Ludwigshafen. Frau Heyl, die BASF hat angekündigt, zu sparen. Das trifft auch das gesellschaftliche Engagement und damit die traditionsreiche Kulturförderung. Gibt es dafür ein konkretes Konzept und können Sie beziffern, wie viel das Unternehmen weniger ausgiben kann?
Karin Heyl: Vorweg sei gesagt: Die BASF SE setzt ihr gesellschaftliches Engagement, und dazu gehört auch die Kulturförderung, fort – trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage in Folge des Ukraine-Kriegs, der Energie- sowie der Klimakrise. Wir bringen uns auch künftig mit finanziellen Mitteln ein. Eine weitere wichtige Säule ist und bleibt auch der persönliche Einsatz unserer Mitarbeitenden für die Gesellschaft und deren Zusammenhalt.
Trotzdem geben Sie weniger Geld aus und lassen zum Beispiel nach 2024 die Unterstützung der Foto-Biennale auslaufen.
Heyl: Aber natürlich müssen wir auch im gesellschaftlichen Engagement einen Beitrag leisten, wenn gleichzeitig am Standort der Verbund angepasst und Stellen eingespart werden müssen. Da ist es selbstverständlich, die zur Verfügung stehenden Mittel zu prüfen und mit Bedacht einzusetzen. Das tun wir, indem wir uns auf zentrale Schwerpunkte fokussieren. Wir nehmen gegenüber dem bisherigen, regionalen Budget von etwa 25 Millionen Euro Kürzungen von etwa 20 Prozent vor – wohlgemerkt insgesamt und über einen Zeitraum von zwei Jahren. Das gibt allen Beteiligten die Möglichkeit, mit längerem Vorlauf zu planen und zu reagieren. All das haben wir mit allen Partnern bereits früh und im engen und vertrauensvollen Austausch besprochen.
Der Fokus der Förderung soll künftig stärker auf Bildung liegen – ist nicht fast jede Form von Kultur auch Bildung?
Heyl: Beim Fokus Bildung geht es uns vor allem um MINT-Bildung und Bildungsgerechtigkeit. Hier sind wir schon sehr aktiv und die Corona-Krise hat noch weitere Schwachpunkte aufgezeigt, an denen man ansetzen kann. Unter dem Dach Offensive Bildung bündeln wir unsere umfangreichen Bildungsaktivitäten. Dazu zählen zum Beispiel unser Engagement für Jugend forscht oder unsere Kids‘, Teens‘ und Virtual Labs. Ab April sind wir auch mit Schülerlaboren auf der BUGA in Mannheim vertreten. Die kulturelle Bildung wird in diesem Zusammenhang weiter eine Rolle spielen und wir fördern auch weiterhin kulturelle Veranstaltungen. Unser Konzertprogramm trägt für die Belegschaft und unsere Nachbarn zu einer höheren Lebensqualität bei. Wir engagieren uns zum Beispiel auch weiter für das Wilhelm-Hack-Museum oder den Ludwigshafener Kunstverein. Es geht eher darum, Gelder aus ausgewählten, kulturellen Eventssponsorings sukzessive in Bildungsthemen zu transferieren.
Neben der Bildung sehen wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt als weiteren Schwerpunkt. Wir fördern deshalb weiter die vielfältige Vereinslandschaft, das Ehrenamt und soziale Initiativen. Unsere Mitarbeitenden können sich auch weiter zum Beispiel in Mentoringprogrammen, bei Anpacktagen und dem Mitmachmarkt engagieren.
Nachdem die BASF den Vertrag als Hauptsponsor der Foto-Biennale 2024 nicht weiterführt: Welche Festivals und Kulturinstitutionen bekommen weniger Unterstützung?
