der Bund stufte die Sanierung der Multihalle als „Nationales Projekt des Städtebaus“ ein und gibt fünf Millionen, die Denkmalstiftung 50 000 Euro. Die Stadt hat daraufhin weitere 9,2 Millionen Euro bewilligt.
  • Über die Mehrkosten von 6,1 Millionen Euro muss nun der Gemeinderat entscheiden. Zugleich hat die Stadt aber zwei Millionen Euro der Wüstenrot-Stiftung eingeworben. pwr

Redaktion Chefreporter

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