Mannheim. Ganze 27 Jahre lang spielte Charlotte Peters Eisstockschießen im Verein, und das gleich in drei verschiedenen Mannheimer Clubs. Von der Regional- bis hin zur Deutschen Meisterschaft, überall war sie mit ihrer Mannschaft dabei. Das alte Eisstadion war zu dieser Zeit ihr Wohnzimmer, denn dort wurde unter der Woche trainiert, und dort fanden auch einige Meisterschaften statt. Peters (Jahrgang 1939) lebt heute in Viernheim. Sie wurde in Hannover geboren, wuchs in Dresden auf und kam 1956 aufgrund der Familienzusammenführung nach Mannheim.
In Dresden hatte Peters die Musikoberschule besucht, in Mannheim ging es weiter mit der Handelsschule, bis sie ab 1960 im Reisebüro vom Kaufhaus Vetter eine Anstellung fand. Alles lief glatt. Und schon bald noch glatter, könnte man sagen. „Der Winter 1962 auf 1963 war ziemlich hart. Meine Freundin Lilli meinte, es gebe eine Sportart aus den alpinen Ländern namens Eisstockschießen“, blickt Peters zurück. „Ich habe Schießen gehört und erst mal geantwortet: Ein Gewehr nehme ich nicht in die Hand.
Eisstockschießen in Bankok und Kuala Lumpur
In Dresden hatte sich die ganze Musikklasse geweigert, schießen zu lernen. Und zur Strafe mussten wir helfen, die Trümmer der Semperoper wegzuräumen“, erzählt die Wahl-Mannheimerin. Nach kurzer Aufklärung des Missverständnisses besuchten die beiden Frauen das Training. Das war noch nicht im Friedrichspark, sondern auf einem Tennisplatz in Neuostheim, den man mit Wasser bespritzt hatte, um die Eisfläche zu erzeugen.
Bei dem Spiel, das ursprünglich auf zugefrorenen Gewässern gespielt wurde, versuchen zwei Mannschaften, die Stöcke möglichst nah an das Ziel, die sogenannte Daube zu schießen. Die Freundinnen fanden Gefallen an der Sportart und traten in den Mannheimer Schlittschuh-Club (MSC) ein. Ab der Saison 1963/64 spielten sie im Eisstadion am Friedrichspark, das erst seit 1960 überdacht war. „Es war an den Seiten offen, das war gut für die Temperatur. In geschlossenen Hallen bildete sich oft Nebel auf dem Eis.“ Daher sei das Mannheimer Stadion auch bei den auswärtigen Mannschaften beliebt gewesen.
Da Eisstockschießen damals gerade äußerst populär war, eröffneten der MERC und auch die MTG ihre eigenen Abteilungen. „Ich wechselte 1968 zum MERC, da der Geschäftsführer von Vetter dort Hauptamtlicher war. Da habe ich samstags frei bekommen, um auf Turniere zu fahren. Lilli wechselte zur MTG.“ Im Jahr 1969 belegte Peters Mannschaft bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin - sie flog dorthin, weil sie nicht mit dem Auto durch die DDR fahren durfte - den dritten Platz. An unzähligen Turnieren in Deutschland und im Ausland nahmen die Sportlerinnen in wechselnder Besetzung teil. „Wir waren sogar in Bangkok und Kuala Lumpur, um den Sport populär zu machen. Dort haben wir in Einkaufszentren gespielt. Leider haben wir von den Orten immer nur die Eisstockbahn gesehen.“
Ehrung durch Oberbürgermeister Ratzel
Geübt wurde immer Donnerstagabend, drei Stunden lang - und danach kehrte das Team noch bei Stadion-Kult-Wirt Martin „Moggl“ Kaiser ein, bei dem auch die Siegerehrungen stattfanden. Die längste Zeit verbrachte Peters bei der MTG, zu der sie 1975 wechselte. Damaliger Manager war Manfred Schäfer, der vergangenes Jahr verstorben ist. „Er hat uns einen Werbevertrag mit Jägermeister klargemacht, und so hatten wir alles in Orange, sogar einen Mannschaftsbus.“
Die Frauenmannschaft feierte noch viele Erfolge und wurde im Rosengarten von Oberbürgermeister Ludwig Ratzel geehrt. Bis 1990 war Peters aktiv, dann beendete sie ihre sportliche Laufbahn aus familiären Gründen. Noch heute besitzt sie alle Unterlagen aus ihrer aktiven Zeit, von Urkunden bis hin zu Prospekten der Orte, an denen sie war - alles in dicken Ordner aufbewahrt. Ihren letzten Eisstock hat sie nicht mehr: „Den habe ich der Stadt Viernheim geschenkt für den Weihnachtsmarkt.“
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