Mannheim - Hunderte Demonstrantinnen und Demonstranten treffen in der Innenstadt auf Großaufgebot der Polizei / Mehrere Rangeleien und Zünden von Feuerwerkskörpern

Aggressive Stimmung bei Corona-Protestmarsch in Mannheim

Von 
Sebastian Koch
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Polizisten setzen in den Quadraten einen Demonstranten nach einem Handgemenge mit den Sicherheitskräften fest. © Thomas Tröster

Mannheim. Kurz vor 18 Uhr ist auf den Planken noch nichts zu sehen oder zu spüren von dem, was da noch kommen soll. Stattdessen herrscht vorweihnachtlicher Einkaufstrubel – vor dem Cineplex und am Paradeplatz gibt es noch Musik: gespielt auf dem Cello oder dem Saxophon, am Kino werden sogar Balladen gesungen. Einzelne Passantinnen und Passanten, die sich kurz Zeit nehmen, mit dieser Redaktion zu sprechen, zeigen sich unaufgeregt. „Wenn die kommen, sind wir eh schon weg.“ Oder: „Ich glaube nicht, dass das heute wieder so heftig wird“, wird gesagt. Von der Idylle aber ist etwas mehr als eine Stunde später nichts mehr zu spüren.

Am Kopf der Planken versammeln sich ab 18.45 Uhr immer mehr Menschen. Teils sind sie in Kleingruppen unterwegs, teils laufen sie alleine auf und ab. Ein Passant trägt einen kleinen Button an seinem schwarzen Oberteil: „Widerstand“.

Bei einem Telefonat um 18.55 Uhr mit der Redaktion ertönt zeitgleich die erste Durchsage der Polizei an diesem Abend aus einem Lautsprecher: „Der Montagsspaziergang, der Schweigemarsch und Ersatzveranstaltungen im Innenstadtbereich sind verboten.“ Alle Personen sollen den Innenstadtbereich verlassen. Es folgen stattdessen: Hämischer Applaus. Pfiffe. Und natürlich Beleidigungen. Befolgt werden die Anweisungen nicht. Im Gegenteil.

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Aggressive Stimmung

Gegen 19.10 Uhr setzen sich Hunderte Demonstrantinnen und Demonstranten in Bewegung. Szenetypische Parolen werden gerufen, es kommt zu Wortgefechten mit noch an der Haltestelle „Wasserturm“ verweilenden Passantinnen und Passanten. Unflätige Beleidigungen werden ebenso ausgetauscht wie obszöne Gesten. Der Demo-Zug kommt zunächst nur bis ans nächste Quadrat. Eine Kette von Polizistinnen und Polizisten riegelt dort die Straße ab. Beleidigungen vonseiten der Demonstranten folgen. Unverständnis. Wieder ist von einer „Diktatur“ die Rede.

Waren es vergangene Woche noch bis zu 2000 Demonstrantinnen und Demonstranten, sind es an diesem Montag wohl deutlich weniger. Die Stimmung aber ist weitaus aggressiver. Immer wieder kommt es zu Handgemengen, während der Zug steht. Rangeleien. Polizistinnen und Polizisten reißen einen Demonstranten zu Boden, gleichzeitig werden an anderer Stelle Beamte vor allem verbal scharf angegangen und Feuerwerkskörper gezündet. Zig Polizeiwagen fahren durch die Quadrate. Mit Helmen laufen Beamtinnen und Beamte auf. Nach Polizeiangaben wurden 13 Einsatzkräfte verletzt.

Bedrohlich und beklemmend – das beschreibt die Szenerie wohl am besten. Mehrere Demonstrantinnen und Demonstranten sind nun von Seite des Paradeplatzes zum Ort des Geschehens gekommen. Wie auch vergangene Woche ist die Situation unübersichtlich. Immer wieder werden Parolen gebrüllt, Masken tragen nur die wenigsten. Später wird die Pressestelle der Polizei mehrere verletzte Beamte bestätigen. Über die Zahl der verletzten Demonstranten ist zu Druckschluss nichts bekannt.

Nach gefühlt langer Zeit gelingt es den Demonstrantinnen und Demonstranten, ihren Zug in Richtung Paradeplatz fortzusetzen. Mit der Presse will niemand sprechen. Man solle aber dennoch ordentlich und ausgewogen berichten, heißt es häufig. Wir laufen weiter mit. Ist das Rathaus das Ziel? Falls ja, dann gelingt es der Polizei, dieses zu schützen und den Zug über die Breite Straße umzuleiten.

Mit einigen Wirrungen und Richtungswechseln durch die Quadrate gelangen mehrere Demonstrantinnen und Demonstranten nach C 2/C 3. Hier stoppt die Polizei den Zug. Die Stimmung bleibt aggressiv. Wir haben das Gefühl, auf einem Pulverfass zu sitzen, und müssen mehrfach unseren Presseausweis vorzeigen. Um 21 Uhr teilt die Polizei auf Nachfrage mit: Etwa 100 Personen sind im Bereich C 2 umschlossen. „Dort werden die Personalien festgestellt.“ Zu möglichen Festnahmen gab es zunächst keine Angaben.

Von einem friedlichen Montagabend, von einem – wie über die Woche hinweg häufig auf einschlägigen Plattformen angekündigt – friedlichen Spaziergang kann keine Rede sein.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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