Interview

Mannheimer Kulturmanager Baltruschat: „Das Kulturnetz und das Schatzkistl machen mich stolz“

Im Interview vor seinem 65. Geburtstag lässt der Mannheimer Kulturmanager, Sänger und Moderator Peter Baltruschat seine Karriere Revue passieren

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Widmet sich künftig neuen Projekten: Kulturmanager Peter Baltruscht. © Thommy Mardo

Das Wichtigste in Kürze

- Peter Baltruschat gründete das KulturNetz Mannheim und die Kleinkunstbühne Schatzkistl. - Sein Fokus liegt nun auf Balance zwischen Projekten und Ruhe. - Baltruschat ist stolz auf über 3.000 Veranstaltungen im Schatzkistl. - Er sieht Mannheims Kultur als lebendig und dynamisch an. - Kulturelle Projekte erfordern mehr Wertschätzung und Unterstützung.

Mannheim. Impresario, Sänger, Kulturmanager, Moderator, Stadtrat: Mehr als 30 Jahre lang hat Peter Baltruschat die Kulturlandschaft in Mannheim mitgeprägt, am sichtbarsten mit der Gründung von KulturNetz Mannheim.Rhein-Neckar und der Kleinkunstbühne Schatzkistl. Im Oktober 2024 ist er dort als Vorstand abgetreten, am 25. März wird das Multitalent 65 Jahre alt. Ein Gespräch über Zukunft und Vergangenheit.

Herr Baltruschat, am Dienstag werden Sie 65 Jahre alt. Künstler und Kuratoren kennen das Konzept Ruhestand meist nur vom Hörensagen. Wie sieht Ihr Lebensentwurf ab dem 26. März aus?

Peter Baltruschat: Nach all diesen Jahren: Balance. Da gibt es noch einige Projekte, die ich gerne realisieren würde, andererseits freue ich mich darauf, dass es auch mal etwas ruhiger wird. Es gibt viele neue Dinge zu sehen, zu entdecken und zu erfahren. Das ist ja das Schöne, dass Kultur nicht stehen bleibt, sondern immer in Entwicklung ist.

Live im Mannheimer RNV-Depot: Peter Baltruschat als Sänger seiner Band Die Popforscher. Das Konzert fand 2016 zu Gunsten der „MM“-Aktion "Wir wollen helfen" statt. © bei Christoph Bluethner

Also sind Sie konkret noch aktiv als Kulturmacher?

Baltruschat: Ja, der große Abschnitt KulturNetz Mannheim.Rhein-Neckar und „Schatzkistl – Theater, Kabarett, Club“ ist jetzt vorbei. Da geht natürlich ein Riesenkapitel meines Lebens zu Ende. Mein Status dort ist jetzt „Gründer“. Aber ich habe weiterhin viele Ideen. Die Bühne im Allgemeinen liegt mir einfach zu sehr am Herzen, als dass ich sie aus meinem Leben ausblenden könnte. Es treten außerdem immer wieder Institutionen und Menschen an mich heran, um über ihre Vorhaben zu sprechen. Dieser Austausch über Projekte, Entwicklungen und Veranstaltungen hier in Mannheim macht mir immer noch Freude.

Sie bestehen seit geraumer Zeit gegen eine gesundheitliche Herausforderung. Vielleicht ist es eine seltsame Frage: Macht so etwas den schrittweisen Rückzug ins Private einfacher?

Baltruschat: Wie soll ich sagen: Man wird demütiger und dankbarer. Ich lebe bewusster. Etwas mehr Privatheit wird da genauso wichtig, wie eine schöne Aufgabe - Beides macht in so einer Situation Sinn und hilft, diese neue Erfahrung von Endlichkeit zu meistern.

Mit 65 darf man über seine Lebensleistung nachdenken. Was ist Ihnen im Nachhinein am wichtigsten?

