Mannheim. „Hättet ihr gedacht, dass es so ist?“, fragt ein euphorisch aufgeladener Bülent Ceylan gegen Ende seines ersten Konzert-Heimspiels am Mittwochabend im Mannheimer Maimarktclub. Die Antwort: Großer Jubel von fast 2600 Fans, eine Zahl, die die Erwartungen im Vorfeld übertrifft. Dass ein Profi-Entertainer wie der Mannheimer Comedy-Star auch „fachfremd“ als Frontmann einer vierköpfigen Profi-Metal-Band eine runde Show abliefert, ist eigentlich keine Überraschung – auch, wenn es sich immer noch um seine erste Tournee als Musiker handelt.
Wenn er es als Sänger nicht bringen würde, hätte er ja zum Singen unter der Dusche bleiben können. Und man merkt in jeder Minute, dass sich hier ein glühender Meta-Fan einen Lebenstraum erfüllt. Womit ein zentrales Kriterium des Genres erfüllt wird: Authentizität. Nicht nur dank Lederjacke und Schottenrock.
Tatsächlich kann man nach den gut zwei Stunden im Maimarktclub sagen: 2600 Fans müssen nicht das Ende der Fahnenstange für die Musikkarriere des 49-Jährigen sein, denn das Konzept geht auf – weil die eigenen Songs vom Debütalbum „Ich liebe Menschen“ live gut funktionieren. Von daher macht es viel Sinn, dass Ceylan die Anwesenden um Mundpropaganda bittet: „Erzählt es weiter, damit wir irgendwann die SAP Arena voll machen wie Apache.“
Das wirkt zumindest in Mannheim nicht utopisch. Dabei hat der Abend fast zwangsläufig noch kleine Schwächen. Zum Beispiel ist es in der hinteren Hälfte des Maimarktclubs für ein Rock-Konzert zu leise. Die (grobe) Messung mit dem Smartphone ergibt in der Spitze keine 90 Dezibel, 95 sind erlaubt – aber im Durchschnitt. Weiter vorn wirkt das Konzert wesentlich schlagkräftiger. Also wäre bei dieser Hallengröße eine zweite Reihe Boxen in der Mitte angeraten.
Roland Kaiser telefoniert mit Mutter Ceylan und sendet Grüße
Das zweite Manko: Dass Ceylan am Anfang zwischen den Liedern längere Ansagen mit Comedy-Einlagen und Fan-Interaktion liefert, erwartet zwar ein großer Teil des Publikums, in dem offensichtlich mehr Comedy- als Metal-Fans stehen – und es wird herzlich gelacht. Für den musikalischen Fluss bedeutet das aber natürlich ein ständiges Stop and Go. Auch dafür muss man in größeren Hallen das richtige Maß finden.
Ansonsten stimmt eigentlich alles: Die Konzertdramaturgie zwischen den energetischen „Yallah Hopp“ und „Booom“ an Anfang und Ende des Hauptteils ist gut austariert. Mit Höhepunkten wie „Anders gleich“, „Rüstung aus Hass“ oder „Lieder gegen Nazis“ mittendrin. Seine vielen politischen Songs ordnet Ceylan immer wieder ein und nimmt auch empathisch Anteil an der schrecklichen Bluttat in Aschaffenburg. Dabei stellt er klar, dass er sich zwar laut gegen Rechts positioniere, aber gegen jede Form von Extremismus sei.
Ungewöhnlich für ein Star-getriebenes Projekt, aber gut für die Authentizität: Die klassisch ausgebildete Gitarristin Julia Lange sowie die Rhythmussektion bekommen – und nutzen – den Raum für ausgiebige Soli. Bei den Balladen wird es anrührend – und familiär. „Bei wohin du gehst“ für seine weit entfernt lebende erste Tochter kommen dem Comedy-Star die Tränen – „auch, weil meine Mama heute hier ist“. Hilde Ceylan freut sich im mitreißenden Cover-Teil über Roland Kaisers „Santa Maria“. Und auf Vermittlung ihres Sohns über gelegentliche Anrufe ihres Stars.
Ein mitgeschnittenes Beispiel spielt Ceylan seinen Fans via Handy vor – und wird dann von einer eingespielten Grußbotschaft des Schlagerkaisers überrascht. Es ist also viel geboten, vor allem Abwechslung.
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