Ludwigshafen. Ludwigshafens Baudezernent Alexander Thewalt war sichtlich erfreut über die „Punktlandung“. Just am Tag der Stadtratssitzung, in der über den Ersatzneubau für die Pilzhochstraße abgestimmt werden sollte, flatterte die sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung des Landes ins Haus. Dieses Papier sichert der Verwaltung vereinfacht gesagt zu, dass mit dem 97-Millionen-Euro-Projekt begonnen werden kann, obwohl die Verhandlungen über die Fördermittel von Bund und Land noch nicht abgeschlossen sind. Angesichts der prekären Haushaltslage war das auch für die Fraktionen eine willkommene Absicherung, die die Entscheidung vereinfachte. Letztlich fiel der Beschluss zur Genehmigung des Mammut-Vorhabens am Montag bei vier Gegenstimmen mit großer Mehrheit.
Gut zweieinhalb Jahre nach dem Abriss der maroden Pilzhochstraße geht es nun also ans Eingemachte. Der Zeitplan der Verwaltung sieht vor, dass im Januar 2023 die Ausschreibung der Hauptleistung erfolgen soll. Diese umfasst etwa die Gründungsarbeiten sowie die Brückenunter- und -überbauten. Wegen des enormen Auftragsvolumens müssen die Leistungen europaweit ausgeschrieben werden. Der Auftrag soll dann im Mai erteilt werden. „Die Gründungsarbeiten beginnen Ende Juni 2023. Parallel hierzu erstellt die Baufirma die Ausführungsplanung für die Pfeiler und Überbauten“, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Die Verkehrsfreigabe - auch der zu sanierenden Weißen Hochstraße, die unmittelbar an den Neubau anschließt - soll Ende 2025 erfolgen.
Ein ambitionierter Zeitplan, für den es laut Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) aber auch keine Alternative gibt. „Es ist wichtig, dass wir die Lücke in der Hochstraße Süd schnell wieder schließen. Nur dann kann es auch bei der Hochstraße Nord weitergehen“, sagte sie am Montag. Denn dort sollen die Abrissarbeiten bereits Anfang 2026 beginnen, das marode Bauwerk wird in den Folgejahren durch eine ebenerdige Stadtstraße, die Helmut-Kohl-Allee, ersetzt. „Damit können wir nicht beginnen, solange das andere noch nicht beendet ist.“
Gutes Zeichen für Verhandlungen
Die Unbedenklichkeitsbescheinigung, mit der das Land dem vorzeitigen Start des Großprojekts gewissermaßen seinen Segen erteilt hat, wertet Steinruck als gutes Zeichen für die Verhandlungen. „An der Zuschussaufteilung scheint es zwischen Bund, Land und Stadt keinen Dissens zu geben“, sagt sie. Nach Vorstellung der Verwaltung soll der Bund mindestens 60 Prozent der Kosten übernehmen, das Land 25 Prozent und die Stadt die restlichen 15. Bei Preisschätzungen bis hin zu 1,5 Milliarden Euro für das Gesamtprojekt bleiben für das klamme Ludwigshafen in jedem Fall horrende Summen. „Es gibt keinen Grund für mich, daran zu zweifeln, dass die mündlichen Zusagen eingehalten werden. Ich bin guter Dinge, dass uns niemand im Regen stehen lässt“, sagte Steinruck mit Blick auf die jüngsten Stimmen aus Berlin und Mainz.
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Bis die finale Förderzusage vorliegt, könne es aber noch etwas dauern. „Die vollständigen Unterlagen liegen erst seit Mitte November in den Ministerien“, erläuterte die Oberbürgermeisterin. Es werde derzeit nach einem Termin gesucht, an dem die Stadtspitze nach Berlin reisen wird. Kämmerer Andreas Schwarz (SPD) versicherte, dass die Investitionsmaßnahme Hochstraße Süd nicht im Zusammenhang mit dem bislang nicht genehmigungsfähigen Haushalt für das Jahr 2023 stehe, sondern bereits im Etat von 2022 hinterlegt gewesen sei.
Die Fraktionen waren überwiegend positiv gestimmt. „Es ist ein gutes Zeichen, dass wir heute in der Lage sind, über eine solche Vorlage abzustimmen und ab Januar auszuschreiben“, sagte David Guthier (SPD). Peter Uebel (CDU) betonte, dass „die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts“ dringend erhalten werden müsse. „Dazu gehört die Infrastruktur der Verkehrswege.“ Raik Dreher (Forum und Piraten) sah den Beschluss als Zeichen, dass in Ludwigshafen etwas vorangeht. Thomas Schell (FDP) kritisierte die hohen Ingenieurleistungen und erhoffte sich eine Reduzierung. Reiner Metz (FWG) merkte an, dass eine solche Investition ohne gesicherte Finanzierung in der Privatwirtschaft nicht möglich wäre, beugte sich aber der Dringlichkeit des Projekts.
Hans-Uwe Daumann (Grüne im Rat) und René Puder (AfD) wollten wissen, wo die Schmerzgrenze der Stadt bei der Eigenbeteiligung sei, bei welchem Betrag die Notbremse gezogen werden müsse. „Wir versuchen, für die Stadt Ludwigshafen das Bestmögliche auszuhandeln. Wo die Schmerzgrenze liegt, werden Sie für sich beantworten müssen. Denn der Stadtrat trifft letztlich die Entscheidungen“, entgegnete Steinruck. Gegen die Genehmigung des Neubaus stimmte die Linksfraktion und Heike Heß von den Grünen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Ein attraktives Ludwigshafen? Der richtige Zeitpunkt für Visionen