Die Rolling Stones im Friedrichspark – zu dem legendären Konzert am 3. September 1973, über das wir kürzlich in unserer Friedrichspark-Serie berichteten, haben uns weitere spektakuläre Geschichten erreicht. Aber es geht in den Erinnerungen unserer Leserinnen und Leser auch um eine faszinierende Joan Baez, um Kurpfälzer Humor und um erste Dates auf dem Eis.
Klaus Hiltscher
„Ich habe in meinem Leben seit 1963 hunderte von Konzerten gesehen, kleine, große. Aber was ich im Eisstadion gesehen habe, habe ich weder vorher noch nachher je wieder gesehen. Man hatte über der Bühne riesige Spiegel aufgehängt, damit die Zuschauer hinter der Bühne die Stones und Billy Preston auch von vorne sehen konnte. Genau an diesem Tag wurde beim Musikhaus Pfeiffer die neue Stones LP ,Goats Head Soup’ angeliefert. Im Paket beigelegt waren drei Tour-Promo-T-Shirts zur Stones-Tournee, die besitze ich noch. Auf der Rückseite kann man lesen: ,3. September – Mannheim Eisstadion’. Diese Spiegelgeschichte im Eisstadion dürfte einmalig auf der Welt gewesen sein!“
Freddie Münster
„Ich war damals Mitglied der Kultgruppe Nine Days Wonder und als Stones-Fan natürlich auch dabei. Erst einige Tage später erfuhr ich dann, dass unser Sänger Walter Seyffer und unser leider schon verstorbener Bassist Michael Bundt noch viel näher an den Stones waren. Walter erhielt nämlich von der Agentur einen Anruf, ob er nicht die Band mit dem alten Nine-Days-Wonder-Bus (einem betagten hellblauen Opel Blitz) vom Hotel abholen und ins Stadion fahren könne. Man befürchtete nämlich, dass der Stadioneingang dicht von Fans (hauptsächlich weiblichen) belagert werde und die Stones somit kaum unbehelligt an die Bühne gelangen konnten. Walter und Michael mussten einen Vertrag unterschreiben, dass sie über die Aktion (bis zu deren Beendigung) Stillschweigen bewahrten und auch keine Fotos machten. Das war natürlich richtig schade, denn es wäre ein super Publicity-Gag gewesen. Also holten die beiden die Stones am Hintereingang des Steigenberger Hotels ab, Mick, Keith und Co. legten sich auf die mit Matratzen ausgelegte Ladefläche und gelangten so vollkommen unbemerkt ins Stadion.“
Kurt Kirschner
„In guter Erinnerung ist mir noch ein Presseartikel Ende 50er oder Anfang 60er Jahre über eine abgebrochene Übertragung eines Spiels des MERC in Mannheim mit dem Titel ,Skandal in Mannheim’. Der damalige Schiedsrichter fällte einige umstrittene Entscheidungen gegen Mannheim. Die Zuschauer waren sehr aufgebracht. Damals trugen auch die Schiedsrichter keinen Helm, und der Schiedsrichter hatte eine Glatze. Die Fans riefen lange Zeit bis zum Abbruch ,Glatzkopp, Glatzkopp!’. Nach Jahren wurde der Schiedsrichter wieder in Mannheim eingesetzt. Er hatte diesmal eine Batschkapp auf. Die Zuschauer erkannten ihn wieder und riefen diesmal ,Glatzkapp Glatzkapp!’. Es geht doch nichts über unseren Humor!“
Erwin Woldrich
„Mir blutet das Herz, wenn ich lese, dass das alte Eisstadion abgerissen werden soll. Einen Großteil meiner Jugendzeit (ich bin Jahrgang 1940) habe ich in diesem geliebten Stadion verbracht. Nicht nur bei den Spielen des MERC, nein ich bin als Pennäler des Lessing-Gymnasiums regelmäßig nach Schulschluss zum Schlittschuh-Laufen ins geliebte Eisstadion gegangen. Dort hat man Freunde kennengelernt, und es war ein Leichtes, mit jungen, hübschen Mädels anzubandeln. Man hat die Mädchen einfach gefragt, ob sie