Internationales Filmfestival

Mannheimer Festivalwettbewerb setzt politische Akzente

Zwei Spielfilme aus Tunesien und dem Iran überzeugen im Wettbewerb "On the Rise" des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg mit deutlicher Kritik an der gesellschaftlichen Realität der Länder

Von 
Thomas Groß
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Die Polizistin Fatma ermittelt in „Ashkal“. Der Film wird als eine Art Mystery-Thriller inszeniert. © IFFMH

Mannheim. Wie restriktiv, brutal und menschenverachtend das iranische Mullah-Regime tatsächlich ist, erlebt man derzeit wieder fast täglich in den Nachrichten. Im international hoch geachteten Gegenwartsfilm des Landes finden sich, der Zensur wegen, gleichwohl nur eher dezente Andeutungen der Kritik an politischen Umständen. Doch allgemeine gesellschafts- und zeitkritische Noten werden hier oft umso nachdrücklicher gesetzt.

Das ist auch in „A Tale of Shemroon“, dem Spielfilmdebüt von Emad Aleebrahim Dehkordi, nicht anders. Zwei Brüder stehen im Zentrum des Films, der im Festival-Wettbewerb „On the Rise“ läuft. Der jüngere, Payar, möchte Karriere als Boxer machen, ist ansonsten aber viel ruhiger und harmoniebedürftiger als sein Bruder Iman. Dieser wirkt recht aggressiv, streitet ständig mit dem kranken Vater und gibt in weiterer Hinsicht wenig auf Traditionen. Mit Drogen will er schnelles Geld machen, hängt mit neureichen Freunden in Teheran ab, die ihn aber vor allem wegen seines Kokains schätzen. Man ahnt bald, dass das kein gutes Ende nehmen kann.

Zwischen Tradition und Moderne

Dehkordi erzählt wie viele ältere Regisseure aus seinem Land nicht zuletzt vom Konflikt zwischen Tradition und Moderne – und vom Verlust zwischenmenschlicher Werte. Die politische Ordnung scheint diesen gleichgültig hinzunehmen. Plausible Charaktere zeichnet der Film, entwickelt seine spannende Geschichte konsequent und schlüssig. Ein Familendrama und Krimi ist dieser bewährt realistisch erzählte sehenswerte Spielfilm gleichermaßen.

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Die tunesisch-französische Produktion „Ashkal“ besticht dagegen vor allem durch ihre symbolische Ebene. Politische Akzente werden hier noch nachdrücklicher, aber ebenfalls nicht direkt gesetzt. Der Tunesier Youssef Chebbi erzählt ebenfalls spannend; die Geschichte hat einen kriminalistischen Hintergrund, wird aber als eine Art Mystery-Thriller inszeniert.

Der Arabische Frühling und das vorhergehende autokratische Regierungssystem unter Präsident Ben Ali bilden den Hintergrund. Mit einer Selbstverbrennung begann dessen Ende; einige Jahre darauf, so erzählt der Film, setzen sich noch mehr Menschen in Brand – oder werden sie vielmehr verbrannt?

Von korrupten Polizisten ist oft die Rede hier; die junge Kommissarin Fatma ermittelt indes unbestechlich und vorurteilsfrei. Immer wieder aber versuchen einflussreiche Kreise ihre Arbeit zu behindern. Dass Fatma für den Bruch mit Vergangenem und einen Neuanfang steht, deutet schon ihr Name an, der auf eine „Entwöhnung“ verweist. Während die Polizei die rätselhaften Todesfälle aufzuklären versucht, möchte die Kommission für Wahrheit und Würde die Menschenrechtsverletzungen der Vergangenheit aufarbeiten. Doch wie so oft ist vieles kaum eindeutig zu erweisen – weder für die erwähnte Kommission noch die Polizei.

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Daraus bezieht der Film seine Spannung, und es lässt sich klar erahnen, dass er großen politischen Hoffnungen recht skeptisch begegnet. Eindeutigkeit gibt es freilich auch in diesem Film nicht. Darin liegt sein eigentlicher Reiz, wenngleich dies alles hier auch ein wenig plakativ vorgetragen wird.

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.

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