Heyl: Dort, wo wir über die kommenden Jahre Kürzungen vornehmen müssen, haben wir bereits frühzeitig mit allen Partnern über die wirtschaftliche Lage und unsere Einsparungen gesprochen, auch um ihnen genug Vorlaufzeit zu geben, zu reagieren. Das gilt natürlich auch, wenn wir nach der Vertragslaufzeit das Engagement einstellen beziehungsweise . entlang unserer Fokussierung umschichten müssen. Wir setzen unser kulturelles Engagement mit großem Einsatz fort, müssen es aber immer auch vor dem Hintergrund des wirtschaftlich Sinnvollen und Möglichen bewerten. Wir erleben einen Krieg in Europa, der auch auf alle in der Metropolregion große Auswirkungen hat – auf Gesellschaft, Politik und Unternehmen.
Nehmen wir einmal Beispiele heraus: Das Festival des deutschen Films zum Beispiel gäbe es ohne die BASF wohl gar nicht in Ludwigshafen. Da zahlt sich Ihr Engagement sicher auch als weicher Standortfaktor für Ihre Belegschaft aus. Ist es überhaupt denkbar, die Unterstützung dafür einzuschränken?
Heyl: In der aktuellen Situation müssen wir alle Bereiche unseres Engagements prüfen. Das Festival des deutschen Films haben wir im Jahr 2005 mit aus der Taufe gehoben und seither umfangreich gefördert. Neben BASF ermöglichen viele weitere Partner, vor allem aus Ludwigshafen, das Festival. Es hat sich zu einem Publikumsmagneten für Stadt und Region entwickelt. Unsere finanzielle Unterstützung haben wir in diesem Jahr in geringem Umfang reduziert, in frühzeitiger Absprache mit dem Filmfest. Wir werden dem Filmfest auch weiterhin als vertrauensvoller Partner zur Seite stehen und sind mit den anderen Förderern im Austausch.
Die BASF ermöglicht seit Jahrzehnten Filetstücke im Programm von Enjoy Jazz, und bekommt dafür teilweise international ausstrahlende Konzerte, oft in den konzerneigenen Häusern. Müssen Sie hier auch umdenken?
Heyl: BASF leistet für das Festival Enjoy Jazz seit 20 Jahren finanziell einen wichtigen Beitrag – sowohl als Sponsor als auch im Rahmen des BASF-Konzertprogramms. Viele unserer Konzerte der vergangenen Jahre zählen zu den Höhepunkten der bisherigen Festivalgeschichte. Gleichzeitig profitiert unser Konzertprogramm vom hohen, internationalen Renommee des Festivals. Die Zahl der Unterstützer ist stetig gewachsen – auch das zeigt, dass Enjoy Jazz mittlerweile zu einer Erfolgsgeschichte geworden ist. Unser Sponsoring haben wir in diesem Jahr geringfügig reduziert und dies frühzeitig mit Enjoy Jazz besprochen. Unser Engagement im Rahmen unseres Konzertprogramms bleibt weiterhin bestehen.
Was bedeutet die neue Priorisierung künftig konkret für das eigene Programm in Feierabend- und Gesellschaftshaus?
Heyl: Das BASF-Konzertprogramm ist und bleibt eine wichtige Säule des kulturellen Engagements des Unternehmens. Es ist Aushängeschild und wichtiger Bestandteil des kulturellen Kalenders der Stadt Ludwigshafen und der Metropolregion Rhein-Neckar. Zum 100-jährigen Jubiläum des Kulturengagements der BASF im Jahr 2021 haben wir mit einem Prozess der Neuordnung des Konzertprogramms begonnen. Dabei entwickeln wir bestehende Konzertreihen zeitgemäß weiter und schärfen unser Profil, etwa mit einem Schwerpunkt auf dem Angebot für ein junges Publikum und der kulturellen Bildung. Diesen Weg der inhaltlichen Weiterentwicklung gehen wir konsequent weiter.
Gibt es auch Bereiche, die von der neuen Fokussierung profitieren? Sei es, dass sie keine oder nur wenig Einbußen verzeichnen?
