Mannheim.. Der Mörlenbacher Roland Junghans ist als Blasser Bertram eine Institution im Odenwald. Die Comedy-Branche kennt ihn als langjährigen Autor von Bülent Ceylan, Entwickler des Mannheimer Comedy Cups und Betreiber einer der wenigen Comedy-Schulen. Im Interview erklärt der 71-Jährige sein neues Projekt: die monatliche Reihe Comedy Company im Blue Tower des Mannheimer Flughafenrestaurants LIndbergh.
Herr Junghans, am 21, Januar starten Sie die Reihe Comedy Company im Blue Tower. Wie ist das Konzept – zum Beispiel im Vergleich zum Quatsch Comedy Club oder Nightwash?
Roland Junghans: Der wichtigste Unterschied ist es sicherlich, dass es hier nicht um Follower und tausendmal gehörte Geschichten geht und dass hier ausschließlich Menschen auf der Bühne stehen, die ich persönlich kenne. Es gibt ja zwei Hautgruppen von Comedians: Die einen haben Talent, die anderen einen Businessplan. Meine Gäste im Blue Tower sind geprüfte Talente!
Hat das Projekt Auswirkungen auf den Mannheimer Comedy Cup im Capitol, den Sie 2013 iim Capitol nitiiert haben?
Junghans: Es hat auf jeden Fall Nachwirkungen, denn schon lange habe ich nach zusätzlichen und vor allem hochwertigen Auftrittsmöglichkeiten gesucht, um zum Beispiel die Finalteilnehmer beim Comedy Cup gleich im Anschluss in ihrer Karriere besser fördern zu können.
Comedy Company – der Titel klingt irgendwie geschäftlich, oder?
Junghans: Comedy Company war tstsächlich der Name meiner ersten kleinen Comedy-Firma 1994. Eine GbR mit David Flasch, dem späteren Headwriter von Harald Schmidt, sowohl bei Brainpool als auch bei Bonito. Dann wurde David Autor von “Wetten dass...?”, Erfinder der "Heute Show”, “Switch Reloaded”, “Knallerfrauen” und so weiter. Wir haben zusammen Gags geliefert an Harald Schmidt, Rudi Carell (“7 Tage - 7 Köpfe”) und “RTL-Samstag Nacht”. Nachdem David als fester Autor direkt zu Endemol und Rudi Carell wechselte und ich bei RPR Eins blieb, habe ich ihn später in der GbR - immer noch als Comedy Company durch den jungen Bülent ersetzt. Dann haben wir die GbR zu einer GmbH & Co KG gemacht unter der Beteiligung und der GF der "Blue Cat”-Mediengruppe aus Berlin.
Ziel der GmbH war?
Junghans: Unser Hauptgeschäft sollte die Vermarktung von Bülent werden. Da gab es dann aber Kontroversen mit der Geschäftsführung, und ich habe die Firma aufgelöst, viel Geld verloren und dann die Ceylan GbR gegründet. Jetzt wird der Name wieder gebraucht, denn ich habe schon lange von einem Comedy-Pool geträumt. Eine Ansammlung von JÜV-geprüften Comedians, für die ich jederzeit mein Zwerchfell ins Feuer legen würde!
JÜV?
Junghans (lacht): Junghans'scher Überprüfungsverein.
Sagen Sie kurz etwas zu den vier Künstlerinnen und Künstlern beim „Opening Mix“ im Blue Tower.
Junghans: Ich starte natürlich gleich mal mit herausragenden Acts, mehrfach erprobt und gelobt! Das wird aber im Laufe des Jahres garantiert nicht weniger gut! Katharina Block, die frisch gekürte Gewinnerin des Mannheimer Comedy Cups 2024 und Mutter von fünf Kindern, überzeugt mit scharfsinnigem Witz und einer ordentlichen Portion Lebenserfahrung. Sie hat sich blitzschnell in der Comedy-Szene etabliert – vom “Quatsch Comedy Club” bis zum eigenen Abendprogramm. Zu Luca Brosius: Ob Promi-Imitationen oder urkomische Eigenkreationen – Luca begeistert mit seiner Wandlungsfähigkeit und sprühendem Humor. Luca ist der Sieger des Comedy Cup 2018 und seitdem in verschiedenen Formaten zu erleben. Dass er mit Mister Bean verwandt sein soll, ist ein Gerücht, denn der spricht kein saarländisch! Helene Mierscheid ist eine Frau mit Tiefgang und scharfem Kabarett-Humor. Barbara Friedl-Stocks, alias Helene, begeistert mit ihrer unnachahmlichen Mischung aus Fakten und frecher Fantasie. Ihre Wurzeln in der Region verleihen ihrem Auftritt einen ganz besonderen Charme.