Baltruschat: Das Kulturnetz und das Schatzkistl machen mich stolz. Da ist uns aus meiner Sicht für das Mannheimer Kulturleben etwas Großes gelungen, eine neue Facette mit besonderem Einfluss und das seit fast 30 Jahren. Wir haben in dieser Zeit allein im Schatzkistl weit über 3.000 Veranstaltungen mit mehr als 250.000 Zuschauerinnen und Zuschauern auf die Beine gestellt. Mit dem Kulturnetz über die Jahre wunderbare Formate entwickelt: Ich denke dabei an die wOrtwechsel-Reihe mit Kultur an außergewöhnlichen Orten wie Metzgereien, Tiefgaragen, Friedhöfen oder in Wassertürmen, dann den Seebühnenzauber, wo wir über Jahre hinweg Künstlerinnen und Künstler wie Dionne Warwick, Juliette Gréco, Christopher Cross oder Wolfgang Niedecken in den Luisenpark geholt haben und schließlich auch die Kulturnetz-Bühnen beim Stadt- und Schlossfest, das alles kann sich sehen lassen.

Ihrer Band Popforscher hätte ich ja noch mehr zugetraut, mit Ihnen als Sänger …

Baltruschat: Ja, das war ein wunderbares Projekt. Aber alles hat seine Zeit und ich denke gerne daran zurück. Insbesondere die lakonischen Popforscher-Texte von Steffen Herbold begleiten mich weiterhin, aktuell ganz besonders die Songzeile „Die Wirklichkeit, die Wirklichkeit beunruhigt mich sehr stark zurzeit …“

Warum haben Sie sich eigentlich über die Jahre mehr und mehr aus dem direkten Scheinwerferlicht zurückgezogen? Gab es dafür einen Auslöser oder war das ein Prozess?

Baltruschat: Ja, seltsam, aber es geschieht ganz organisch, man spürt, wo man hingehört. Und die Arbeit für Schatzkistl und Kulturnetz war mir einfach wichtiger.

Würden Sie insgesamt von Glück sprechen, mit Blick auf Ihre Biografie? Nicht jeder, der es möchte, kann ja seinen Lebensunterhalt mit Kultur bestreiten?

Zur Person



  • Peter Baltruschat wurde am 25. März 1960 in Mannheim geboren . Sein Vater Max Baltruschat sang am Nationaltheater Mannheim. Nach dem Abitur am Bach-Gymnasium machte er zunächst eine kaufmännische, dann eine Krankenpflege-Ausbildung.
  • Er sang schon früh in Bands wie der 80er-Jahre Kultgruppe DdT Huber , später bei den Popforschern. Baltruschat ist auch Schauspieler und Moderator.
  • Von 2009 bis 2014 war er in Mannheim parteiloser Stadtrat, gewählt über die Liste der SPD.
  • Der Impresario, Kulturmanager und Sänger betrieb mit dem 1996 von ihm gegründeten KulturNetz Rhein-Neckar seit 1998 das Musikkabarett Schatzkistl , organisierte den Seebühnenzauber im Luisenpark sowie lange Zeit die Edesheimer Festspiele.
  • Im Oktober 2024 ist Baltruschat aus dem KulturNetz-Vorstand ausgeschieden .

Baltruschat: Es ist viel Glück und viel Arbeit. So einfach ist das. Ob ich dieses Glück verdient habe, weiß ich nicht, aber ich habe auf jeden Fall viel dafür gearbeitet.

Wie beurteilen Sie heute Ihre kommunalpolitische Exkursion als Stadtrat in der SPD-Fraktion?

Baltruschat: Es war interessant und lehrreich, Politik zu verstehen. Demokratie heißt, Kompromisse zu finden, das war die große Lehre.

Wie sehen Sie Mannheim heute kulturell aufgestellt?

Baltruschat: Ich denke, wir stehen vor großen Herausforderungen. Mannheim ist und bleibt lebendig und vielfältig, und das ist seine Stärke, dadurch bleibt die Stadt immer dynamisch. Wir müssen uns nicht vor Stillstand fürchten. Aber die Stadt muss auch viel aushalten. Zuletzt haben mehrere erschütternde Ereignisse das gesellschaftliche Gefüge durchgerüttelt. In solchen Zeiten können sehr schnell Fronten entstehen. Die Kultur als verbindendes Element ist gerade jetzt wichtig und in der Lage, Wunden zu heilen.

