Mannheim. Neue Kunst am anderen Ort. Im Projektraum „Zoom“ in der Rhein-Galerie, wo der Ludwigshafener Kunstverein während der Sanierung seiner angestammten Räume im Bürgermeister-Reichert-Haus die Vermittlungsarbeit fortsetzt, ist neue Kunst eingezogen. Interims-Direktorin Jasmin Meinold, die die erkrankte Jana Franze-Feldmann vertritt, hat die Fotografin Alex Heide eingeladen, mit ihr eine Ausstellung zu organisieren. Das Ergebnis passt zur Einkaufsmall mit ihren vielen Passanten, denn die „Floor Pieces“ (also Bodenstücke) der 1984 geborenen Berlinerin Alex Heide wollten nicht nur betrachtet, sondern buchstäblich begangen werden - und wurden das auch wirklich.
Was jetzt großformatig schräg an der Wand lehnt oder etwas kleiner doch wieder hängt, lag zuvor auf dem Boden und ist zahlreich betreten worden. Einen weiblichen Rückenakt sieht man, eine Szene mit einer anscheinend schlafenden Person, die wie ein Obdachloser wirkt, ein abstrakt anmutendes Bild mit einem Kopf, einen Bodybuilder, der sich wegdreht, und zudem drei Bilder, welche die Lust am Essen in Szene setzen. Auf den Oberflächen sieht man Schmutzpartikel und Fußspuren, weil diese fotografischen Originale eben öffentlich auf dem Boden lagen und über sie hinweggelaufen wurde, im Falle der Essensszenen gar in den Toiletten eines Clubs.
Es geht um Interaktion
Ein Bild ist für Alex Heide kein Gegenüber, zu dem man Distanz hält und das ein reflektiertes Betrachten erfordert. Ihr geht es um Interaktion, direkten Kontakt, soziale Strukturen, und das kommt im Kontext der Rheingalerie noch besonders zur Geltung. Zum Nachdenken und stillen Betrachten laden die Arbeiten nun zwar doch wieder vor allem ein, der andere Kontext, in dem sie stehen, teilt sich aber dennoch mit. Klar ist immerzu auch, dass es hier gilt, das eigene Verhältnis zum Bild und zu seinen Motiven mit einzubeziehen - und dass Alex Heide an einer etwas anderen Form von Kunst gelegen ist. Schon der Titel der Schau weist darauf hin: „Liquid Zone“ - gewohnte Kategorien sollen gleichsam verflüssigt werden.
Gleich daneben, dort, wo der Vormieter, ein Bekleidungsgeschäft, Umkleidekabinen bereithielt, wartet ein weiteres Kunstprojekt auf Besucher. „Fail easy“ nennt das zwölfköpfige Leipziger Kollektiv Fine Arts Institute seine Gestaltung, denn leicht geschieht es, dass man eben scheitert; in der durchgetakteten Gegenwart gerät man schließlich rasch einmal aus der Spur. Man befindet sich hier in einem zeltartigen Innenraum, hört bei wechselnder Beleuchtung ein wenig Musik und ist eingeladen, mit den Kunstakteuren oder anderen Besuchern ins Gespräch zu kommen. Auch hier macht der Konsum eine Pause, was der ironische Untertitel des Projekts, „Unnötiger Aufenthalt“, betont. Das Phänomen öffentlicher Raum ist weit gefasst; das soll einem hier deutlich werden, und das Leipziger Kollektiv will es im September dann auch im größeren Schauraum vorne zu bedenken geben.
Infos: „Zoom“, Rheingalerie (Parterre) bis 3. Juni, Di bis Sa 11-20 Uhr.
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