Mannheim/Nürburg. Veranstalter Matt Schwarz von DreamHaus schwärmt über 40 Jahre Rock am Ring und die ungebrochene Strahlkraft des 1985 von Marek Lieberberg auf dem Nürburgring gegründeten Festivals.
Herr Schwarz, wir stehen vor dem 40. Jahrestag der ersten Ausgabe von Rock am Ring – und Festivals haben es allgemein nicht leicht. Wie geht es dem dreitägigen Kult-Event vier Monate vor dem Jubiläum des traditionsreichen Events, das Sie seit 2022 als Geschäftsführer von PRK DreamHaus veranstalten?
Matt Schwarz: Die Vorfreude steigt! Wir befinden uns mitten in der heißen Phase. Es sind nur noch knapp 2000 Weekend-Tickets verfügbar. Danach ist Rock am Ring 2025 ausverkauft. Die Resonanz der Fans ist phänomenal, und wir freuen uns, dieses besondere Jubiläum mit ihnen zu feiern.
Die pandemiebedingte Delle bei den Verkaufszahlen scheint sich wieder auszugleichen, nach Festivalschluss 2024 wurden auf Anhieb Zehntausende Tickets verkauft - wie viel verkaufte Karten brauchen Sie eigentlich, damit Ihre Kalkulation aufgeht?
Schwarz: Wir sind auf Rekordniveau im Vorverkauf, und das zeigt eindrucksvoll die enorme Strahlkraft von Rock am Ring. Die Verbundenheit zwischen Festival und Fans ist einzigartig. Natürlich sind Gagen und Produktionskosten massiv gestiegen – gerade nach der Pandemie. Die Einnahmen aus Ticketverkäufen allein reichen nicht aus, um ein Festival dieser Größenordnung wirtschaftlich nachhaltig zu gestalten. Brand Partnerships, Gastronomie und Premium-Ticketangebote sind essenzielle Säulen unserer Kalkulation.
Im Live-Geschäft schlagen sich steigende Kosten massiv nieder. Wie federn Sie das ab – man kann es ja nicht komplett in die Tickets einpreisen, oder?
Schwarz: Genau, wir wollen gestiegene Kosten nicht eins zu eins auf die Fans umlegen. Rock am Ring soll zugänglich bleiben, und dafür setzen wir verstärkt auf Sponsoring, Gastronomie und Premium-Ticketkategorien. Während Konzertticketpreise in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind, haben wir unsere Festivalpreise nach der Pandemie nur moderat angepasst.
Es scheint, es gibt 2025 nicht sehr viele Acts mit Millionengage. Oder täuscht das?
Schwarz: Das täuscht. Unser Gagenbudget steigt kontinuierlich, und damit auch die Tourneekosten der Acts sowie die örtlichen Produktionskosten.
Das Programm 2025, vor allem bei den Tages-Headlinern, wirkt sehr „metallisch“. Hilft ein klares Genre-Profil heutzutage?
Schwarz: Die Fan-Resonanz ist herausragend, das zeigen auch die Verkaufszahlen. Rock am Ring war immer ein Spiegel des musikalischen Zeitgeists, und das wollen wir auch weiterhin abbilden. Wir bieten Jahr für Jahr das bestmögliche Programm, der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf Gitarrenmusik -Rock, Alternative und Metal in all ihren Facetten.
Die Zwillingsfestivals Rock am Ring/im Park und Southside/Hurricane waren über Jahrzehnte Antipoden in der deutschen Festivallandschaft. Nun kooperieren Sie mit FKP Scorpio – was passiert konkret bei dieser Zusammenarbeit?
Schwarz: Wir nutzen Synergien und bündeln unsere Expertise, um den Besucherinnen und Besuchern ein noch besseres Festivalerlebnis zu bieten.
Zur Person und zum Festival
- Matt Schwarz (43) arbeitete 13 Jahre bei MLK (Marek Lieberberg Konzerte) als Vice President Touring & Festivals, bevor er im September 2015 zum Geschäftsfu¨hrer und Chief Operating Officer von Live Nation in Deutschland, Österreich und der Schweiz ernannt wurde.
- Schwarz kollaborierte unter anderem mit Acts wie Metallica, Guns N‘ Roses, Billie Eilish, Coldplay, Drake, Rihanna, Beyoncé, Eminem, Backstreet Boys oder Justin Timberlake .
