Das Interview - Direktor Michael Kötz verspricht Filme, die klüger machen, und Gefühle wie im Urlaub

„Wir sind ein Lagerfeuer des Kinos“

Von 
Thomas Groß
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Freut sich auf das 15. Festival des deutschen Films auf der Parkinsel in Ludwigshafen: Direktor Michael Kötz. © Sebastian Weindel

19 Tage voller Filme und Gespräche liegen vor ihm und dem Publikum: Festival-Direktor Michael Kötz stellt lohnende Filme in Aussicht, die „den Horizont erweitern“, wie er im Interview sagt. Und die Veranstaltung auf der Parkinsel soll zum „Fest der Lebensfreude“ werden.

Herr Kötz, am Mittwoch beginnt die 15. Festivalausgabe, fast ein kleines Jubiläum. Was sollte das Filmfestival anfangs sein – und wie stellt es sich heute für Sie dar?

Michael Kötz: Es war ja erst einmal eine Art Zusatzveranstaltung zum Filmfestival Mannheim-Heidelberg. Heute aber ist es dreimal so groß wie dieses und es ist das zweitbeliebteste Filmfestival ganz Deutschlands nach der Berlinale geworden. Jetzt ist Mannheim-Heidelberg vielleicht eher das kleinere, wenn auch internationale Spezialfestival. Das hat sich natürlich keiner träumen lassen damals. Auch wir nicht.

Bislang wurde regelmäßig betont, es gehe dabei um Filme und Kunstanspruch, nun wirbt die Veranstaltung mit dem Slogan: „Das Festival der Lebensfreude“ und lädt sogar zum Abschluss zur Weinprobe ein … ein Widerspruch?

Kötz: Im Gegenteil. Oder glauben Sie, dass man die Kunst nur genießen kann, wenn man sich nicht des Lebens freut? Nein, nur wenn man in guter Stimmung ist, macht man auch Dinge mit, die man noch nicht kennt, schaut man sich bei uns Filme an, die man im Alltag vielleicht gleich wieder wegschalten würde. Und so ist das Filmfestival von Ludwigshafen ein Fest der Lebensfreude und des Klügerwerdens zugleich. Das liegt auch an diesem Ort der Parkinsel: Da kommt Freude auf wie im Urlaub. Und dadurch wächst die Bereitschaft, den Horizont in Sachen Film zu erweitern. Man genießt das Leben und die Kunst gleichzeitig. Das ist der Witz dieses Filmfestivals, sein Erfolgsrezept – neben dem volksfestartigen Zusammenkommen. Bei uns ist niemand beim Filmesehen allein auf dem Sofa. Wir sind ein Festival wie ein großes Lagerfeuer des Kinos, und zwar riesiger Kinos und unglaublich vieler Menschen, die gemeinsam aus diesem großen Fenster, der Leinwand, hinaus oder hinein in die Welt schauen wollen. Und genau in dieser Gemeinsamkeit liegt die Lebensfreude. Das Weintrinken ist dabei auch nett, aber wirklich nebensächlich.

Ist in inhaltlicher Hinsicht überhaupt etwas anders als in den Vorjahren?

Kötz: Wir haben ja vergangenes Jahr ausprobiert, ob wir auch ein paar nicht deutsche, also internationale Filme zeigen können, ob das akzeptiert wird. Das Ergebnis war großartig. Also machen wir weiter damit auf dem Festival des deutschen Films, in einer Nebenschiene natürlich. Aber man kann auch die eigene Filmkultur immer dann am besten verstehen, wenn man sie mit der von anderen, fremden Kulturen vergleicht und die Fremdheit nicht scheut. Das führt zu einer echten Toleranz gegenüber dem Fremden, während man zugleich gerne in der eigenen Kultur lebt, also auch die Filmkultur Deutschlands umso mehr genießt. Aber eben ohne Borniertheit.

Gibt es thematische Auffälligkeiten in diesem Filmjahrgang?

Kötz: Thematisch nicht, aber stilistisch. Das erzählerische Niveau des deutschen Films ist beachtlich. Ja, sogar viele Komödien haben Geist in Deutschland. 53 neue deutsche Filme zeigen wir – in einem ästhetischen und thematischen Spektrum von „Klassisch erzählt“ bis „Stilbewusst“ und „Eigenwillig erzählt“. Alle langweiligen Filme oder solche mit bloß guter Absicht haben wir weggelassen. Daneben gibt es 13 internationale Filme aus dem Senegal oder aus Japan, Kenia oder der Mongolei. Kleine Weltreisen also, neben der intensiven Heimatkunde der deutschen Filme. Und es gibt kaum einen Film, zu dem wir nicht die Künstler, Produzenten, Schauspieler erwarten. Das funktioniert großartig. Das Festival des deutschen Films Ludwigshafen hat wirklich einen glänzenden Namen in der deutschen Film- und Fernsehbranche. Wir sind stolz und glücklich darüber.

Organisatorisch wurde dem kontinuierlich wachsenden Zuschauerzuspruch Rechnung getragen, es gibt jetzt ein zweites Parkhaus, und Sie haben angekündigt, es solle auch weniger Wartezeiten vor den Filmen und Zeltkinos und kürzere Warteschlangen geben – wie wollen Sie das erreichen?

Kötz: Wenn man so viele Menschen zu Gast hat, muss man sich auch etwas einfallen lassen zur Organisation. Ich habe da ja mit Klaus Wichmann und Adriana Alder wirklich großartige Mitarbeiter. Seit Januar wird das vorbereitet. Die BASF gibt uns dankenswerterweise ihr Parkhaus dazu, der Stadtvorstand hat für Anwohnerparkplätze gesorgt, wir haben den Auf- und den Abbau zeitlich reduziert und vieles andere getan, um die Anwohner auf der Insel zu schützen. Und es gibt etwas mehr Luft zwischen den Anfangszeiten der Filme, um die Wartezeiten zu verkürzen. Wir bleiben ja nie einfach bei dem, was sich bewährt hat, sondern suchen immer nach neuen Verbesserungen, fast ein bisschen manisch. Aber wir möchten eben, dass man glückliche und zugleich bereichernde Tage verbringt auf unserer Insel im Rhein.

Das Interview wurde telefonisch geführt und zur Autorisierung vorgelegt.

Der Leiter und das Festival

  • Der 1951 geborene promovierte Filmwissenschaftler und ehemalige Journalist Michael Kötz leitet sowohl das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg als auch das von ihm initiierte Festival des deutschen Films auf der Parkinsel am Rhein in Ludwigshafen.
  • In diesem Herbst leitet er zum letzten Mal die in Mannheim gegründeten traditionsreichen Festspiele, in Ludwigshafen wird er weiterhin Direktor bleiben.
  • Das 15. Festival des deutschen Films wird am Mittwochabend, 21. August, um 19 Uhr auf der Parkinsel eröffnet. Dazu werden auch die Schauspieler André Hennicke, Harald Schrott und Ulrich Thomsen erwartet, die im Eröffnungsfilm „Wendezeit“ mitwirken.
  • Das Festival in Ludwigshafen geht am Sonntag, 8. September, zu Ende. Der Publikums- und der Filmkunstpreis werden am Samstag, 7. September, verliehen.
  • Informationen zu Programm und Eintrittskarten unter Telefon 0621/121 824 70, Internet: www.fflu.de

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.

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