Premiere in der Klapsmühl

"Schnurz oder nicht schnurz?" - das fragt sich Mannheims Kabarett Dusche zum 50.

Das Satire-Trio feiert am 28. Oktober in der Klapsmühl die Premiere von "Schnurz ... das 50. Programm!" und huldigt dabei seinem seit 1976 aktiven Gründervater Wolfgang Schmitter. Wir waren bei der Hauptprobe dabei

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Das Dusche-Ensemble beim Tanz um die (fast) goldene 50 (v.l.): Mitgründer Wolfgang Schmitter, Josefin Lössl und Hans Georg Sütsch auf der Klapsmühl’-Bühne. © Klotz

Mannheim. Das Mannheimer Kabarett Dusche gilt als eines der ältesten Kleinkunstensembles der Republik. Dieses heute dreiköpfige Satireteam sieht einem beachtlichen Jubiläum entgegen: Am Freitag feiert „Schnurz … das 50. Programm!“ Premiere in der Klapsmühl’ am Rathaus – nach zwei coronabedingten Verschiebungen. Das macht auch Mitgründer Wolfgang Schmitter, der am 1. November 75 Jahre alt wird, zum wahrscheinlich am längsten aktiven Ensemble-Kabarettisten Deutschlands. Beschwören will er das im Gespräch am Rande der Hauptprobe am Montagabend zwar nicht. Nur: Das Düsseldorfer Kommödchen oder die Leipziger Pfeffermühle gäbe es länger als die Dusche, „aber mir fällt niemand ein, der länger als seit 1976 in einem Ensemble spielt.“

Von Ferne grüßt Hape Kerkeling

Natürlich steht der frisch frei getestete Gründervater im Jubiläumsprogramm (neben den durchnummerierten Politsatire-Shows haben die Dusche-Mitglieder in 45 Jahren noch ähnlich viele weitere Produktionen konzipiert) erst mal im Mittelpunkt. Wie ein Rufer in der Wüste posiert Schmitter anfangs im Halbdunkel vor einer beeindruckend beleuchteten, imposanten 50 und ruft „Schnurz!“ Das erinnert nicht von ungefähr an Hape Kerkelings brillante Parodie überambitionierter Neuer Musik um die Fantasievokabel Hurz. Das Zauberwort aus dem Sketch-Klassiker greifen Hans Georg Sütsch und Josefin Lössl auch gleich auf, nachdem sie ihren etwas entrückt wirkenden Dienstältesten gefunden haben.

Die Dusche-Geschichte


  • Im Spätsommer 1976 gründeten Klaus-Jürgen Hoffmann (1952-2011) und Wolfgang Schmitter, Jahrgang 1947) das Kabarett Dusche. Geprobt wurde zunächst in der Alten Feuerwache. Hauptspielstätte in Mannheim war bis 1981 das Haus der Jugend. 1982 wurde die Klapsmühl’ am Rathaus bezogen.
  • Das 1. Programm „1990! … was nun?“ feierte am 26. Mai 1977 Premiere. Mitwirkende: Mechthild Berwarth, Klaus-Jürgen Hoffmann, Manfred Fischer, Gerhard Pappe, Wolfgang Schmitter, Fabian Schlusser, Ulrike Stegmüller und Dieter Fiebelkorn (Klavier).
  • „Schnurz … das 50. Programm!“ geht am Freitag, 28. Oktober, 20 Uhr, erstmals in der Klapsmühl’ über die Bühne. Mit Josefin Lössl, Wolfgang Schmitter, und Hans Georg Sütsch, unter der Regie von Jürg Hummel.
  • Weitere Termine: 29. und 30. Oktober, 11.-13., 17.-19. 24.-27. und 30. November, 1., 4., 10., 11. und 31. Dezember (Silvestergala). Karten unter eventim.de

Sofort entspinnt sich einer der typischen spitzzüngigen Dusche-Wortduelle: Die bisherigen 49 Programme sehe man ihm gar nicht an, charmiert Sütsch (bei 41 Dusche-Premieren an Schmitters Seite). „Der könnte glatt noch mal 49 machen“, assistiert Lössl, die erst zarte 24 Programme hinter sich hat. „Dann wäre ich ja älter als die Queen“, brummt Schmitter abwinkend. Auch Blochs hoffnungsvolles philosophisches Prinzip will er nicht im Blut haben: „Geschwurbel“, knurrt er und geht sogar auf Distanz zur SPD..

Schmitters Quintessenz aus 49 Politkabarettprogrammen klingt auf der Bühne dann auch fast fatalistisch, als habe Satire in all den Jahren nichts ausrichten können: „Geschichte wiederholt sich mindestens dreimal“, bilanziert er trocken. Erst als Tragödie, später als Farce – „und dann ist es schnurz!“ Später bemüht er noch die kosmologische Perspektive, aus der sich nun wirklich alles auf Staubkornniveau und darunter relativiert: „Am Ende macht die Sonne noch ein Erdverdauungsbäuerchen und schrumpft zum gelben Zwerg.“ Immerhin. Das erste Lied des Abends stimmt (wie die weiteren auch) wieder etwas fröhlicher. Auch wenn der Refrain lautet: „Mir ist alles piepe, mir ist alles schnurz."

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Dass ihm nach 46 Jahren Kabarett alles egal wäre, lässt Schmitter beim Nachgespräch nicht stehen. Eher im Gegenteil: „Der Titel ,Schnurz’ drückt aus, dass es so nicht weitergehen kann mit unserer Erde. Das muss auch nicht das letzte Programm gewesen sein“, sieht der Dusche-Chef die 50 keineswegs als Zäsur für sich selbst oder die Mannheimer Kabarett-Institution. Und zum überbordenden Optimismus hatte er schon 1976 wenig Talent. Das legt zumindest Schmitters Antwort auf die Frage nahe, ob er sich vor der ersten Premiere 1977 ein 50. Programm hätte vorstellen können: „Nicht mal ein halbes Jahr hätte ich mir vorstellen können“, sagt er lachend.

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Selten erreichtes Jubiläum

Lachen ist hier natürlich vor allem angesagt, auch bei einem selten erreichten Jubiläum im ernsthaften Kabarett, das sich trotz all der Dienstjahre auch noch nie mit so einer trüben Weltlage auseinandersetzen musste. Aber das routinierte Trio macht daraus mit heiterer Gelassenheit gute Unterhaltung, ohne den satirischen Anspruch mit zu viel Comedy-Elementen zu verwässern. Sütschs Energie beim Pendeln zwischen gesundem Menschenverstand und Verschwörungsirrsinn zündet dabei wie immer. Genau so Lössls beeindruckende Vielseitigkeit und Schmitters Paraderollen (Winfried Kretschmann, Opa Schmittke). Denn handwerklich ist hier natürlich gar nichts schnurz.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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