Mannheim. Um es vorwegzunehmen: Bei der 99. Premiere innerhalb von 35 Jahren überrascht das Mannheimer Oststadt Theater mit einer neuen Facette des „Lächelns in N1“ (so das Motto der Bühne). Denn „Brandheiss – Gelöscht wird später“ ist mehr als ein Schauspiel. Die Komödie von Jette Findeisen verlangt vom fünfköpfigen Ensemble auch ein beträchtliches Maß an Körperbeherrschung, an turnerischen und tänzerischen Qualitäten. Mit der Betonung auf Qualitäten. Und die mündeten letztlich beim begeisterten Publikum in Standing Ovations.
Kein Abklatsch von „Ganz oder gar nicht“ oder „Calendar Girls“
Die Vorbilder von „Brandheiss“ werden nicht verleugnet, Pate gestanden haben Stücke wie „Ganz oder gar nicht“ oder „Calendar Girls“. Aber es ist kein Abklatsch. Mittelpunkt hier ist die Freiwillige Feuerwehr von Klein-Brettenfeld, die nur noch aus einem Trio besteht. Oberbrandmeister Hans Hansmann (Michael Hördt) muss sich mit zwei jungen Kollegen begnügen, die mit Begeisterung Brände löschen, Katzen oder Vögel retten.
Aber Bernd Pauly (Fabian Kuhn) und Paul Berner (Mark Zappe) sind intellektuell nicht die hellsten Lichter, sondern naive Jungs vom Dorf, unsicher beim Umgang mit Frauen, etwas linkisch oder sogar tölpelhaft. Nur deshalb kommt es beim Versuch, einen Ölfleck zu entfernen, zur Katastrophe. An deren Ende ist auch das Einsatzfahrzeug ausgebrannt. Der Versuch, Ersatz zu beschaffen, scheitert. Nun droht die größte Gefahr: Die Übernahme durch die Freiwillige Feuerwehr aus Groß-Brettenfeld. Mit Hilfe der resoluten und ideenreichen Hansmann-Tochter Annika (Helena Fuladdjusch) und ihres Freundes Ben (Ali Raki-Turp) gelingt im zweiten Anlauf die Rettung.
Soweit die reine Story. Die Höhepunkte der flotten, sehr ausbalancierten Inszenierung von Marco Böß sind die sportlich-tänzerischen Zutaten: Alle, inklusive „Oldie“ Hans Hansmann, lassen sich von Profi Annika zu einer heißen Poledance-Show überreden. Und die ist wirklich sehenswert, mit Fingerspitzengefühl erarbeitet und ganz ohne peinliche Momente (Choreografie Felicitas Hadzik). Das Ensemble beweist auch hier Können, überdreht nicht und reizt dennoch zu Lachtränen.
Die Poles gab es nicht von der Stange
„Das war das schwierigste Casting, das wir je hatten“, gestand Produktionsleiterin und OTM-Chefin Carmen P. Linka-Gamil. Nach langer Suche fand sie in Köln und Mainz die jungen männlichen Akteure (Hördt und Fuladdjusch spielen schon lange im OTM), die in der Lage waren, sowohl schauspielerisch als auch mit unterschiedlichen Tanzstilen und an den Poles zu überzeugen.
Die im Mannheimer Theatersaal notwendigen, über sieben Meter hohen Stangen gab es übrigens nicht „von der Stange“, sondern sind eine Sonderanfertigung. Gelungen ist auch das Bühnenbild (Stefanie Volkmar-Bode, Mahmoud Gamil). Es ist eine Halle mit betonartigen Wänden, an denen Regale mit Feuerwehrutensilien angebracht sind. Einige leere Kisten und ein gut gefüllter Kühlschrank ergänzen die karge Möblierung. Der wie ein Rolltor anmutende Hintergrund wird immer wieder zu einer Videowall, auf der sich auch mal der Einsatzleiter (Knut Frank) zu Wort meldet. Inmitten der Halle ist viel Platz für die typischen, wenn auch zweckentfremdeten Rutschstangen.
Weitere Vorstellungen: 31. Oktober, 1. November, 5., 6. 28. Dezember. Mehr unter oststadt-theater.de
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