mitfahren wollen, sie bei der Hand genommen, um dann gemeinsam die Runden zu drehen. Es gab kein Internet, keine Handys, und wer ein Paar CCM-Schlittschuhe hatte, war der König. Mode waren farbige Schaumgummi-Einlagen unter den Schnürsenkeln der Schlittschuhe. Und wer ganz wenig Geld hatte, fuhr mit ,Schraubendampfern’. Das waren antiquierte Schlittschuhe, die mittels Drehschlüssel auf bestehende Schuhe einfach aufgeschraubt wurden. Eine wunderschöne Zeit, und Mädels zum Kennenlernen gab’s wie Sand am Meer.“
Carola Schmige
„Da wir am Kurfalzgymnasium in den 60er Jahren keine eigene Sporthalle hatten, fand der gesamte ,Sportunterricht’ im Eisstadion statt. Es ging also den ganzen Winter über ,uffs Eis’. So haben wir wenigstens Schlittschuhlaufen gelernt und hatten jede Menge Spaß dabei. Anfang der 80er Jahre spielte Joan Baez im Eisstadion. Ich ging mit meinen Freundinnen hin, alle Riesen-Fans. Wir hätten alle Lieder mitsingen können. Wie sie so alleine nur mit Gitarre auf der Bühne stand und alle in ihren Bann zog, hat mich nachhaltig beeindruckt. Nach dem Konzert gingen wir noch hoch in die Eisstadion-Kneipe, um was zu trinken. Das Lokal war völlig leer. Plötzlich tauchte Joan Baez auf – ohne jegliche Begleitung – und setzte sich ein paar Tische von uns entfernt hin. Völlig entspannt lachte sie und winkte uns zu. Wir winkten zurück, waren aber zu schüchtern, um zu ihr hinzugehen, und wollten nicht aufdringlich sein.“
Jörg Zach
„Ab August 2001 bestand die Möglichkeit, dass gleichgeschlechtliche Paare eine Lebenspartnerschaft eingehen können. Bei uns war es dann am 2. Mai 2002 so weit. Wir waren wohl Paar zwölf in Mannheim, was uns immer noch irgendwie stolz macht. Freitags schlossen wir also die eingetragene Lebenspartnerschaft, und samstags hatten wir uns als Location das Restaurant des Eisstadions ,Cross-Check’ ausgesucht. Das Besondere an dieser Location war, dass es im Lokal ein großes Panoramafenster hin zur Eisfläche gab, sowie die sogenannte Hopp-Lounge als Nebenraum. Bei der Hopp-Lounge handelte es sich um den VIPBereich des Restaurants. Uns und unseren 40 Gästen gefiel die Location sehr gut und wir feierten ein wirklich erinnerungswürdiges Fest. Pikanterweise und was wir beim ordern der Location nicht wussten, fand zeitgleich an diesem Samstag im Stadion auf der Eisfläche eine Erotikmesse statt. Da wir durch unsere Historie sehr aufgeschlossen und tolerant sind, nahmen wir es zur Kenntnis, es störte uns jedoch nicht wirklich. Die Erotikmesse wollte wohl nicht gestört werden und die Eisfläche wurde mit einer Art schwarzen Plane so verdeckt, dass man vom Restaurant beziehungsweise dem Panoramafenster nicht sah, was unten passierte.“
Die Serie
- Der Friedrichspark, jahrzehntelang Heimat des MERC und der Adler sowie Veranstaltungsort vieler Konzerte, ist bald Geschichte. Voraussichtlich ab Sommer wird das Gebäude abgerissen. Die Grünfläche östlich des Schlosses soll neu gestaltet werden, und die Uni will im nördlichen Bereich an der Bismarckstraße drei Gebäude errichten.
- In einer Serie werden wir in loser Folge Erinnerungen präsentieren, die Leserinnen und Leser, aber auch Redakteurinnen und Redakteure mit dem alten Eisstadion verbinden. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem Friedrichspark? Schreiben Sie uns – gerne auch mit Bildern – an lokal@mamo.de.
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