Mannheim. Es ist ein Werk, das sich anfühlt, wie ein Bekenntnis. Nachdem das Urban Art-Projekt Stadt.Wand.Kunst der Alten Feuerwache in Mannheim zuletzt diverse Spielarten zwischen Material und Form ausgetestet hat, kehrt die Serie auf Franklin an die Wurzeln des wahren Graffiti zurück. Es ist der Künstler Cédric Pintarelli, in Kunstkreisen besser bekannt als Sweetuno, der diesen Auftrag an einem der ehemaligen Kasernengebäude des US-Militärs auf Konversionsgrund ausführen darf. Der in Mannheim und Heidelberg lebende Künstler ist in der Region durch diverse Arbeiten für Orchester und Theater längst kein Unbekannter mehr. Und er verkörpert einen reduzierten, puren Stil, der schon längst vor dem Trend des sogenannten Stylewriting Buchstaben und Formen zu einem kompositorischen Ganzen auf Wände bannte.
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Seit 35 Jahren ist Sweetuno als Künstler aktiv. Wer den selbstbewussten Künstler nach den Wurzeln seiner Inspiration fragt, erfährt, dass es bereits der kleine Junge war, der Worte auf einem Skizzenblock illustrativ zu Geltung verhelfen wollte – um einige Jahre später das Bewusstsein zu entwickeln, seine Formen auch im echten gesellschaftlichen Leben sichtbare Wahrheit werden zu lassen.
Das Werk als wandelndes Leben
Pintarelli entwickelte einen Stil, eine eigene kreative Handschrift, die aber auch stets nach Neuem auf der Suche blieb. „Fasziniert hat mich der Gestus des Schreibens, aber ohne Buchstaben“, wie es der der gebürtige Schweizer im Gespräch mit dieser Redaktion zum Ausdruck bringt. Dass der Street Artist folgerichtig nicht an fest gezurrte Konzepte glaubt und sein Heil in einer Kunst sieht, die organisch lebt, scheint da nur folgerichtig – wenn auch die Tiefe der künstlerischen Reflexion überrascht. Denn, ganz wie Beuys damals mit seiner wohlbekannten Aussage, ein Foto von ihm sei nun einmal nicht er, sieht auch Sweetuno sein Werk als wandelndes Wesen, das zu jeder Tageszeit und mit jeder Erkundung eine ganz andere, neue Wahrnehmung erzeugen soll.
„Eine schenkende Geste“
Wer dementsprechend eine grundsolide und bis in Details durchdeklinierte Beschreibung öffentlich sichtbarer Kunst bevorzugt, wird bei Sweetuno mitunter seine lieben Probleme in der adäquaten Deutung haben, dafür aber überrascht feststellen dürfen, dass auch oder gerade das visuell imponieren kann, was im positiven Sinne aus der Reihe des Erwartbaren fällt.
„Writing Without Letters V“ ist so gesehen im staubigen Baustellenlärm der Thomas-Jefferson-Straße auf einem modernisierten, aber historisch erhaltenen Bestandsgebäude der Armee nicht nur die Evolution eines Spiels zwischen Linien und Orthografie. Es ist auch ein neues Kapitel in dem ohnehin schon reichen Band künstlerischer Stile, die sich bei Stadt.Wand.Kunst schon verewigt haben.
Zum Pressetermin fehlen Sweetunos Werk zwar noch das knallige Rot und auch so manche detaillierte Linie wird in den kommenden Tagen noch fertig gesprüht, doch das passende Fazit hat Cédric Pintarelli im Gespräch mit dem „MM“ schon auf den Lippen: „Für mich ist Kunst im urbanen Raum eine schenkende Geste. Denn wenn ich in eine Arbeit meine ganze Liebe und Leidenschaft einfließen lasse, kann ich guten Gewissens sagen: Guten Tag, liebe Welt, ich bin Sweetuno – und an diesem Ort gibt es jetzt auch ein Geschenk von mir.“
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