Ein Eltern-Alptraum, ein Vorabend-GAU, ein Wochenendkiller: „Mamaaa, das Internet geht nicht!!!!“ Damit fängt im Turm der Alten Feuerwache alles an. Doch selbst ist die (junge) Frau namens Mo (Carmen Yasemin Zehentmeier), sie startet den Router neu. Drückt vollkommen analog mit der aufgebogenen Büroklammer den Reboot-Button. Es ist nicht das letzte Mal, dass sie den simplen Draht wird brauchen können. Dann passiert das Unglaubliche: Sie ist drin. Einfach so. Nicht gleich im Internet, sondern - quasi liliputesk - im Schwellenraum Router, der natürlich längst eine Speedbox ist. Man glaubt gar nicht, was da los ist. Da wohnen und arbeiten Leute, na ja, IT-Gestalten, skurril-nerdige Funktionsträger, Bite-Schubser, Speicherwichtel und allerlei anderes Online-Personal.
Als schräger Vogel und Sympathieträger turnt Hämster (Uwe Topmann) gewohnt quirlig durch die engen Weiten seiner Power-Box, wo er das (Gebläse-/Hamster-)Rad am Laufen hält. Cache (Katharina Breier) spricht nicht viel, ist aber als Superhirn, Archiv und Langzeitspeicher von großem Einfluss.
Illustre Figuren, reelles Sujet
Komplett wird die Speedport-WG mit Phonique (Sebastian Reich), dem tänzelnden Chef vom Ganzen und vermutlich - Kinder ab acht Jahren wissen da mehr - wohl auch eine Anspielung auf die Sega-Computerspielfigur Sonic. Wissen muss man das nicht, die Geschichte funktioniert auch so, aber das Atari-Zeitalter und dessen diversen Revivals sind nicht zu übersehen. Weniger auf Viktoria Strikics vielstufig spielfördernder Bühne, als vielmehr markant farbenfroh in den gelungenen Kostümen von Julica Hennig.
Die Serie „Kliffhänger“
- Mit „Kliffhänger“ beginnt das Experiment einer Theaterserie. Es ist Teil der Forschungsreihe „Join“ zu Beteiligungsprozessen am Jungen NTM, das den Dialog mit der Stadt und die Öffnung des Theaters für Wünsche des jungen Publikums stärken will.
- Julian Mahid Carly, Annalena Küspert und Shabana Saya schreiben in einem „Writer’s room“ die vierteilige Theaterserie, deren 1. Folge nun im Schnawwl zu sehen ist und die dann im Herbst fortgesetzt wird.
- Täglich bis 29. April (außer 28.), Karten unter 0621/1680 302 oder jungenationaltheater@mannheim.de
Mit „Kliffhänger“, der Titel lässt es ahnen, startet das Junge NTM nun eine Theaterserie. Schon seit September 2021 entwickeln Julian Mahid Carly, Annalena Küspert und Shabana Saya in einem TV-üblichen „Writers’ Room“ diese vierteilige Theaterserie. Wir wollen daher nicht spoilern, aber so viel sei verraten: Der obligat unerfüllten Wissenssehnsucht nach dem Fortgang der szenischen Dinge wird nach 45 Serienminuten mit dem finalen „Black“ spannend Rechnung getragen.
Spannend ist auch, dass der gesamte Schreibprozess von einer Grundschulklasse begleitet wurde. Die Klasse 3d der Neckarstädter Uhland Schule, auch das darf man verraten, hat ihre Arbeit sehr gut gemacht, was sich auch durch Blick auf die dabei entstandenen kleinen Kunstwerke bestätigen lässt, die in einer Galerie-Ausstellung im Schnawwl zu sehen sind.
Eine „Fokusgruppe“ (Sachen gibt’s!) aus einigen Schülerinnen und Schülern wurde zu kritischen Leserinnen und Lesern. Sie steht in Kontakt mit dem Schreibteam und gibt Rückmeldung zu den Texten.
Szenische Regie führte bei Folge 1 Valeria Ryzhonina, die ihre Sache ebenso gut macht wie das Ensemble. Auch wenn die Sache fast etwas zu klein gehalten wird, will heißen: Ensemble, Bühne und Stoff hätten noch Kapazitäten, was begleitenden Theaterdonner betrifft - mehr Sound, Musik, Effekte wären gut denkbar. Geht aber auch so.
Mo wird in diesem kleinen heimischen Internet-Zauberraum, wo es funzt wie funkt, vom Mädchen zum User und anfangs gar für einen Virus, Trojaner oder Bug gehalten. Auf weiten Routen des Routers geht es mittels eines funktionierenden Textes kindgerecht um eine wichtige Lebensrealität - „um das Internet“. Bald lernt Mo, wie man eine Suchanfrage richtig stellt. Es ist eine wichtige Frage, die Gewicht in die launige Computerwelt bringt, aber hier nicht verraten wird, denn schließlich gilt hier: „Fortsetzung folgt“ …
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/kultur_artikel,-nationaltheater-junges-ntm-zeigt-computer-spielserie-kliffhaenger-_arid,1941504.html