Amir Shahbazz ist in der Region kein Unbekannter, hat Ihre Schule absolviert, zweimal den Comedy-Cup gewonnen und war beim KulturGut-Festival dieser Redaktion dabei – wohin führt seine Entwicklung?
Junghans: Ich habe von Anfang an zu Amir einen guten Kontakt gehalten, weil ich nicht wollte, dass er irgendwo auf der Strecke bleibt, da seine persönliche Witzigkeit zu ganz besonderen Pointen führt. So wie er Allerweltsdinge analysiert und auf die Spitze treibt, können das nicht viele in der Branche! Amir hatte schon immer einen hohen Anspruch und hat sich von Wegwerf-Lachparaden ferngehalten. Getreu meinem Schul-Motto: Nicht das Erstbeste verwenden, sondern das Bestmögliche suchen! Wer ihn live erlebt, wird das alles verstehen. Amir ist etwas ganz Besonderes!
Zur Person und zur Reihe Comedy Company
Roland Junghans wurde am 13. Oktober 1953 in Heidelberg geboren und lebt in Mörlenbach. Die Komiker-Karriere begann mit 14 in der Bütt der Mörlenbacher Wasserschnecken, seit 1980 sorgte Junghans als Blasser Bertram mit Odenwälder Dialekt-Rock für Furore.
1994 startete Junghans als Comedy-Autor u. a. für RPR1, die „Harald Schmidt Show“ oder „RTL Samstag Nacht“. Von 1998 bis Ende 2018 war er Exklusiv-Autor des Mannheimer Comedians Bülent Ceylan.
Seit 2013 veranstaltet er mit dem jährlichen Mannheimer Comedy Cup im Capitol einen Profi- und Nachwuchswettbewerb, bei dem mit seiner professionellen Unterstützung in vorbereitenden Workshops schon viele heutige Größen ihre Starthilfe erlebten. Unter anderem Torsten Sträter, Ingmar Stadelmann oder Johannes Schröder.
Der bei den Bewerbern, laut JUnghans, "dazu erkennbaren, dringend nötigen Bedarf an grundsolider Ausbildung", motivierte ihn 2019 zur Gründung der einzigen Comedy-Schule der Region. Dort setzt er wichtige Impulse für das Genre.
Junghans neues Projekt: Die monatliche Reihe Comedy Company startet am Dienstag, 21. Januar, im Blue Tower des Mannheimer Flughafenrestaurants Lindbergh. Mehr Infos und die weiteren Termine unter restaurant-lindbergh.de
Diese Generation und die ganz jungen Comedians scheinen sich stark am Format der Netflix-Specials zu orientieren. Nach 70 guten Minuten ist bei vielen Künstlern etwa aus der Gefolgschaft des Berliners Felix Lobrecht buchstäblich die Luft raus – muss das im TikTok-Zeitalter so sein?
Junghans: Nun ja, es hat sich eingebürgert, gerade dort, wo der Businessplan Talent ersetzt, dass man mit wenigen guten Gags – wenn überhaupt - und vielen einfach gestrickten, auf Lachen aus Reflex ausgerichteten Späßchen auch ganz gut unterhalten kann. Oft fehlt es da aber an Tiefgang, an Raffinesse und vor allem an Haltung. Und ein komplettes, durchgestyltes und erprobtes Abendprogramm zu präsentieren, richtig mit Vorpremieren, Premieren und Tour mit adäquaten Locations, mit einem hohen Maß an Individualität und Personality ist vor allem deshalb out, weil es für viele leichter ist, mit ein paar guten Nummern durch die Lande zu ziehen und sich darüber eine Popularität zu sichern.
Möchten Sie Beispiele nennen?
Junghans: Ich kann mich erinnern, dass vor ein paar Jahren ein junger Comedian in einer Comedy-Kollegen-Facebook-Gruppe gefragt hat, ob jemand einen Tipp für ihn hätte zu seiner bevorstehenden Premiere am folgenden Samstag. Nachdem klar war, dass er bisher keinerlei Kurzauftritte bei Open Mics oder Mix Shows absolviert hatte, wurde er mit einer Vehemenz überfallen, um ihm Wahnsinn, Dummheit und Unprofessionalität zu attestieren. Ich habe ihn dann persönlich angeschrieben und ihm dazu gratuliert, dass er seinen Weg so geht, wie ihn ein echter Comedian anstreben sollte. Ich bin sicher, nur die, die diesen Beruf vollumfänglich und stabil ergreifen und ausüben, werden damit längerfristige Bekanntheit und Erfolg erzielen. Ich habe schon sehr viele vermeintliche Riesentalente nach ein paar Jahren wieder verschwinden gesehen.
Die Zeiten von drei bis vierstündigen Auftritten wie früher bei Urban Priol, Hagen Rether oder Ihrem Ex-Partner Bülent Ceylan scheinen trotzdem vorbei zu sein, oder?
