Nationaltheater - Konzept für Ersatzspielstätten im Hauptausschuss nur mit Abstrichen beschlossen / SPD fordert Auftritte in den Stadtteilen

Stadträte fordern Kosten-Obergrenze

Von 
Peter W. Ragge
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Hier, wo sonst das Oktoberfest stattfindet, soll die Leichtbauhalle als Ersatzspielstätte der Oper gebaut werden. © Michael Ruffler

Mannheim. Mit wenig Begeisterung, sondern eher spürbarem Bauchgrimmen und einigen Einschränkungen haben die Stadträte im Hauptausschuss das Konzept des Nationaltheaters für die Ersatzspielstätten während der ab 2022 geplanten Generalsanierung gebilligt. Auf Initiative von SPD und CDU soll es eine klare Kosten-Obergrenze von 31,9 Millionen Euro geben. Und auch da ist ohnehin noch offen, wann dieser Betrag wie tatsächlich in den künftigen kommunalen Haushalten eingeplant wird – und was dafür womöglich an anderen Projekten wegfällt.

Ersatzspielstätten

  • Das Konzept der Ersatzspielstätten für die nach derzeitigem Stand Mitte 2022 beginnende und auf fünf Jahre geschätzte Generalsanierung des Nationaltheaters kostet 33,1 Millionen Euro, die Sanierung selbst 247 Millionen Euro. Dazu kommen ein neues Zentrallager im Hafen sowie Sanierung und Ausbau des Probebühnenzentrums in Neckarau für zusammen 40 Millionen Euro.
  • Das Schauspiel soll im ehemaligen Kino der Amerikaner auf Franklin unterkommen, das danach Kulturzentrum für den neuen Stadtteil wird. Für fünf Jahre werden neun Millionen Euro Miete fällig. Zudem werden das Rokokotheater Schwetzingen und der Pfalzbau Ludwigshafen, wo aber nur 35 bis 40 Vorstellungstage pro Spielzeit möglich sind, angemietet.
  • Hinzu kommt der auf 17,36 Millionen Euro bezifferte Bau einer Leichtbauhalle auf dem vom Oktoberfest genutzten Platz zwischen Technoseum und dem Benz-Stadion.

Oberbürgermeister Peter Kurz warb zunächst ausdrücklich für das Konzept. Im Prinzip habe es der Gemeinderat ja schon gebilligt, als er 2018 die Generalsanierung auf den Weg gebracht habe. Dabei räumte Kurz ein, dass die Ersatzspielstätten im Vergleich zur damals genannten, „sehr pauschal angenommenen“ Summe nun „doppelt so teuer“ werden. Er gestand auch, „skrupulös“ an die Summe herangegangen zu sein. Ohne Ausweichspielstätten würde man aber die Substanz des Theaters gefährden. Alle Alternativen seien „deutlich schlechter“. Jetzt nicht darüber zu entscheiden, könnte eine Verschiebung der Generalsanierung und damit einen Verlust von Zuschüssen von Bund und Land bedeuten, warnte Kurz.

Bedenken wegen Neubau

Die Abonnements basierten zum großen Teil auf der Oper, so Kurz. Wenn man dieses Publikum halten wolle, müsse man das bewährte Repertoire zeigen, was nur im Pfalzbau möglich sei. Da Mannheim aber „akzeptieren muss“, dass Ludwigshafen sein eigenes Theater dort „nicht abschalten“ wolle, brauche man neben dem Pfalzbau einen weiteren Ort, um Musiktheater zu zeigen – eben die geplante neue Leichtbauhalle.

„Wir haben uns am Anfang damit sehr, sehr schwer getan“, erklärte CDU-Fraktionsvorsitzender Claudius Kranz. Von „Vorbehalten“ in der Fraktion sprach ebenso SPD-Stadträtin Helen Heberer. Beide forderten daher, „dass ein klarer Deckel auf die Kosten ’draufkommt“, so Kranz, und die Intendanz des Theaters verpflichtet werde, diesen einzuhalten. Im Anbetracht anderer nötiger Investitionen seien die 30 Millionen „eine sehr große Hausnummer“, man habe dem Neubau einer Halle „durchaus sehr kritisch“ gegenübergestanden, meinte der CDU-Fraktionschef. Man sei inzwischen aber davon überzeugt, weil er nötig sei, um „nicht noch mehr Abonnenten zu verlieren als ohnehin durch die Generalsanierung“, so Kranz.

Heberer verlangte zudem bis Dezember eine Analyse der zu erwartenden Nebenkosten. Nicht mitgetragen werde von der SPD die Anmietung des Rosengartens. „Kosten und Nutzen rechnen sich da nicht“, kritisierte sie und verlangte, das Nationaltheater solle lieber in den Kulturhäusern der Stadtteile spielen „und so mit neuen Formaten Publikum für das Nationaltheater ansprechen und begeistern“, so die SPD-Stadträtin: „Wann, wenn nicht jetzt!?“, fragte sie die Intendanz.

Von der Grünen-Fraktionschefin Stefanie Heß wurde das „ganz stark bekräftigt“. Sie schloss sich „voll und ganz“ der SPD an und äußerte die „dringende Bitte“ an die Intendanz, „mit der Krise kreativ umzugehen“ und in den Vororten zu spielen. ML-Fraktionsvorsitzender Achim Weizel regte zusätzlich die Baumhain-Halle im Luisenpark an, bekräftigte aber sonst, dass sich nur mit guten Ersatzspielstätten das Niveau und die Mitarbeiter des Theaters halten ließen.

„Mit Bauchschmerzen“ stimmte AfD-Fraktionsvorsitzender Bernd Siegholt der Vorlage zu, bestand aber auch auf dem Kostendeckel, ebenso wie Dennis Ulas (Linke). Die einzige Gegenstimme gegen die Vorlage kam von Birgit Reinemund (FDP), die sich insbesondere gegen den Bau einer neuen Halle wandte und kritisierte, dass es dazu schon eine Ausschreibung gibt, ohne dass bisher ein Beschluss gefasst wurde.

Ihre Befürchtung, dass die Leichtbauhalle nach der Nutzung durch das Theater stehenbleibt und die Stadt mit Folgekosten belaste, versuchte der Oberbürgermeister gleich zu zerstreuen. Zwar sei es günstiger, sie zu kaufen als zu mieten, „aber denkbar ist ja, dass sie an anderem Ort aufgebaut wird“, meinte Kurz. Zwar hatte Stefanie Heß eine spätere Nutzung für die freie Szene ins Spiel gebracht, aber Kurz meinte klar: „Wir haben sicher nicht noch mal einen Bedarf für eine Halle mit 800 Plätzen – höchstens es kommt eine private Musicalproduktion.“ Daher wurde der Absatz zur möglichen Nachnutzung aus der Vorlage nicht mitbeschlossen, ebenso die Anmietung des Rosengartens zurückgestellt und der Betrag dafür aus den zunächst genannten 33,1 Millionen Euro herausgerechnet, so dass 31,9 Millionen Euro übrig bleiben.

Redaktion Chefreporter

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