Heyl: Wir fokussieren uns auf die Bereiche Bildung und gesellschaftlicher Zusammenhalt – hier sehen wir den größten Förderbedarf. MINT-Bildung und Bildungsgerechtigkeit sind dabei zentrale Schwerpunktthemen. Die Schülerlabore der BASF bilden die Basis, um Kinder und Jugendliche für MINT-Berufe zu begeistern und sie an Berufe im Bereich Naturwissenschaft und Technik heranzuführen. Darüber hinaus zählen wir auch unser Engagement für die Wissensfabrik dazu. Das Projekt „Lernbox“, das Schulen Unterstützung anbietet, damit Schülerinnen und Schüler die während der Pandemie entstandenen Defizite aufholen können, läuft noch dieses Jahr und wir werden ausgewählte Module in Ludwigshafen fortführen. Das gleiche gilt für das Projekt „#Wir Gestalten Schule“. Ein Beispiel für den Schwerpunkt „Zusammenhalt“ ist unser Anspruch, gemeinnützige Institutionen wie etwa Vereine zu unterstützen. Weitere aktuelle Beispiele sind unser Projektwettbewerb „Gemeinsam Neues Schaffen“, der Anpack-Tag in Zusammenarbeit mit der Stadt Ludwigshafen und das Projekt „Sportverein der Zukunft“.
Zur Person
- Karin Heyl übernahm am 1. Oktober 2012 die Leitung des damaligen Bereiches Kultur, Sport und Soziales der BASF.
- Sie wurde am 17. Dezember 1960 in Leverkusen geboren und studierte an der Universität Köln Germanistik, Italienische und Französische Philologie.
- Für gesellschaftliches Engagement inklusive Kultur und Bildung f in der Metropolregion investierte die BASF weltweit lange 50 Millionen Euro jährlich. Auf die Region entfallen derzeit rund 25 Millionen Euro.
Wie sehr schmerzt es Sie, dass die Biennale für aktuelle Fotografie in diesen Zeiten vor einer ungewissen Zukunft steht?
Heyl: Wir haben die Biennale für aktuelle Fotografie über 17 Jahre als Hauptsponsor unterstützt. Die Zusammenarbeit ist von Vertrauen und viel Engagement geprägt. Die Biennale hat sich über diesen Zeitraum hervorragend entwickelt, ist international angesehen und sehr gut positioniert. Bis unsere finanzielle Unterstützung ausläuft, sind es noch zwei Jahre, um neue Modelle für die Biennale zu entwickeln. Wir sind auch weiterhin in gutem Kontakt und unterstützen die Biennale, wie auch unsere anderen Partner, mit unseren Netzwerken.
Ist irgendwann ein Weg zurück zum alten Umfang der Kulturförderung vorstellbar? Fünf Millionen Euro sind für einen Weltkonzern kein enormer Faktor, bedeuten aber in der Kultur viel.
Heyl: Wir entwickeln unser gesellschaftliches Engagement, ausgerichtet am Bedarf, stetig weiter, sind daher immer in Bewegung. Eine inhaltliche, Eins-zu-Eins-Rückkehr zu einem vorherigen Status Quo ist deshalb meist weder wünschenswert noch realistisch. Natürlich werden wir weiter die gesellschaftlichen Herausforderungen und Bedarfe genauso wie die wirtschaftliche Lage im Blick haben und uns entsprechend anpassen. Kulturförderung ist und bleibt uns wichtig: Wir wissen um die Bedeutung der Kultur als Grundlage des gesellschaftlichen Umgangs miteinander. Kulturelle Erlebnisse können das Gemeinschaftsgefühl stärken, den Menschen Kraft geben, den Herausforderungen der Zeit die Stirn zu bieten, positiv auf sie einzuwirken. Wir werden weiter die Kultur fördern als einen Raum, in dem wir uns treffen, forschen, austauschen, uns weiterentwickeln und in den Dialog treten. All das ist heute wichtiger denn je.
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