Die Palmen am Alten Pumpwerk Neckarau, der Feigenbaum, der Bambus, sie sind auch in diesem Jahr weiter in die Höhe geschossen, und Dietmar Brixy hat trotz eines Unfalls nach einer Malpause weitergearbeitet: „Journey“ heißt die neue Serie, aber verreist war er nur im Kopf, und das können ja die aufregendsten Reisen überhaupt sein. Herbstfarben - auf den Bildern noch intensiver als draußen. Landschaften? Es sind vertraute Schlingen und Wellen, zwischen denen wie hinter einem geöffneten Vorhang Horizontlinien und diffuse atmosphärische Erinnerungen auftauchen. Brixy assoziiert Landschaften, aber man kann auch bei dynamischen Gesten, beim Wuchern und Zurücktreten von Farbschichten bleiben, in denen setzt er dann mit dem Abdruck von Feigenblättern in feuchter Farbe Akzente lebender Natur. Auf dem großen Triptychon in der Halle: Die Feigenblätter scheinen fast zu groß, um Natur zu sein, aber auf dem Baum hinterm Fenster hängen noch größere, bei Brixy ist die Natur kaum zu bremsen.
Noch eine andere Form scheint deutlicher zu dominieren als sonst: der Kreis. Seit Jahren arbeitet Brixy mit Tondi, Rundbildern, wie sie nach Renaissance und Barock aus der Mode kamen, bei ihm aber aus der Natur entstanden: Der Bambus hatte sich einmal unter winterlicher Schneelast fast zum Kreis gebogen, und mittlerweile ist der Tondo das Energiebündel schlechthin - Energie, die sich im Kreis bewegt, erneuert sich ständig selbst, nichts geht nach außen verloren, auch in Brixys jüngsten Tondi herrscht eine Verdichtung von Farben und Dynamik, wie sie auf rechtwinkligen Formaten nicht möglich wäre. Und plötzlich setzt er auch große Rundformen mitten in die Landschaftsbilder, mit bloßen Fingern und Spachtel in etlichen Farbschichten, alles scheint leise zu rotieren, Landschaften, von Sonnen gewärmt. Man ahnt, dass die bekannten Brixy-Voluten die Stellen sind, in denen Energie sich zu bündeln beginnt, um sich im Kreis zu vollenden.
Als Kontrast zu den Farbgewittern hat Brixy erneut einen Bildhauer eingeladen. Lothar Seruset arbeitet in Holz, Bronze und Keramik, aber auch in Farbe: Da stehen weißhäutige, stämmige Männer mal auf einem blauen Fisch oder halten einen in der Hand. Gelb- oder rotbehost können sie auch auf einem schwarzen Bären balancieren, aber erstaunlich ist nicht, was sie unter den Füßen, sondern auf dem Kopf haben. Als wären ihre Gedanken zu Materie geworden, schmiegt sich eine Figur über den Scheitel, oder sie tragen ein kleines Haus; „Der Baumeister von U.“ wird gar von einem Modell des Ulmer Münsters gekrönt. Eine gelbe Krone trägt auch der Hingucker, der wie stets auf dem Küchentisch platziert wurde: Der rotbehoste „Königsstand“ erinnert eher an Meeresgott Neptun, denn er hält in der gewaltigen Pranke einen dicken blauen Fisch. Bei Seruset erinnert vieles an eine mögliche Herkunft von Totempfählen. Jedenfalls bilden seine Figuren mitten in Brixys Kosmos eine Art Wurzelverankerung - man muss einfach gesehen haben, wie das alles zusammenpasst!
Info: Bis 16.10 Fr 14-19, Sa/So 11-16 Uhr, Aufeldstr. 19, Mannheim.
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