Mannheim. „Nie im Leben“ hat sie gesagt – und es dann doch gemacht: Heidrun Deborah Kämper, Stadträtin und stellvertretende Vorsitzende der Freunde und Förderer des Nationaltheaters, veröffentlichte jetzt ein ganzes Buch mit Informationen und Anekdoten rund um den Theatervorhang. Es ist eine der Aktionen der Theaterfreunde, um Spender für die Generalsanierung des Nationaltheaters zu gewinnen, und zugleich der Beitrag zum 75-jährigen Bestehen des Vereins im nächsten Jahr.
In der Nachkriegszeit als Unterstützung für den damaligen, 1957 eröffneten Neubau am Goetheplatz gegründet, steht der Verein nun auch während der von enormer Kostensteigerung begleiteten Generalsanierung fest an der Seite des Nationaltheaters. „Die Situation ist nicht ausweglos“, so Vorsitzender Christian Haas. Die Theaterfreunde müssten „zusammenhalten und schauen, wie wir das Geld zusammenkriegen – mit Ihrer Hilfe“, hat er jetzt an die Mitglieder appelliert.
„Spendenmarathon“ bis März 2025 geplant
1300 Mitglieder zählt der Verein derzeit. Lange ging die Entwicklung nach unten, doch nun hätten sich die Mitgliederzahlen stabilisiert, so Haas: „Wir haben zahlreiche Neu-Eintritte, verstärkt jüngere Menschen, bei deutlich reduzierten Austritten“, spricht er von einer „hoffnungsfrohen Entwicklung“. Mit der Intendanz und weiteren Abteilungen gebe es „eine großartige und vertrauensvolle Zusammenarbeit“, so der Vorsitzende: „Geht nicht, gibt es im NTM nicht! Diese Bereitschaft und Offenheit begeistert mich“, so Haas, der ebenso wie die Stellvertreter Petra Eder und Heidrun Kämper sowie Schatzmeister Matthias Bretschneider nun nach drei Jahren im Amt bestätigt worden sind.
Regelmäßig unterstützen die Theaterfreunde Festivals wie den „Mannheimer Sommer“, den jeweiligen Hausautor und das Sozial-Projekt „Treffpunkt Nationaltheater“. Zudem hat der Verein sechs Stuhlpatenschaften in der Ersatzspielstätte „Oper am Luisenpark“ (Opal) übernommen.
Bis zum Jubiläum des Vereins am 30. März wollen die Theaterfreunde nun einen Spendenmarathon starten, um dann einen Scheck in Höhe von 225 000 Euro für die Generalsanierung, speziell zwei neue Vorhänge für Opern- und Schauspielhaus sowie eine Drehscheibe für schnelle Kulissenwechsel, an das Nationaltheater zu überreichen. Die derzeitigen Bühnenvorhänge entsprechen nicht mehr den aktuellen Sicherheitsstandards. Es sei „eine der höchsten zweckgebundenen Einzelspenden der Vereinsgeschichte“, so Vorsitzender Haas.
Aus Spenden und dem zusätzlich zum Mitgliedsbeitrag erhobenen „Sanierungssoli“ sind bereits 140 000 Euro auf dem Konto, rund 17 000 Euro werden aus der nächsten Tranche des „Sanierungssoli“ in 2025 fließen. Dann fehlen noch 53 000 Euro. 15 000 Euro erwarten die Theaterfreunde aus den Erlösen des Verkaufs des Buchs „Bühnen-Stoff“, dessen Produktion Ehrenbürger und Mäzen Manfred Fuchs ermöglicht hat.
Es ist ein ganz besonderes Buch – das zeigt sich schon auf dem Titel, denn der besteht aus Samt. „Mit Liebe gemacht in unseren Kostümwerkstätten“, wie ein kleiner Aufkleber verrät. Michael Berndt, Kostümdirektor am Nationaltheater, und sein Team haben dazu echten Vorhangstoff verarbeitet. Daher gibt es das Buch auch nur in einer kleinen, auf 500 Exemplare begrenzten und nummerierten Auflage. Für Kulturbürgermeister Thorsten Riehle ist das Buch der Beweis, „wie pfiffig und wie leidenschaftlich“ die Theaterfreunde sich für das Theater einsetzen, wie er im Vorwort schreibt.
Zunächst hatte Kämper aber nur vor, die Spendenkampagne für die neuen Vorhänge mit einigen Texten auf der Internetseite der Theaterfreunde zu begleiten. Dann habe sich das Thema „wie ein Schneeball“ entwickelt, und ihr als Sprachwissenschaftlerin sei das Schreiben – auch wenn es sich diesmal nicht um einen wissenschaftlichen Text handele – leicht gefallen. In der ganzen Vorbereitung habe es „keine Phase gegeben, wo ich mal keine Lust hatte“, sagt Kämper. Für die Gestaltung konnte sie Norbert Cußler-Volz gewinnen, als Mitarbeiterinnen Petra Eder und Luisa Reiblich.
Unterhaltsame Lektüre und interessante Fakten
So ist eine Mischung aus Fachbuch und unterhaltsamer Lektüre entstanden. Kämper blickt in die Geschichte des Theatervorhangs zurück bis zur römischen Antike, nach der er aber etwas in Vergessenheit geriet. „Tausend Jahre spielte sich nichts ab“, so Kämper. Seit dem frühen 19. Jahrhundert sei der Vorhang wieder obligatorisch geworden, von Bert Brecht wiederum wurde er abgelehnt, ja war er verpönt.
Die Autorin erläutert die Unterschiede zwischen italienischem, französischem, deutschem und griechischem Vorhang – die alle in verschiedenen Richtungen geöffnet werden. Sie erklärt die teils hochkomplizierte Mechanik und die Bedeutung des „Eisernen Vorhangs“, zitiert Lexika, lässt Regisseure zu Wort kommen und streut unter der Überschrift „Bühnenstöffchen“ immer mal wieder kurze Zitate aus der Literatur rund um den Vorhang ein.
Besonders lesenswert sind die Interviews, in denen Theatermacher wie die Intendanten, Musiker und Akteure auf der Bühne, aber auch Menschen aus dem Publikum auf den Vorhang blicken und was sie mit ihm verbinden. Da kommt der frühere Oberbürgermeister Peter Kurz ebenso zu Wort wie Monika Kulczinski, Vorsitzende des Richard-Wagner-Verbandes. Sie konnte nicht mit anschauen, wie sich vor der Generalsanierung der Vorhang im Haus am Goetheplatz das letzte Mal schloss. „Ich hatte Tränen in den Augen“, bekennt sie, denn „eine große Zeit ging zu Ende“.
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