Junghans: Ich hoffe nicht! Es scheint mir allerdings so zu sein, dass nur die Talente, die auch den Umfang der Arbeit, den notwenigen Fleiß und das Handwerk begriffen haben, in die Bereiche kommen können, wo sie große Hallen füllen können. Eine bekannte Expertin, Karin Knop vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Uni München, hat kürzlich gesagt: "Die deutsche Comedyszene leidet unter einem Nachwuchsproblem, denn aus der Vielzahl begabter Nachwuchs Comedians schaffen es dann letztlich nur wenige in die Riege der Preisträger." Das liegt aber nicht an fehlenden Talenten, sondern an der veränderten Wahrnehmung dieser Humor-Arbeit. Es gibt sehr viele, die die ersten Schritte mehr stolpern als gehen, die unrealistisch gelobt werden und dann ihre nötige Weitentwicklung verdaddeln. In diesem fast schon in sich geschlossen Comedy-Bereich werden viele zu einem leichten Opfer oder versauern in kleinen Mixshow-Projekten und geben auf. Es werden aber – so hoffe ich – immer wieder ein paar gute Comedians durchkommen. Dazu muss ich aber meinen neuen „Beruf“ begreifen. Ich muss täglich an meinen Texten arbeiten, prägnante und ausgefeilt dichte Programm liefern und sowas zu erarbeiten bedingt eine intensive Vorbereitung mit dem entsprechenden Zeiteinsatz.
Comedy-Shows werden kürzer, dafür gibt es immer mehr. Zumindest in Mannheim. Schatzkistl und Klapsmühl‘ buchen längst auch junge Komikerinnen und Komiker. Im Rosengarten oder Capitol treten seit Jahren mehr Comedy- als Rock-Stars auf, dazu die SAP Arena und der neue Papperlapapp Club – wird das nicht langsam etwas viel?
Junghans: Das ist - wie so oft – eine Frage von Angebot und Nachfrage. In den sozialen Medien wurde das, was belustigt, wahrscheinlich zusammen mit dem, was erschreckt am häufigsten konsumiert. Daraus entwickeln sich dann diese Kurzformate. Das ist meiner Meinung nach aber einfach eine andere, neue Ebene und keine Abwandlung der etablierten, abendfüllenden Comedy-Formate.
Wie sehen Sie die Zukunft des Papperlapapp-Projekts auf diesem umkämpften Mannheimer Markt?
Junghans: Zuerst einmal habe ich vollen Respekt für diesen Schritt von Dennis Boyette und Andreas Gratzmann und hoffe für sie, dass da ein regelmäßiger Betrieb vor Ort auch erfolgreich wird. Die Papperlapapp – Mix Show ist ja schon ein bisschen erprobt und da könnte sich in Mannheim etwas dauerhaft entwickeln.
Und Jens Wienands schon etwas eingeführteres Impro-Theater?
Junghans: Das ist eine ganz andere Hausnummer. So gerne ich besonders akribisch entwickelte Pointen mag, aber mit intelligenten, geübten Spielerinnen und Spielern in einem erfahrenen Ensemble kann jedes Publikum von Anfang bis Ende viel Spaß haben. Der große Erfolg des Impro-Theaters gibt den Schöpferinnen und Schöpfer recht. Was aus diesen kreativen Köpfen, mit entsprechend gutem Bildungsstand spontan an Witzigkeiten herausbricht, ist dabei oft besser als gescriptetes Material von weniger lustigen Leuten. Ich habe da schon ganze Abende komplett durch gelacht - und das will was heißen! Nicht umsonst habe ich in der Grundausbildung der Comedyschule, wo es mir darauf ankommt, individuell zu erkennen, wie ein Mensch in Bezug aufs lustig sein tickt, einiges an Impro-Methoden involviert. Und Jens Wienand ist ja auch einer der Dozenten der Comedyschule.
Zum Schluss "something completely different": Als Blasser Bertram haben Sie den Mörlenbacher Artistwithoutaname beim Siegertitel unseres Songwriting-Contests Monnem Xmas gesanglich unterstützt. Was bedeutet Ihnen so ein erster Platz, der quasi ohne Humor zustande kommt?
Junghans: Ich habe mich riesig gefreut, denn das Mitsingen war es nicht alleine. Ich habe mich für die Umsetzung des Songs mit verschiedenen Sängerinnen und Sänger als Vermittler eingesetzt und war glücklich, dass mir doch einige große Namen der Mannheimer Musikszene ihre Mitwirkung sofort zugesagt haben. Der Florian Sürie macht schon länger Musik und stellt seine eigenen Songs im Internet vor. Jetzt habe ich mal einen Fokus auf ihn richten lassen, der ihn hoffentlich weiter motiviert. Und dann war das ja auch noch für eine gute Sache. Das Preisgeld wird verdoppelt und gespendet!

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