Mannheim. Aller Anfang ist schwer: So geht es auch der Reihe Comedy Company bei der Premiere am Dienstagabend im Blue Tower des Mannheimer Flughafenrestaurants Lindbergh. Die Comedy läuft inhaltlich sehr gut, vor allem vergleichsweise originell. Der Aspekt Company - wenn man es mit Gesellschaft übersetzt, in Form von Publikumsresonanz - ist allerdings stark ausbaufähig. Wer den Raum aus der Hochzeit der Konzert-Partys der Montag-Sessions mit Shebeen kennt, staunt erstmal, dass vielleicht ein Fünftel der Kapazität benötigt wird. Voll bestuhlt fänden hier 250 Leute Platz. Dafür lachen die Anwesenden im Prinzip den kompletten Abend durch.
Vier Comedians auf der Bühne bei Bülent Ceylans Entdecker
Grundsätzlich ist die Location aber gut gewählt, von der Größe her vernünftig dimensioniert, schön illuminiert und die Bühne eingerichtet wie die loungige Variante eines Loriot-Wohnzimmers. Dass der nur sparsam bestuhlte kleine Saal mehr Zuspruch vertragen könnte, merkt auch Veranstalter, Comedy-Lehrer Roland Junghans an, der anmoderiert und aufwärmt. Unter anderem mit einer melancholischen Nummer über das Vergessen: „Leere Stühle würde ich gern vergessen“, sagt der langjährige Exklusiv-Autor und Entdecker von Bülent Ceylan. „Aber ,Herzlich willkommen!’ an die, die es trotzdem geschafft haben.“
Natürlich macht der Routinier auch schnell klar: „Wir sind zum Lachen hier - herzlich, intensiv, ehrlich.“ Wie das geht, will er mit jeweils zwei Künstlerinnen und Künstlern demonstrieren, „die alles, außer gewöhnlich sind“. Alle vier haben Bezug zum Mannheimer Comedy Cup, den Junghans seit 2013 im Capitol mit inzwischen enormer Resonanz organisiert. Auch das brauchte seine Zeit.
Katharina Block liefert den ersten Werbe-Block für den Comedy Cup
Die Ehre des ersten Auftritts bei der neuen Reihe Comedy Company hat die amtierende Comedy-Cup-Gewinnerin in der Nachwuchskategorie: Katharina Block. Typ handfeste Westfälin und vielleicht doppelt so alt, wie man sich eine Newcomerin eigentlich vorstellt. Aber: Die Gags der Spätstarterin wirken frisch und trotz familiärer Alltagsthemen unverbraucht. Sie kann mit etwas punkten, was dem derzeit trendenden jungen Comedy-Geschwader mitunter abgeht: Lebenserfahrung.
Sie kokettiert charmant nicht nur damit, dass man als Nachwuchskünstlerin nicht unbedingt 25 sein müsse, sondern bekennt auch, dass sie keine gebürtige Comedienne sei. Sondern Juristin mit drei Examen und fünf Kindern. Sie kann also Geschichten aus dem Leben erzählen und hat keine Scheu sich unbeliebt zu machen, vor allem nicht bei Männern und Mannheimern.
Es ist eine ganz gute Zeit, um Comedy zu machen, denn die Welt ist ziemlich im Eimer: Trump ist Präsident, der Döner kostet zehn Euro und Elon Musk macht den Hitlergruß.
Nach Junghans’ leicht dialektal gefärbter Einführung konsultiert Block erstmal den Google-Übersetzer für Mannheimerisch und kontert schnoddrig Vorurteile gegen ihre Heimat, den Ruhrpott: „Ist Mannheim schön?“ In das laute Murren legt sie nach: „Okay, es gibt vielleicht schöne Ecken. Die gibt es bei uns in Wuppertal auch. Aber wenn du um die Ecke rumguckst….“ So wird Blocks Auftritt der erste Werbe-Block für die Qualität des Comedy Cups, dessen Talente hier vorwiegend ins Schaufenster gestellt werden. Darunter waren auch heutige Stars wie Torsten Sträter oder Ingmar Stadelmann.
Der Nächste in dieser Reihe könnte Amir Shahbazz sein, der von Junghans Ausbildung an der hiesigen Comedyschule derart profitiert, dass er den Cup schon als Profi und Newcomer gewann. Der Lokalmatador aus Südhessen hat sich krank auf die Bühne geschleppt. Sein leicht sediert wirkender Zustand unterstreicht seinen trocken-lakonischen Stil, der die besten Pointen des Abends produziert. Man nimmt ihm sogar Witze über die Art seiner Infektion ab, bei denen einem seit der Pandemie normalerweise das Lachen vergehen würde.
„Ich bin so gut integriert, ich brauche schon meinen TÜV Süd“
Geschickt tangiert er immer wieder die Grenze zum politischen Kabarett: „Es ist eine ganz gute Zeit, um Comedy zu machen, denn die Welt ist ziemlich im Eimer: Trump ist Präsident, der Döner kostet zehn Euro und Elon Musk macht den Hitlergruß. Was gibt es sonst noch Neues?“ Gekonnt spielt er mit Missverständnissen und Vorurteilen um seine pakistanischen Wurzeln: „Ich bin aktuell auf Abschiedstour - zumindest wenn es nach der AfD geht.“ Dabei sei er fast zu gut integriert: „Ich kann nicht in Bulgarien oder so Achterbahn fahren. Ich brauche schon meinen TÜV Süd.“
Mit Odenwälder Migrationshintergrund reist Helene Mierscheid aus Berlin an - mondän gewandet im Kleid mit Leoparden-Muster. „Man nennt mich auch den Leopard 2 des Kabaretts. Morgen werde ich nach Saudi-Arabien geliefert.“ Die Lebens- und frühere Politikberaterin mit kaum zu bremsender Spielfreude meint das insofern ernst, als dass sie überwiegend Scholz, Ampel, Lindner, Musk und Co. abhandelt.
Nach Amir Shahbazz und Helene Mierscheid wird es „besonders“
Luca Brosius kündigt Junghans zum Schluss als „besonders“ an. Tatsächlich versprüht der Stuttgarter optisch erstmal den Charme alter Autoverkäufer-Klischees. Aber vor allem als Parodist agiert er beeindruckend nah an der Art von Wahnsinn, der etwa Bülent Ceylan einst aus der Comedy-Masse herausstechen ließ. Da ist es fast egal, ob Brosius Mannheimer, Trump Lauterbach, Özdemir oder Spongebob nachspielt.
Fazit: Vor vergleichbaren Mix-Shows wie dem Quatsch Comedy Club oder Nightwash muss sich die Comedy Company nicht verstecken. Eher im Gegenteil. Für schmale 34 Euro hätte dieser originelle Abend mehr Resonanz verdient, trotz bitterkalter Witterung und zunehmender Konkurrenz in Mannheim. Aber es geht weiter, an jedem dritten Dienstag im Monat. Am 18. Februar gibt es eine Fasnachtsausgabe. Auf der Homepage restaurant-lindbergh.de finden sich Termine bis 16. Dezember. Nach dem Motto: Wenn der Anfang schwer ist, braucht es langen Atem.
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