Justiz

Millionenstreit um Hochstraße: Ludwigshafen bleibt teures Abriss-Nachspiel erspart

Mehr als fünf Millionen Euro hat die Stadt Ludwigshafen der Firma Moß für den Abriss der Hochstraße Süd gezahlt. Das Unternehmen forderte weitere sieben Millionen Euro. Jetzt hat das Landgericht Frankenthal entschieden

Von 
Julian Eistetter
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Der Abriss der Hochstraße Süd in Luwigshafen. © Achim Keiper

Ludwigshafen. Die Erleichterung ist groß am Dienstag bei den Verantwortlichen der Ludwigshafener Stadtverwaltung. Schließlich ging es um sehr viel Geld – vor allem für eine Kommune, die einen Schuldenberg in Milliardenhöhe vor sich her schiebt. Entsprechend wurde die Entscheidung der sechsten Zivilkammer des Frankenthaler Landgerichts mit Spannung erwartet. Im Rechtsstreit mit der Baufirma Moß (Lingen) um die Abrisskosten für die Pilzhochstraße hat das Gericht nun am Dienstag zugunsten der Stadt geurteilt und die Klage zurückgewiesen. Die Firma Moß hatte von der Verwaltung eine Nachzahlung in Höhe von sieben Millionen Euro für die Arbeiten gefordert – zusätzlich zu den bereits überwiesenen und im Vorfeld vereinbarten 5,1 Millionen. Jetzt muss die Firma sogar selbst an die Stadt nachzahlen.

Aufwendiger als geplant

Zahlen zum Abriss

  • Am 22. November 2019 wird die Einsturzgefahr der Pilzhochstraße in der Innenstadt bekannt.
  • Der reine Abriss dauert vom 11. Juni bis 25. September. Es fallen 30 000 Tonnen Beton an.
  • Für die jeweils 20 Tonnen schweren Stützkonstruktionen werden insgesamt 1200 Baumstämme, 4000 Meter Stahlprofile, 640 Betonzahnräder, 7200 Meter Flachstahl und 15 000 Unterlegscheiben benötigt.
  • Vereinbart sind 5,1 Millionen Euro, die Abrissfirma fordert sieben Millionen Euro nach.

In ihrer Urteilsbegründung folgte die Kammer der Argumentation der Stadt, wie aus einer Mitteilung des Landgerichts hervorging. „In dem Rechtsstreit ging es im Wesentlichen um Mehrkosten der Abrissfirma für die erforderliche Abstützkonstruktion während der Rückbauarbeiten. Diese wurde letztlich aufwendiger ausgestaltet als ursprünglich seitens der Firma geplant“, heißt es vom Gericht. „Die Stadt verweigerte die Zahlung weiteren Werklohns und wies darauf hin, dass man sich bei Auftragserteilung auf einen Pauschalpreis für die Abbrucharbeiten geeinigt habe“, schreibt eine Gerichtssprecherin weiter.

1200 Baumstämme kamen zum Einsatz

Die genaue Ausgestaltung der Stützkonstruktion für die einsturzgefährdete Brücke sei dabei offengeblieben. Wie die Abbruchfirma die Abstützkonstruktion im Konkreten ausgestaltete, sei Sache der Firma gewesen und betreffe deren Kalkulationsrisiko. „So sah das auch die sechste Zivilkammer“, so die Sprecherin. Die Ausgestaltung der Stützen sei der Firma Moß freigestellt gewesen. „Es fand somit weder eine Änderung der ursprünglich geschuldeten Leistung statt, noch erfolgte seitens der Stadt eine Änderungsanordnung. Ein Anspruch auf Mehrvergütung wurde daher abgelehnt.“

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Die Firma Moß hatte in dem Rechtsstreit einen anderen Standpunkt vertreten. So habe man auf Drängen eines Prüfingenieurs das Konzept mit den Stützkonstruktionen aus insgesamt 1200 Baumstämmen angepasst. Ursprünglich habe man mit einem Montagespalt zwischen den Baumstützen und dem Bauwerk arbeiten wollen, der mit Säcken ausgefüllt werden sollte, die mit Kies oder Sand befüllt sind. Der Prüfingenieur habe aus Sicherheitsgründen jedoch einen Lückenschluss mit Beton gefordert, damit das Bauwerk unmittelbar auf den Baumstämmen aufliegt. Dies habe Mehraufwand, Verzögerungen und Mehrkosten mit sich gebracht.

Firma erhält kein Geld - sondern muss zahlen

Dieser Argumentation konnte die Kammer nicht folgen. Auf Nachfrage sagt die Gerichtssprecherin, dass es nicht erwiesen sei, dass der Prüfingenieur eine Änderung bei dem Abrisskonzept gefordert habe. Und selbst wenn das der Fall gewesen sein sollte, so hätten entsprechende Vereinbarungen mit der Stadt Ludwigshafen erfolgen müssen.

Die Firma Moß erhält also kein weiteres Geld, sondern muss im Gegenteil sogar noch rund eine halbe Million Euro an die Stadt nachzahlen. Das Gericht hat nämlich einer Widerklage der Verwaltung zumindest in Teilen stattgegeben. Durch die Verzögerungen im Ablauf hatte diese Mehrkosten von rund 530 000 Euro für den Schienenersatzverkehr der RNV geltend gemacht. Diese muss die Firma Moß nun erstatten.

„So gut wie alles richtig gemacht“

„Die Stadtverwaltung sieht sich in ihrer Haltung bestätigt und freut sich darüber, dass das Gericht ihren Argumenten gefolgt ist und die Nachtragsforderungen der Firma Moß in Höhe von rund sieben Millionen Euro als ungerechtfertigt zurückgewiesen hat“, heißt es am Dienstag als erste Reaktion aus dem Rathaus.

Baudezernent Alexander Thewalt sagt: „Mich als Baudezernenten freut auch, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier ihre Fachkompetenz in der Abwicklung großer Bauprojekte unter Beweis stellen konnten. Ein Urteil wie dieses bedeutet immer, dass von der Projektleitung so gut wie alles richtig gemacht wurde und sie ihr Fachwissen für die erfolgreiche Abwicklung dieser Aufgabe sehr gut eingesetzt hat.“ Die Stadt werde nun nicht mehr zurück, sondern nur noch nach vorne schauen, um die nächsten Schritte bei den großen Infrastrukturprojekten mit Kraft voranbringen zu können, betonte er. Die Firma Moß gab am Dienstag keine Stellungnahme ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann binnen eines Monats Berufung eingelegt werden.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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