Das war also die erste Bundestagswahl nach der Reform des Wahlrechts. Das Ziel war es, ein unkontrolliertes Wachsen des Parlaments durch komplizierte Mandatsverteilung zu beenden. Die Zahl der Abgeordneten soll auf stattlichen 630 eingefroren werden.
Doch was das neue Wahlrecht mit sich bringt, zeigt sich eben erst am konkreten Fall: In Deutschland haben Hunderttausende Stimmen keine Wirkung erzielt. Denn 23 Kandierende sind trotz der meisten Erststimmen und damit dem gewonnenen Direktmandat nicht in den Bundestag eingezogen. Besonders hart trifft es die CDU in Baden-Württemberg und Hessen, die dort traditionell viele Direktmandate holt, aber eben nicht genügend Parlamentssitze durch die Zweitstimmen.
Bei der Wahl wurden Hunderttausende Stimmen einfach verschenkt
Klingt kompliziert? Ist es auch. Aber viel mehr ist es eine Missachtung des Wählerwillens. Besonders hart erwischt die Folgen des neuen Wahlrechts die CDU in der Rhein-Neckar-Region. Ihre Direktkandidaten aus Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen dürfen trotz Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern nicht nach Berlin. Das kann so nicht sein. Dass damit tausende Stimmen einfach verschenkt werden, ist das eine.
Dass wichtige Regionen keine direkten Fürsprecher mehr in der Bundespolitik haben, das andere. Bei aller Notwendigkeit, die Größe des Bundestages zu beschränken, wird doch der Legitimation des Parlaments ein Bärendienst erwiesen. Gerade in Zeiten, in denen das Misstrauen in demokratische Institutionen groß ist, darf gar nicht der Eindruck entstehen, dass eine Wahl nicht wirkmächtig ist.
Was heißt das jetzt für die Zukunft? Es bräuchte eine grundlegendere Reform des komplexen personalisierten Verhältniswahlrechts. Aber, ob eine solche kommt, ist bei den neuen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag ziemlich fraglich.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Trotz gewonnener Wahl nicht ins Parlament? Eine Gefahr für die Demokratie
Marco Pecht kritisiert, dass nicht alle erfolgreichen Direktkandidaten in den Bundestag einziehen dürfen. Damit wird die Demokratie geschwächt.