Schauspiel und Tanz

„Zu dir oder zu mir?“ - wie Mannheims Intendanten ins Theater locken...

Christian Holtzhauers NTM-Sprechtheatersparte setzt unter dem Motto „Kontinuität und Wandel“ in der Spielzeit 2025/26 auf Literatur, Kino und neue Stücke.

Von 
Ralf-Carl Langhals
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"Faust" nach Johann Wolfgang von Goethe in einfacher Sprache ist eine von 14 Schauspiel-Wiederaufnahmen, die auch in der kommenden Spielzeit am Nationaltheater zu sehen sind. © Natalie Grebe

Mannheim. Der Mann hat ansteckend gute Laune. Tilmann Pröllochs, Geschäftsführender Intendant des Mannheimer Nationaltheaters (NTM), freut sich, dass die Ersatzspielstätten während der Sanierung, Altes Kino Franklin und Opal, beim Publikum gut ankommen und blickt bei seiner Begrüßung zur Programmvorstellung freudig auf die im September beginnende 247. Spielzeit des traditionsreichen Hauses, dessen 250. Geburtstag man aber trotzdem im angestammten Spielhaus am Goetheplatz feiern wolle. Mannheims Kulturbürgermeister Thorsten Riehle pflichtet ihm da jovial bei: „Das ist dienstlich festgelegt – und bleibt jetzt auch so!“ Auch wenn die Bürgerschaft die Opal als „schönste Blechbüchse Mannheims“ - bekanntlich nach langem Warten – recht liebgewonnen hätte. Sein Bekenntnis, dass das Nationaltheater „zur DNA Mannheims“ gehöre, hört man in der Werkhaus-Lobby vor Freunden, Förderern und Mitarbeitern natürlich gerne.

Ein unmoralisches Angebot zur Publikumsgewinnung

Damit das so bleibt, hat sich das Intendantenquintett zu einem unmoralischen Angebot an die Stadtbevölkerung entschlossen. Unter dem Motto „Zu mir oder zu dir?“ können Privatleute (ab vier Personen) sich einen der vier Intendanten oder die eine Intendantin ins Haus bestellen, um individuelle Einblick in verschiedene Produktionen nach Wahl zu bekommen.

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Das klingt ebenso launig und informativ, wie der gewohnt bunte Trubel, mit dem das traditionelle Theaterfest, das diesmal am 21. September im Opal stattfindet, spartenübergreifende Einblicke in die damit beginnende Saison gibt. Mit jugendlich-frischem Remmidemmi steigt auch das Mannheimer Stadtensemble unter Laienbeteiligung in die spielzeitübergreifende Reihe „Punkakademie Mannheim“ ein. Dort können sich nun Interessierte ohne Vorkenntnisse mit Hilfe des Berliner Kollektiv glanz&krawall in die Welt des Punks einführen lassen.

Ein Auftakt für die Theaterzukunft

Im Schauspiel gehört der Auftakt der Theaterzukunft - und somit der Jugend. „Hungrig nach mehr Heute“ nennt sich deshalb eine Reihe, in der sich Regieassistent Jonas Mangler und seine Kollegin Katharina Kohler mit eigenen Regiearbeiten vorstellen werden. Am Anfang steht das Ende, genauer Samuel Becketts absurder Klassiker „Endspiel“. Mit einem echten Klassiker geht es im September dann weiter, wenn Heinrich von Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ in Regie von Anna-Elisabeth Frick auf die Bühne des Alten Kinos Franklin kommt. Ein Stück, das man, „als Beitrag zur Me-Too-Debatte oder als Stück über Amtsanmaßung und Machtmissbrauch lesen könne“, so der Schauspielintendant. Seine 15 Premieren umfassende Sprechtheatersaison stellt Christian Holtzhauer unter die Antipoden „Kontinuität und Wandel“.

Jung im Thema und aktuell in der gesellschaftlichen Debatte zeigt sich auch „Slippery Slope - fast ein Musical“ von Yael Ronen und Shlomi Shaban, das sich in der Regie von Anais Duran-Mauptit satirisch mit der „Cancel-Culture“, der „Political Correctness“ und „dem alten weißen Mann“ befasst. Ensemblemitglied Sandro Sutalo alias Miss Sara Jevo wird Ende November als Drag-Queen von einer sicher nicht einfach queeren Jugend in Bosnien-Herzegovina berichten.

Auch mit Bert Brechts "Dreigroschenoper" gibt es in der nächsten Spielzeit ein Wiedersehen. Etwa mit Shirin Ali in der Roll der Lucy. © Christian Kleiner

Als Film hat es das in Hollywood nominierte „Lehrerzimmer“ nicht zu einem Auslandsoscar gebracht. Das Drehbuch von Ilker Catak und Johannes Duncker wird es in der Inszenierung von Adrian Figueroa ab Dezember aber auf die Schauspielbühne des Alten Kinos Franklin schaffen. Eine idealistische Lehrerin gerät darin zwischen die aufgeladenen Fronten und scheitert an den Machtverhältnissen. Schule machen wird auch „Unsere Klasse“ von Tadeusz Slobodzianek in der Regie von Stas Zhyrkov, das eine Rückblick in das Polen des 20. Jahrhunderts wagt.

„Die Freiheit einer Frau – Monique bricht aus“ filtert aus den Romanen von Édouard Louis die Biografie einer Mutter aus prekären französischen Verhältnissen, die Regiehoffnung Jan Friedrich in Szene setzen wird. Gerade wird sein (auch beim Stückemarkt Heidelberg bejubeltes) „Blutbuch“ (nach Kim de l‘Horizon) beim Berliner Theatertreffen gezeigt. Er scheint sich zum Spezialisten für queere Literaturstoffe zu entwickeln.

Literaturbearbeitungen im Zentrum des Spielplans

Apropos Bücher: Literaturbearbeitung bietet auch Emily Brontës „Sturmhöhe“, das durch Regisseurin Charlotte Sprenger im April 2026 auf die NTM-Bühne finden wird. Den Stoffen heutiger Realität widmet sich nicht nur der neue Hausautor Emre Akal in einem noch unbetitelten Werk zum Thema Künstliche Intelligenz, sondern Ayse Güvendirens Hommage an Mevlüde Genc, die 1993 bei einem rassistischen Brandanschlag fünf Angehörige verlor.

Am Ende wird die Saison dann wieder launig: Hausregisseur Christian Weise lädt zum Spielzeitende im Juli 2026 zum „Kampf der Titanen“, einem „Sommer-Theaterspektakel mit Szenen von Aischylos bis Sophokles“.

Mit einem Jubiläum und einem Reißer startet Stefan Thoss in die Saison. Zu Maurice Ravels 150. Geburtstag bringt er dessen „Boléro“ gleich in drei unterschiedlichen Handschriften auf die Bühne. Atmosphärisches im Advent ist bei Kerzenlicht mit „Christmas Rhapsody“ im Tanzhaus zu erwarten, bevor der Tanzintendant in „Shakespeare & Love“ des Dichters „unordentliches Gefühl“ in Sachen Liebe in Tanzsprache übersetzt.

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.

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