Mannheim. Zum ersten Mal seit 2019 hat das Mannheimer Nationaltheater (NTM) am Mittwoch wieder eine Besucherbilanz vorgelegt - und bewertetet die Resonanz für die Spielzeit 2023/24 als „erfreulich“. Die Zahlen: „870 Veranstaltungen, davon mehr als 30 auswärtige Gastspiele und insgesamt über 165 000 Besucherinnen und Besucher in den vier Sparten - und das alles an über 50 höchst unterschiedlichen Spielstätten“, heißt es in der Pressemitteilung des NTM.
Dementsprechend zieht der Geschäftsführende Intendant Tilmann Pröllochs ein positives Fazit: „Wir blicken auf eine abwechslungsreiche und spannende Spielzeit zurück: Besonders positiv stimmt uns die gestiegene Zahl an Abonnements - es freut uns enorm, dass auch in Sanierungszeiten die Menschen verstärkt regelmäßig ins Theater kommen. Dabei hat sich unser Publikum auch in dieser Spielzeit wieder voll darauf eingelassen, mit uns um die Häuser zu ziehen.“ Es sei beispielsweise zahlreich zum Mannheimer Sommer nach Schwetzingen gekommen und auch an besondere Spielorte, wie den Wasserturm oder das Alte Pumpwerk in Neckarau.
Sanierung und Pandemie machen Vergleiche der Statistik schwierig
Die Zahl von 165 000 Gästen, das bedeutet fast 190 pro Vorstellung, lässt sich allerdings kaum in Relation setzen. Dass keine Vergleiche mit der Publikumsstatik der Vorjahre gezogen werden könnten, aufgrund der sanierungsbedingt völlig neuen Struktur der Spielstätten und den Folgen der Pandemie, erklärt NTM-Sprecherin Olivia Brendle auf Nachfrage: „Die Corona-Zeit bedeutete einen enormen Einbruch in der gesamten Kulturlandschaft, von der sich die Branche bis heute noch nicht ganz erholt hat. Da geht es auch um die reine Zahl der Veranstaltungen.“
Vor der Pandemie hatte das Nationaltheater in der Spielzeit 2018/19 eine Resonanz von 342 000 Besucherinnen und Besuchern bei 1162 Vorstellungen registriert. Das entsprach einer Auslastung von 75 Prozent und mehr als 294 Gästen pro Auftritt – über 100 mehr als heute.
Oper: „Turandot“ im Rosengarten am besten ausgelastet
Laut NTM war die erfolgreichste Opernproduktion im Rosengarten auslastungsmäßig Puccinis „Turandot“, die fünf Mal in konzertanter Fassung unter dem Dirigat von Generalmusikdirektor Roberto Rizzi Brignoli gespielt wurde. Besonders viel Publikum (5154) kam zu den insgesamt sechs Vorstellungen der „Fledermaus“ in der Regie von Stephanie Schimmer. Die Auslastung der Opernstudio-Produktion „Rita“ (fünf Vorstellungen) war die beste in der Alten Schildkrötfabrik, die meisten Besucher zog Yona Kims Inszenierung „Ariadne auf Naxos“ an (2605, sieben Vorstellungen).
Ausblick
- Die Spielzeit 2024/25 beginnt am 15. September mit dem Theaterfest ab 13 Uhr am Alten Kino Franklin. Am 12. Oktober öffnet OPAL, die Oper am Luisenpark, als feste Interimsspielstätte für die Sparten Oper und Tanz in der Oststadt.
- Die Theaterkasse ist von 12. bis 24. August geschlossen, darüber hinaus ist sie durchgängig geöffnet (Mo-Sa, 11-18 Uhr, telefonisch unter 0621/16 80 150: Mo-Fr, 10-18 Uhr, Sa 10-13 Uhr).
Bei den Auswärtsspielen im Schlosstheater Schwetzingen war „Don Giovanni“ die gefragteste Produktion (3880). Lorenzo Fioronis Inszenierung des „Boris Godunow“ lockte in acht Vorstellungen die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer in den Pfalzbau (4620), die höchste Auslastung war dort in den sechs Vorstellungen der „Carmen“ zu verzeichnen. Auf großes Interesse stieß auch das Format „Opern-Shots“, mit dem das Nationaltheater Bars und Kneipen in Mannheim mit szenischen Songs bespielt.
Schauspiel: Spartenübergreifend ist „Was ihr wollt“ am gefragtesten
Der Mitteilung zufolge war „Was ihr wollt“ spartenübergreifend die Produktion mit den meisten Besucherinnen und Besuchern der abgelaufenen Spielzeit. Für die insgesamt 18 Vorstellungen des Shakespeare-Dramas zog es 5488 Theaterfans nach Franklin. Im Alten Kino dort verzeichnete Christian Weises Inszenierung der „Dreigroschenoper“ eine nahezu 100-prozentige Auslastung der sechs Vorstellungen. Im Studio hatte „Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot“ in einer Bühnenfassung nach dem Roman von Sibylle Berg die höchste Auslastung (acht Vorstellungen). „Krieg ist kein Spiel für Frauen“, eine Versammlung mit Kriegszeugnissen von Frauen und Texten von Lidiia Golovanova, war die erfolgreichste Produktion des Stadtensembles (530).
Zudem habe das Schauspiel wieder eine Reihe an Auszeichnungen und Einladungen zu namhaften Festivals verzeichnet, so das NTM. Unter anderem erhielt Ensembleschauspielerin Annemarie Brüntjen den Therese Giehse Preis für ihre Rolle der Shen Te in „Der gute Mensch von Sezuan“ und die Uraufführung „Juices“ von Ewe Benbenek wurde zu den 49. Mülheimer Theatertagen sowie zum Internationalen eingeladen.
Tanz: „Rhythm Under The Skin“ hundertprozentig ausgelastet
Der Tanzabend zu Percussions-Livemusik „Rhythm Under The Skin“ von Stephan Thoss in Kooperation mit Dennis Kuhn und dem Mannheimer Schlagwerk erreichte in drei Vorstellungen im Tanzhaus eine 100-prozentige Auslastung. Fast gelang das auch Thoss’ Tanzabenden „Don Jose“ (sechs Vorstellungen) und „Nüsseknacker“ (Wiederaufnahme mit vier Vorstellungen). Besonders viele Ballettinteressierte fanden für „Identity“ den Weg ins alte Kino Franklin (3922, zwölf Vorstellungen) und im Tanzhaus für „Seasons in Dance“ (1943, zwölf Vorstellungen).
Junges Nationaltheater: Zwei ausgebuchte Produktionen
Auch das Junge NTM sei „durchweg gut besucht“ gewesen. „Schaum ich an“, die neue Produktion für die Allerkleinsten ab zwei Jahren, brachte es auf eine Auslastung von über 100 Prozent und auch „Kohlhaas“ (ab 14), war vollständig ausgebucht. „Besonders freut uns, dass auch bei allen Präsentationen der Jungen X Bühne und der Schultheater AGs trotz sommerlicher Hitze die Bänke voll besetzt waren - auch hier eine Auslastung von 100 Prozent“, lässt sich die Tanzsparte zitieren. Im Saal Junges NTM besuchten die meisten Menschen „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“, das vom Kollektiv James & Priscilla stammt(1555).
Auch die junge Sparte konnte sich überregional über diverse Lorbeeren freuen: Zum internationalen und baden-württembergischen Theaterfestival für junges Publikum Schöne Aussicht war das Junge NTM mit gleich zwei Produktionen eingeladen: „Schaum ich an“ und „Unter Drachen“. Letztere wurde zudem für den Deutschen Theaterpreis Der Faust nominiert.
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