Und kulturpolitisch? Abermillionen versinken in Baustellen, freie Player wie das Maifeld Derby verabschieden sich …

Baltruschat: Das ist ja nicht nur bei uns so. Alles soll jederzeit vorhanden sein, aber an den enormen Aufwand denken nur wenige. Da fehlt die Wertschätzung der Leistung, die nötig ist, um kulturelle Projekte zu schaffen. Letztlich glaube ich an die Kraft der Kulturschaffenden, die Freude des Publikums und an die besonnene Führung von Thorsten Riehle als Kulturbürgermeister.

Schatzkistl/KulturNetz sind wie Ihr Lebenswerk – das scheint für die nächsten Jahre trotz allem gut aufgestellt, oder?

Baltruschat: Ja, ich hoffe sehr, dass Schatzkistl und KulturNetz diese Herausforderungen meistern können. Relevanz, Programm, Publikum - das ist es, worauf es ankommt.

Blicken wir zum Schluss nach vorn: Worauf freuen Sie sich als Nächstes?

Baltruschat: Ich freue mich auf einen friedlichen, freudvollen, bunten und versöhnlichen Mannheimer Sommer. Und dann bin ich mit meiner Lebensgefährtin Kerstin auf den Spuren von Le Corbusier ein paar Tage in Marseille und beim Dokumentarfilmfestival in München.

Peter Baltruschat (links) und Thorsten Riehle bei der Präsentation der Schlossfestspiele Edesheim 2004. © Schlossfestspiele Edesheim

Würden Sie insgesamt von Glück sprechen, mit Blick auf Ihre Biografie? Nicht jeder, der es möchte, kann ja seinen Lebensunterhalt mit Kultur bestreiten?

Baltruschat: Es ist viel Glück und viel Arbeit. So einfach ist das. Ob ich dieses Glück verdient habe, weiß ich nicht, aber ich habe auf jeden Fall viel dafür gearbeitet.

Wie beurteilen Sie heute Ihre kommunalpolitische Exkursion als Stadtrat in der SPD-Fraktion?

Baltruschat: Es war interessant und lehrreich, Politik zu verstehen. Demokratie heißt, Kompromisse zu finden, das war die große Lehre.

Wie sehen Sie Mannheim heute kulturell aufgestellt?

Baltruschat: Ich denke, wir stehen vor großen Herausforderungen. Mannheim ist und bleibt lebendig und vielfältig, und das ist seine Stärke, dadurch bleibt die Stadt immer dynamisch. Wir müssen uns nicht vor Stillstand fürchten. Aber die Stadt muss auch viel aushalten. Zuletzt haben mehrere erschütternde Ereignisse das gesellschaftliche Gefüge durchgerüttelt. In solchen Zeiten können sehr schnell Fronten entstehen. Die Kultur als verbindendes Element ist gerade jetzt wichtig und in der Lage, Wunden zu heilen.

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Baltruschat: Das ist ja nicht nur bei uns so. Alles soll jederzeit vorhanden sein, aber an den enormen Aufwand denken nur wenige. Da fehlt die Wertschätzung der Leistung, die nötig ist, um kulturelle Projekte zu schaffen. Letztlich glaube ich an die Kraft der Kulturschaffenden, die Freude des Publikums und an die besonnene Führung von Thorsten Riehle als Kulturbürgermeister.

Schatzkistl/KulturNetz sind wie Ihr Lebenswerk – das scheint für die nächsten Jahre trotz allem gut aufgestellt, oder?

Baltruschat: Ja, ich hoffe sehr, dass Schatzkistl und KulturNetz diese Herausforderungen meistern können. Relevanz, Programm, Publikum - das ist es, worauf es ankommt.

Blicken wir zum Schluss nach vorn: Worauf freuen Sie sich als Nächstes?

Baltruschat: Ich freue mich auf einen friedlichen, freudvollen, bunten und versöhnlichen Mannheimer Sommer. Und dann bin ich mit meiner Lebensgefährtin Kerstin auf den Spuren von Le Corbusier ein paar Tage in Marseille und beim Dokumentarfilmfestival in München.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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