- Seit Januar 2021 ist Schwarz Chief Executive Officer (CEO) der PRK DreamHaus GmbH.
- PRK DreamHaus veranstaltet Tourneen von Künstlerinnen und Künstlern wie zum Beispiel Muse, Green Day, Volbeat, Pink, Apache 207, Shirin David , Måneskin, Burna Boy, Slipknot und veranstaltet seit 2022 Rock am Ring und Rock im Park.
- 40 Jahre nach der vom Frankfurter Markek LIeberberg veranstalteten Premiere findet Rock am Ring 2025 vom 8. bis 10. Juni auf dem Nürburgring statt. Paralell dazu läuft das Zwillingsfestival Rock im Park in Nürnberg.
- Es spielen unter anderem The Prodigy, K.I.Z ., Bring Me The Horizon, Drangsal, Frank Turner (Freitag), Slipknot, Rise Against, Kontra K (Samstag), Korn, Falling In Reverse, Sleep Token, Beatsteaks (Sonntag).
- Wochenend-Tickets (ab 259 Euro plus Gebühren) und das komplette Programm unter rock-am-ring.com. jpk
In Mannheim wird das Maifeld Derby 2025 direkt nach der Auszeichnung mit dem European Festival Award zum letzten Mal stattfinden. Wie sieht man als Branchenriese solche nichtkommerziellen kleinen Festivals?
Schwarz: Jedes Festival – ob klein oder groß – ist wertvoll für die Kulturlandschaft. Natürlich ist es bedauerlich, wenn kleinere Festivals aufgeben müssen.
Sagen Sie da nicht trotzdem: Gut, dass ein – wenn auch kleiner – Mitbewerber um strapazierte Kaufkraft verschwindet? Oder: Schade um das Programm, denn Konkurrenz belebt das Geschäft?
Schwarz: Eine vielfältige Festivallandschaft ist wichtig, weil sie das musikalische und kulturelle Angebot für alle erweitert. Wir wollen, dass Musikfans verschiedene Plattformen haben, um ihre Lieblingsacts zu erleben.
Noch einmal zum Thema Ticketpreise: Da wird in Deutschland sehr viel geklagt, wie teuer vor allem Top-Acts sind. Trotzdem laufen Shows von Swift, Adele, AC/DC oder Springsteen exzellent, die teuersten, exklusivsten Plätze sind in der Regel auch sofort weg – wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?
Schwarz: Live-Erlebnisse haben für viele Menschen einen enormen Stellenwert. Ob Konzert oder Festival – der Wunsch nach Komfort und maßgeschneiderten Erlebnissen wächst. Das beobachten wir auch bei Rock am Ring und Rock im Park: Unsere Premium-Tickets sind extrem gefragt und für 2025 längst ausverkauft. Tour-Acts reagieren auf diese Nachfrage ebenso wie Festivals. Gleichzeitig sind große Produktionen aufwendiger denn je.
Werden Karten noch teurer? Im internationalen Vergleich sind die Preise hierzulande ja noch zivil – und das nicht gerade finanzschwache Saudi-Arabien fängt gerade erst an mit Live-Musik.
Schwarz: Im internationalen Vergleich bewegen wir uns mit unseren Preisen eher im unteren Spektrum. Unser Anspruch ist es, die Kosten nicht vollständig auf die Fans umzulegen, sondern über alternative Einnahmequellen auszugleichen. Wir halten die Preise vor allem zu Beginn des Vorverkaufs bewusst niedrig, und das wissen unsere Besucherinnen und Besucher zu schätzen.
Ich mache mir ein wenig Sorgen um den musikalischen Mittelbau und Newcomer, die es auf dem Live-Markt oft sehr schwer haben und viele Shows absagen müssen. Kann es sein, dass deshalb irgendwann mal der Nachschub für große Tourneen und Festivals wie RaR fehlt?
Schwarz: Die Förderung von Nachwuchs-Acts ist eine gemeinsame Aufgabe der gesamten Musikbranche – von Festivals über Labels, Booking-Agenturen, Medien bis hin zu Streaming-Plattformen. Es gibt heute mehr Möglichkeiten als je zuvor: Künstlerinnen und Künstler können in ihrem Schlafzimmer Nummer-eins-Hits produzieren und durch Social Media oder Streaming in kürzester Zeit zu Festival-Headlinern aufsteigen. Es wird heute mehr Musik produziert als je zuvor. Die Zukunft sieht also gut aus.
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