Kunst

Vielfalt, Stille, Tao - ein Blick auf das Werk der Heidelbergerin Gabriele Dahms

Die Stiftung Künstlernachlässe Mannheim erinnert an die Heidelberger Malerin Gabriele Dahms (1944-1999) zum 80. Geburtstag

Von 
Christel Heybrock
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Werke von Gabriele Dahms sind ab Samstag zu sehen. © Manfred Rinderspacher

Mannheim. Die Künstlerin sei, berichtet Kuratorin Christine Schumann, eine richtige Partymaus gewesen. Großer Freundeskreis, lebensfroh, offen… Aber, wenn es um ihre Kunst ging, habe sie sich tagelang eingeschlossen und alle Kontakte abgeblockt: Gabriele Dahms, die 1999 mit nur 55 Jahren in Heidelberg verstarb und am 21. September 80 Jahre alt geworden wäre. Der Geburtstag wird nun zum Eröffnungstag einer Ausstellung der Mannheimer Stiftung Künstlernachlässe in der Harpenerstraße am Rheinauer Hafen.

Vor zehn Jahren hatte die Stiftung bereits eine Gedächtnisschau in der damaligen Galerie Falzone veranstaltet, aber die aktuelle Ausstellung ist dennoch eine Premiere: Die Stiftung mit Standort und Depot in der Harpenerstraße konnte jetzt zwei Räume restaurieren in einer Umgebung, in der man Kunst nicht erwartet, Lichtverhältnisse und Raumzuschnitt aber optimal sind. Genug Platz also auch für Gabriele Dahms‘ großformatige Tao-Arbeiten, bei denen mehrschichtige Papierbahnen schon mal mehr als zwei Meter hoch frei im Raum von der Decke hängen oder sich in der Breite als Leinenfläche an der Wand befinden, bedeckt mit Acrylfarbe und Sand.

Zweierlei deutet sich damit an: Eine stupende Vielseitigkeit, was Material und Form betrifft - und eine ebensolche Konzentration, eine stets am Material orientierte Versunkenheit, was das Ergebnis betrifft. Dass diese Kunst aus dem Verzicht auf flüchtige äußere Einflüsse resultiert und stattdessen aus der Tiefe eines Dialogs kommt, sieht man sofort, und zwar bei allen Schaffensphasen.

Arbeiten aus den Siebzigerjahren, Papiercollagen und farbige Siebdrucke

Die Schau enthält „frühe“ Arbeiten aus den Siebzigerjahren, Papiercollagen, farbige Siebdrucke - es ist kein Suchen, keine Unsicherheit darin, nur die Kraft geometrischer Formen und der Grundfarben. Radikale Konzentration von Anfang an. 1980 hatte Gabriele Dahms ein Stipendium der Stadt Mannheim erhalten; seitdem unternahm sie längere Reisen, unter anderem in den Fernen Osten, wo die Tao-Philosophie zu ihrer Lebensorientierung wurde. Man erkennt es an Tuschzeichnungen von kalligraphischer Dynamik. Seit 1983 bezeichnete sie ihre Bilder als „Tao“, als „Weg“ - wohl ebenso zu sich selbst als auch zum äußersten Ausdruck lebendiger Formen. Letztlich ist es das, was ihr gelang: die äußerste Konzentration auf Form und Material nicht als Erstarrung, sondern als lebendigen Fluss, in dem auch der Zufall seinen Platz hat.

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Und so steht man als Betrachter vor Farben, Sand, Kratzern, Kontrasten nicht nur aus Schwarz und Weiß, sondern auch aus zartem Japanpapier und grober Wellpappe auf schwarz reflektierendem Lackpapier. Angesichts der Vielfalt ließen sich Material und Technik offenbar nicht immer eindeutig definieren, mitunter wurden nicht nur Papiere, sondern auch textile Stoffe in feuchte Farbe gedrückt, mit weiteren Farbschichten überzogen und teilweise zerkratzt: Kreative Prozesse, die harmonisch ausbalanciert wurden, aber keinen Stillstand bedeuten.

Gabriele Dahms hat zeitlebens ausgestellt, wurde angekauft, war erfolgreich, aber ohne den ganz großen Durchbruch, dessen marktorientierte Mechanik nicht zu ihrer Kunst gepasst hätte. Viele ihrer Arbeiten sind im Besitz von Freunden und Sammlern. Die Stiftung Künstlernachlässe, die weiterhin ihren Nachlass betreut, hofft auf bisher unbekannte Werke und ihre Besitzer.

Freie Autorin MM Kulturredaktion 1974-2001, Fachgebiet Bildende Kunst

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