Heidelberg. Mit dem Thema „Kunst und Fälschung“ beschäftigt sich das Kurpfälzische Museum Heidelberg in seiner kommenden Ausstellung. Der Kurator, Henry Keazor, nennt drei Säulen, die bei Einschätzungen, ob echt oder gefälscht, eine Rolle spielen: Zum einen die Provenienz, dann die Stilkritik und schließlich die technischen Anlagen. Keazor ist Professor für Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg und lässt seine Studenten Kunstwerke nach diesen Kriterien erforschen. Die Ergebnisse flossen in die Gestaltung der Ausstellung ein. Darüber hinaus kamen beschlagnahmte Fälschungen aus den Asservatenkammern verschiedener Polizeireviere dazu.
Kunstfälschungen gibt es, seit es Kunst gibt. Peter Paul Rubens zum Beispiel beschäftigte eine Vielzahl von Gehilfen. Ob ein ausgeliefertes Gemälde ein echter Rubens war, hängt von dem Vertrag ab. Hat der Meister tatsächlich die vertraglich vereinbarten 60 Prozent Eigenleistung erbracht? Darüber entschieden in manchen Fällen Gerichtsprozesse.
Ausstellung "Kunst und Fälschung"
- Kunst und Fälschung ist vom 29 Februar bis 30. Juni im Kurpfälzisches Museum Heidelberg zu sehen.
- Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet, außer am 1. Mai.
- Die Vernissage ist am 29. Februar um 19 Uhr. Die Ausstellung wird von einem Vortragsprogramm begleitet.
- Im Kino Gloriette findet parallel eine Filmreihe zum Thema statt.
In der Regel sind Fälschungen allerdings eindeutige Betrugsobjekte. Zum Beispiel der Knabenkopf von Lukas Cranach dem Älteren in der Ausstellung. Sogar Alterungsspuren wurden hier nachgeahmt. Das Bild wurde genau untersucht. Dabei entdeckte man sogar eine Cranach-typische Unterzeichnung. Jedoch erregte ein Detail Aufmerksamkeit, das nicht zur zeitgemäßen Konzeption zu passen schien. Dem Knabenkopf, dessen Vorzeichnung im Louvre existierte, wurde ein Kleidungsstück verpasst, dass man in einem anderen Zusammenhang bei Cranach kennt, nämlich als Mantel eines Humanisten. Dadurch entstand ein Verdacht, der durch die genauere Analyse des Farbauftrags erhärtet wurde. Und so konnte der Kunstfälscher, in diesem Fall Christian Goller (1943-2017), überführt werden.
Auch Beltracchi darf nicht fehlen
Von dem bekanntesten Fälscher unserer Zeit, Wolfgang Beltracchi (1951), gibt es in der Ausstellung ein sehr gutes Beispiel, das seine Vorgehensweise nachvollziehbar macht. Beltracchi bewegte sich mit Vorliebe im Bereich der Klassischen Moderne. Der Maler Heinrich Campendonk gehörte in den Umkreis der Künstlergruppe „Blauer Reiter“. Dort wurde ein Stil gepflegt, der sich sehr an der frei schwingenden Farbe orientierte und dabei ganz auf den zentralperspektivischen Aufbau verzichtete. Beltracchi schien diese Neuerungen weitgehend zu ignorieren und schaffte so mit seinem Pasticcio (Stilkopie) eine Art domestizierten Campendonk, der auf dem Kunstmarkt besser ankommen mochte als das Original.
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Im Zusammenhang mit diesem Fall taucht die Frage auf: Welche Rolle spielen die Gutachter im Netzwerk der Fälscher? Dass Beltracchi so lange unentdeckt blieb, hat sicher seinen Grund darin, dass er namhafte Kunsthistoriker täuschen konnte. Ein anderer Grund, von dem Kurator Henry Keazor weiß, liegt darin, das Beltracchi nach der Heirat den Namen seiner Frau angenommen hat. Als Wolfgang Fischer sei er bereits im Fadenkreuz der Ermittler gewesen.
Ganz kompliziert wird die Frage „echt oder gefälscht“ im Bereich der Künstlergraphik. Hier wurde der Markt in den 1980er und 1990er Jahren regelrecht überschwemmt. Dalí-Graphiken in Massenauflage wurden zu Höchstpreisen verkauft, ebenso ging es Miró, Chagall und Picasso.
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Noch schwerer, so der Ausblick in die Zukunft, welchen die Ausstellung bietet, wird die Unterscheidung, ob echt oder nicht, beim Einsatz von künstlicher Intelligenz. So hilft KI einerseits bei der Erforschung der Echtheit eines Gemäldes, andererseits kann durch KI ein nach den eingangs erwähnten drei Säulen echt aussehendes Gemälde erzeugt werden. Zum Beweis befindet sich in der Ausstellung eines der berühmten Rembrandt-Porträts, in diesem Falle ganz von künstlicher Intelligenz hervorgebracht und durch einem 3-D Drucker mit 13 Farbschichten gedruckt. Das Produkt übertrifft die Werke des Meisters an Exaktheit, aber gerade dadurch strahlt es eine verdächtige Kälte aus. Dieses Manko wird, da ist sich der Kurator sicher, bei der weiteren Entwicklung der KI sicher auch überwunden werden.
Sympathischer als die simple Technik wirken dagegen die echten Fälscher, denen die 1980 geborenen britischen Künstlerin Maisie Broadhead mit ihrer „Hall of Fake“ ein Denkmal setzte. Dabei geht es um vier berühmte Kunstfälscher aus Fleisch und Blut. Der Chef des Museums, Frieder Hepp, eine Mitarbeiterin und zwei Mitarbeiter des Hauses schlüpften dabei in die Rolle der Fälscher. Wiederum also ein Fake!
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