Als die erste Basswelle losrollt, drückt sie auf die Brust wie ein Dampfhammer – und das 50 Meter vom Zelt entfernt. Dabei ist da nur ein vereinzelter, aber brillanter DJ am Werk, der die Stimmung vor dem Auftritt der US-Hip-Hop-Ikonen Cypress Hill beim Zeltfestival Rhein-Neckar am Reitstadion mächtig hochpumpt. Anheizen muss er nicht, die Temperatur ist schweißtreibend genug. Das mit Gary Washington gut gewählte Vorprogramm findet daher fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der Großteil der 2700 Besucher tummelt sich so lange wie möglich an den Verpflegungssänden im Freien , die noch die gemütliche Atmosphäre des Maifeld Derbys transportieren.
Apropos Dampf: Im Palastzelt liegt zwar der erwartbare süßliche Duft in der Luft, aber die allermeisten Zuschauer beim mit Abstand größten Konzert des diesjährigen Festivals halten sich an das generelle Rauchverbot im Zelt, man sieht nur vereinzelt verdächtig dicke Wolken aufsteigen. Der Sound ist im Zelt human bis gut, die Stimmung steigt, weil Mix Master Mike als dreifacher Weltmeister im DJ-ing und Dauer-Zuarbeiter der Beastie Boys seinen Job zwangsläufig erstklassig macht.
„Black Sabbath des Hip-Hop“
Nach seinem 20-Minuten-Ritt durch die Hip-Hop- und Hardcore-Geschichte kommt erst Schlagzeuger Eric „Bobo“ Correa auf die Bühne, gefolgt von den beiden stilprägenden Rap-Brüdern Louis „B-Real“ Freese und Senen „Sen Dog“ Reyes. Und plötzlich rast der Kalender in Mannheim zurück aufs Jahr 1993, als die selbst ernannten „Black Sabbath des Rap“ serienweise Hits landeten und ihr Genre Richtung Rock und Latino-Sounds umkrempelten.
Tatsächlich rockt der im Wesentlichen von Mix Master Mike fabrizierte Sound hart und vielfältig. Dass das Ganze Seele und enorme Durchschlagskraft hat, verdankt sich dem Drummer. Wenn Bobo die Rhythmen wie bei „Latin Thugs“ auf seinen Congas wirbeln lässt und so an die kubanischen Wurzeln der 1989 gegründeten Rap-Klassiker aus Kalifornien erinnert, ist das Konzert großartig. Im Zentrum stehen natürlich die unverkennbaren, hochgepitchten Nasal-Raps von B-Real. Spätestens das martialische „Hands On The Pump“ wird massiv mitgerappt und -gesungen. Das triumphierende „Booyah!“ von Sen Dog ist also absolut berechtigt. Denn auch die Songs vom aktuellen Album „Elephants On Acid“ werden gefeiert.
Aber das alles ist nur das Aufwärmprogramm für Klassiker wie „When The Shit Goes Down“, „I Ain’t Goin’ Out Like That“, und natürlich vor allem dem Welthit „Insane In The Brain“, bei dem das Palastzelt fliegen lernt. Der letzte Song des regulären Sets „(Rock) Superstar“ macht seinem Namen alle Ehre, bevor B-Real die Fans bittet: „Alle auf die Knie – wenn der Song losgeht, wisst ihr schon, was zu tun ist!“ Logisch: Springen! Denn es folgt House Of Pains „Jump Around“ als explosiver Abschluss einer inklusive DJ-Schicht fast 90-minütigen, intensiven Show. Das mag nicht lang klingen, ist für Live-Auftritte altgedienter US-Rapper aber fast schon episch.
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