Ja, wir kennen alle den Spruch von Helmut Schmidt: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Es war die schnodderige Antwort von Schmidt-Schnauze, gefragt von einem Interviewer nach seinen großen Visionen. Sollten wir also Helmut Schmidt folgen? Die Lukom und die Oberbürgermeisterin zum Arzt schicken? Keineswegs. Visionen für die Stadt Ludwigshafen zu entwickeln, ist alles andere als ein Fehler, gerade jetzt. Auch wenn die ADD als Aufsichtsbehörde gerade den Haushaltsentwurf kassiert hat, der chronisch klammen Chemiestadt jetzt die finanziellen Handschellen anlegt.
Der Stachel in Ludwigshafen sitzt immer noch tief, das Prädikat „Hässlichste Stadt Deutschlands“, verliehen von der Satire-Sendung „Extra 3“, schmerzt. Es tröstet auch nicht, dass in der Sendung seinerzeit hinter Moderator Christian Ehring ausgerechnet Mannheim abgebildet war.
Zugegeben, die Lukom und ihr Beratungsbüro malen eine ideale Welt, die genau zum 200. Geburtstag der Stadt Wirklichkeit werden soll, mit wolkigen Worten. Demnach wird Ludwigshafen der hippe Platz der jungen Gründer- und Kreativen-Szene, die im innerstädtischen Grün ideale Lösungen für die Welt von übermorgen entwickelt. Dazu passt die aktuelle Realität der tristen Chemiestadt so gar nicht.
Doch ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, Ideen für ein Ludwigshafen von Morgen zu entwickeln. Das Bild der Innenstadt wird sich vor allem im kommenden Jahrzehnt deutlich verändern: Die Hochstraße Süd entsteht neu, unter ihr ein Pendlerradweg, die Hochstraße Nord weicht einer Stadtstraße, daran schließt sich ein neues Quartier an. Das Rathaus-Center verschwindet. Längst entstanden ist ein schmuckes, wertiges Wohngebiet Ludwigshafen Süd, das ehemalige Halberg-Gelände wird neu bebaut. Ludwigshafen mausert sich also. Die Fäden der Entwicklung müssen nur an kompetenter Stelle zusammenlaufen. Es bedarf mehr als des Mitspracherechts der Engagierten. Für die Strukturen des Prozesses braucht es noch ein paar Visionen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Ein attraktives Ludwigshafen? Der richtige Zeitpunkt für Visionen
Bernhard Zinke findet, dass es jetzt - trotz klammer Kassen - der richtige Zeitpunkt ist, Ideen für die Stadt Ludwigshafen zu entwickeln