Politik

Warum der Sieg für Alexander Föhr ein bitterer ist

Die Wahlrechtsreform treibt seltsame Blüten in der Region: Verliererin Franziska Brantner bleibt im Bundestag, Gewinner Alexander Föhr fliegt raus.

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Immer wieder gespannte Blicke aufs Handy: Am Ende hat Alexander Föhr (l.) zwar die mit Abstand meisten Stimmen im Wahlkreis, aber gewählt ist er nicht. © Thomas Rittelmann

Das Wichtigste in Kürze

- Der CDU-Kandidat Alexander Föhr gewinnt im Wahlkreis Heidelberg, bleibt aber wegen der Wahlrechtsreform draußen. - Franziska Brantner von den Grünen zieht trotz Niederlage im Wahlkreis erneut in den Bundestag ein. - Die Wahlbeteiligung liegt flächendeckend bei über 80 Prozent.

Neckar-Bergstraße. Am Tag nach der Wahl herrscht Klarheit: Der Sieger im Wahlkreis Heidelberg, Alexander Föhr (CDU), kommt nicht mehr in den Bundestag, die Verliererin Franziska Brantner (Grüne) hingegen zieht erneut ins Berliner Parlament ein. Schuld daran ist die von der Ampel durchgesetzte Wahlrechtsreform. Danach reicht allein die Mehrheit eines Kandidaten nicht mehr aus, um ein Mandat zu bekommen. Vielmehr spielt auch die Zahl der Zweitstimmen eine entscheidende Rolle. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Bundestag zu groß wird. Tatsächlich hätte es nach dem alten Wahlrecht Überhang- und Ausgleichsmandate gegeben, weil die CDU in Baden-Württemberg 35 von 38 Wahlkreisen gewonnen hat, ihr nach den Zweitstimmen aber nur 29 zustehen.

„Es ist für die ganze Region eine Katastrophe“, analysiert Föhr am Morgen danach die Lage. Seine Parteifreunde in Ludwigshafen, Mannheim und Rhein-Neckar bleiben trotz ihres Wahlsiegs im Wahlkreis außen vor. „Sogar Moritz Oppelt hat es noch erwischt“, bedauert Föhr den Mandatsverlust seines Kollegen im Rhein-Neckar-Kreis. Damit gebe es nun vier zusammenhängende Wahlkreise in der Region, die allesamt nicht durch einen CDU-Vertreter in Berlin repräsentiert sind: „Das ist schon richtig bitter.“ Die Region sei damit ein Musterbeispiel dafür, warum diese Wahlrechtsreform nichts tauge.

Föhr hat kaum Chancen auf eine Rückkehr in den Bundestag

Föhr hat in den kommenden vier Jahren kaum eine Chance, in den Bundestag nachzurücken. Das wäre nur möglich, wenn gleich vier Wahlkreisgewinner ausscheiden würden. Denn vor ihm auf der Liste stehen die Sieger aus Rhein-Neckar, Lörrach, Tübingen und Stuttgart 1. Dort hat die CDU überall mehr Zweitstimmen als im Wahlkreis Heidelberg.

Auszählung der Stimmen in einem Wahllokal in Ladenburg. © Peter Jaschke

Alexander Föhr hat sich damit abgefunden, wie er schon am Wahlabend andeutete. „Um mich persönlich und meine Familie muss man sich keine Sorgen machen“, erklärt er. Zum einen sei er bei seinem bisherigen Arbeitgeber AOK nur beurlaubt, könne also jederzeit wieder anfangen. Zum anderen gebe es bereits mehrere Gesprächsangebote für neue Betätigungsfelder. Immerhin verfügt er über 15 Jahre Berufserfahrung.

Der Christdemokrat will trotz allem am Ball bleiben

Endgültig aus der Politik verabschieden will er sich aber nicht. „Ich bleibe am Ball“, sagt Föhr: „Man weiß nie, wie es in der Politik läuft.“ Er habe die Arbeit als Abgeordneter unheimlich gerne gemacht. Er könne sich durchaus vorstellen, in vier Jahren erneut anzutreten, wenn er die Möglichkeit dazu bekommt.

Schon der Wahlabend war ein regelrechter Krimi für Föhr. Als gegen 20.11 Uhr erst 326 von 354 Wahlbezirken ausgezählt waren, lag er rund 1.200 Stimmen vor Brantner. Allerdings ist die prominente Grüne vor allem in der Stadt Heidelberg stark. Hier lag sie am Ende fast 11.000 Stimmen vor Föhr. Der Christdemokrat hingegen holte in fast allen anderen Städten und Gemeinden des Wahlkreises klar die meisten Stimmen. Einzig in Dossenheim landete er mit 34 Stimmen Abstand nur hauchdünn hinter Brantner. Mit Ausnahme von Eppelheim lag Föhr überall bei 30 oder mehr Prozent. Seine besten Ergebnisse erzielte er in Laudenbach (37,7), Hirschberg (36,7), Schriesheim (36,4) und Heddesheim (36,0).

Heddesheim bleibt eine Hochburg für die AfD

Franziska Brantner verbuchte außerhalb von Heidelberg in Dossenheim mit 30,5 Prozent ihren höchsten Stimmenanteil, in Hemsbach (15,0) den geringsten. Malte Kaufmann (AfD) schnitt in Hemsbach (20,1) und in Heddesheim (19,9) am besten ab, in Dossenheim (8,1) am schlechtesten. Tim Tugendhat (SPD) holte in Ilvesheim (19,8) sein höchstes Ergebnis, in Schriesheim (15,0) das niedrigste.

Sahra Mirow, die zum ersten Mal in den Bundestag einzieht, schnitt in Eppelheim (8,7) und Dossenheim (8,0) am besten ab. Hier war die Linke bei den Zweitstimmen sogar zweistellig. Tim Nusser (FDP) schaffte nirgendwo den Sprung über die Fünf-Prozent-Marke, seiner Partei gelang es unter anderem in Hirschberg (7,3), Edingen-Neckarhausen (5,7), Heddesheim (5,6) und Ilvesheim (5,1), Schriesheim (6,2) und Weinheim (6,2).

Wo die SPD noch vergleichsweise gut davonkommt

Bei den Zweitstimmen ist die CDU in Laudenbach (35,2) und Hirschberg (33,6) am besten, in Eppelheim (24,7) am schlechtesten. Für die Grünen ist Dossenheim mit 25,1 Prozent eine Hochburg, in Ilvesheim (13,2) und Heddesheim (11,2) erzielen sie die niedrigsten Werte. Die SPD holt in Hemsbach (19,6) und Edingen-Neckarhausen (18,7) ihre höchsten Werte. Die Linke überspringt fast flächendeckend die Fünf-Prozent-Marke, in Ilvesheim, Ladenburg und Laudenbach bleibt sie mit jeweils 4,9 Prozent knapp darunter.

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Die Wahlbeteiligung lag durchgehend bei deutlich über 80 Prozent. Spitzenreiter waren hier Dossenheim (89,3), Laudenbach (88,9) und Schriesheim (88,2). In Ilvesheim gingen 86,5 Prozent zur Wahl, in Ladenburg 86,4, in Edingen-Neckarhausen 85,8 und in Heddesheim 85 Prozent. Alle Ergebnisse aus dem Wahlkreis gibt es hier.

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