Digitalisierung

Aus Heidelberg in die Welt: Schätze per Scanner erschlossen

Sie werden seit Jahrhunderten gehütet: Drucke und Bilder, die Künstler seit dem 16. Jahrhundert fertigten. Das Kurpfälzische Museum und die Universitätsbibliothek Heidelberg haben nun 2000 Bilder digitalisiert

Von 
Michaela Roßner
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Digitalisierungsprojekt beendet: Maria Effinger (v.l.), Josua Walbrodt und Margit Krenn mit Kulturbürgermeister Wolfgang Erichson mit dem Merian-Stich. © Michaela Roßner

Heidelberg. Seit Jahrhunderten bilden Künstler Heidelberg und die Kurpfalz in Gemälden und Drucken ab. 2000 solcher Abbildungen aus dem 16. bis 21. Jahrhundert sind nun digital auf der gesamten Welt verfügbar. Möglich machte das ein mit Mitteln der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg gefördertes Digitalisierungsprojekt, das die Heidelberger Universitätsbibliothek gemeinsam mit dem Kurpfälzischen Museum der Stadt fast drei Jahre lang beschäftigt hat.

Ab sofort kann jeder das digitale Portal „Heidelberg und die Kurpfalz im Spiegel der Kunst“ ohne Zugangsbeschränkung aufblättern. 

Unser Haus ist europaweit ein Vorreiter beim digitalen Wandel
Veit Probst Direktor Universitätsbibliothek Heidelberg

In den Depots beider Kultureinrichtungen lagern viele fragile Schätze, die nun gemeinsam gesichert worden sind. „Unser Haus ist europaweit ein Vorreiter beim digitalen Wandel“, erklärt Veit Probst, Direktor der Universitätsbibliothek, und verweist stolz auf rund 30 Millionen Downloads digitaler Medien. Die Informationsanfragen stammten aus 180 Ländern.

Scanner kostet um die 100.000 Euro

Zwölf Scan-Stationen gibt es in der Bibliothek inzwischen. 20 Mitarbeiter sichern Dokumente nicht nur durch Abfotografieren im jeweiligen Format, sondern verschlagworten und katalogisieren die so für die Nachwelt erhaltenen Dokumente. So haben sie es nun auch, Päckchen für Päckchen, mit kostbaren Drucken aus dem Besitz des städtischen Museums gemacht.

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Die Digitalisierung fordert nicht nur Zeit und Aufwand, sondern sie ist auch teuer. „Ein großer Scanner kostet schnell mal um die 100 000 Euro“, nennt Probst ein Beispiel. Hinzu kämen jährliche Lizenzkosten, etwa für die Datenbanken, in denen die Dokumente mit den aktuellen, wissenschaftlich aufbereiteten Informationen aufbewahrt werden. Die von Bombenschäden verschonte Heidelberger akademische Bücherei habe besondere Schätze aus rund 300 Jahren, die es zu wahren – und zu teilen – gelte.

Kostbare Landschaftsbilder

Zu den besonderen Schätzen des Museums gehören Aquarelle und Zeichnungen der Heidelberger Romantiker Carl Philipp Fohr, Ernst Fries und Carl Rottmann. Diese europaweit gereisten Künstler schufen nicht nur Landschaftsbilder Heidelbergs und der Kurpfalz, sondern auch Landschaftsbilder der Bayerischen Alpen, Italiens und Griechenlands sowie Genrebilder und Porträts.

Das digitale Projekt

  • Das digitale PortalHeidelberg und die Kurpfalz im Spiegel der Kunst“ stellt 2000 bedeutende grafische Werke aus den Sammlungen des Kurpfälzischen Museums und der Universitätsbibliothek vor.
  • Sie sind über Bild- und Metadaten erschlossen.
  • Auf HeidICON und weiteren digitalen Plattformen sind die Kunst- und Kulturschätze der Kurpfalz damit nun frei und von überall zugänglich.

„Die Kurpfalz reichte wegen Maria Stuart bis nach Schottland und wegen der Hugenotten bis in die Schweiz“, definiert Frieder Hepp, Direktor des Kurpfälzischen Museums, „Kurpfalz“ nicht eng regional, sondern als Begriff für einen Kulturraum. Mit dem Digitalisierungsprojekt habe man „zwei Schatzkisten miteinander verbunden“, freut sich Hepp. Wer etwa den berühmten Merian-Stich zum Hortus Palatinus, dem Heidelberger Schlossgarten, der nie fertig wurde, anschauen wollte, konnte das auch bisher. Allerdings musste er einen Termin vereinbaren und dann ins Kurpfälzische Museum kommen, wo das kostbare Dokument eigens aufgeblättert wurde.

Daten müssen immer wieder angepasst werden

Das geht nun deutlich einfacher: Josua Walbrodt, Kurator der Graphischen Sammlung Kurpfälzisches Museum, erklärt die Recherche am Computer, die ohne Zugangsbeschränkung funktioniert. Benötigt man – etwa für eine Publikation – ein hochauflösendes Bild, kann etwa für eine Publikation ganz gezielt im Museum anfragen.

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Bewahren, zur Verfügung stellen und pflegen, das seien ureigene Aufgaben von Bibliotheken, fasst Maria Effinger, Leiterin der Abteilung Publikationsdienste der Unibibliothek, zusammen. Die Drucke würden indes nicht nur einmal eingescannt, sondern die Daten müssten auch immer wieder den neuen Speichermedien angepasst werden. Außerdem seien die Dateien so formatiert, dass sie leicht von der eigenen HeidIcon in andere Datenbanken auf der ganzen Welt eingepflegt werden können. „Wir tragen den Namen Heidelbergs und der Kurpfalz weiter über den Globus“, verweist Probst auf einen Marketing-Effekt.

Virtuelles Schaudepot

Für einen schnellen Zugang seien die Dokumente zudem über ein virtuelles Schaudepot zu finden, unterstreicht Margit Krenn, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni. „Ein sehr gelungenes Projekt“, lobt Kulturbürgermeister Wolfgang Erichson. Er verspricht sich davon, auch junges Publikum zu begeistern. Ansätze gebe es bereits, denn 2022 bastelten Studierende bei einem „Kulturhackaton“ aus den Landschaftsmalereien und Porträts der Romantiker des Kurpfälzischen Museums ein preisgekröntes Rollenspiel.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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