Heidelberg. Nachhaltige Eindrücke. Zum Beispiel die brillante Wiedergabe des 1933 entstandenen Konzerts für Klavier, Trompete und Streicher von Dmitri Schostakowitsch, das von Claire Huangci am Klavier mit unbändiger Musizierlust exerziert wurde, in welche der Trompeter Jeroen Berwaerts und die Münchner Streicher um Konzertmeister Daniel Giglberger gleichermaßen lustvoll einstimmten. Aber der primäre Glanz ging vom Flügel aus, wenn die Pianistin ihr Instrument traktierte, als ob sie Stahlfedern in den Fingern hätte, so präzise, antreibend und Führung einfordernd ging sie zu Werke. Sie spielt ebenso attraktiv wie mitteilsam und durcheilt souverän die von Schostakowitsch originell eingearbeiteten und zusammengefügten Zitate zwischen Haydn, Beethoven und ihm selbst, garniert mit einigen jazzigen Hinweisen oder Kaffeehaus-Assoziationen.
Als Zugabe spielten die beiden Solisten einen eher meditativen Satz von Paul Hindemith „Alle Menschen müssen sterben“. Wohl wahr, aber das Publikum hat sich noch mehr an der Vitalität des Abends erfreut, als das Ende herbei zu denken.
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Auch Arvo Pärt hat mit seinem „Concerto piccolo“ für diese Besetzung geschrieben. Hier tritt die glänzend gehandhabte Trompete ins solistische Rampenlicht, während Klavier (und Cembalo) obligat zu den Streichern eingesetzt werden. Pärt zollt dem Übervater Reverenz, wenn er das Motiv B-A-C-H umarbeitet und im „Lento“ mit brachialem Heute korreliert.
Das Kammerorchester kann auch ohne Solisten glänzen. Den beiden Haydn-Sinfonien Nr. 19 und 59 („Feuersinfonie“) geben sie energischen Zugriff und intensiven Klangraum, wenn die Instrumentengruppen sehr genau ins dialogische Musizieren geführt werden. Gespielt wurde ohne Vibrato und mit Naturhörnern. Arrondiert wurde der Abend mit „Adagio und Allegretto“ und Streichern von Dmitri Schostakowitsch; der Fußballfan lässt die Jungs final über den Platz stolpern. Ebenso witzig wie raffiniert, mit unterschwelliger Gesellschaftskritik.
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