Nachruf

Ein Leben für die Konkrete Kunst - zum Tod von Linde Hollinger

Die Ladenburger Galeristin Linde Hollinger ist im Alter von 80 Jahren gestorben. Wie es in der Galerie nach der Sommerpause weitergeht, ist noch offen

Von 
Christel Heybrock
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Linde Hollinger steht in ihrer Galerie vor einem Bild des in New York City lebenden Digitalkünstlers Manfred Mohr. © Peter Jaschke

Ladenburg. Mit ihrem Engagement für Farben, für Strukturen und für den Pioniergeist der Konkreten Kunst war sie selbst eine Pionierin und schien kaum den Veränderungen des Alters unterworfen. Die Realität des Körpers und eine langjährige Krebserkrankung standen dem entgegen - die Ladenburger Galeristin Linde Hollinger starb, wie die Redaktion jetzt erfuhr, am 27. Juni im Kreis ihrer Familie, Freunde und Künstler. Dies bestätigte ihr Ehemann Hermann Schmölzer. Sie war am 10. April 1944 im schlesischen Landeshut zur Welt gekommen.

Linde Hollinger, die unter anderem bei dem Maler K.R.H. Sonderborg studiert hatte und eine Zeit lang Mitarbeiterin des Designers Anton Stankowski gewesen war, machte sich in der Region einen Namen, als sie im März 1990 gemeinsam mit der Mannheimer Galeristin Blanka Heinecke eine Galerie für abstrakte Kunst gründete. Das Unternehmen war von Beginn an auf die Standorte Ladenburg und Mannheim fixiert, aber nach 18 Jahren trennte man sich, weil die Temperamente zu verschieden waren. Im Gegensatz zu der stets etwas distanzierten, auch an schwierigen künstlerischen Äußerungen interessierten Blanka Heinecke standen für Linde Hollinger die Farben, die Opulenz und die mitunter überwältigenden Raumgestaltungen der „Konkreten“ im Vordergrund. Dabei schlug sich der Pioniergeist ihres Herzens ausgerechnet in einem Barockpalais Bahn - das Palais Preysing aus dem Jahr 1736 bot offenbar Raum für die Fantasie von Ausstellungsgestaltungen, die weitab vom idealen „White Cube“ funktionierten.

Linde Hollinger machte Ladenburg zu einem Ort internationaler Kunst

Zählte die Lust auf Neues zu Linde Hollingers Mentalität, war es klar, dass sie sich auch Computer-Künstlern verbunden fühlte. Die Geistesverwandtschaft mit der in Paris lebenden Ungarin Vera Molnar, die mit einem eigenen Computerprogramm unendliche Quadrat-Variationen entwickelte, führte zu zahlreichen Einzelausstellungen nicht nur in Ladenburg - und zum Schluss zu einem ganzen Zyklus anlässlich von Vera Molnars 100. Geburtstag am 5. Januar 2024. Der Zyklus hatte bereits im November 2023 begonnen, die Künstlerin starb am 7. Dezember: So wurde aus einer Geburtstagschau eine Gedächtnisschau. Die langjährige Beziehung zu Vera Molnar deutet darüber hinaus die Vielfalt internationaler Verbindungen an, die Linde Hollinger nach Ladenburg brachte. Nicht nur ihre Künstler, sondern auch ihr Publikum waren alles andere als regional begrenzt.

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Zu den großen Namen ihres Programms gehörten Manfred Mohr (auch ein Computerkünstler), der mit Farbmaterialschichten arbeitende Jürgen Paas, Maler Reinhard Roy, Lichtkünstler Werner Bauer, die von Acrylglas inspirierte Vera Röhm, Plastiker Reiner Seliger, aber auch der Mannheimer „konkrete“ Maler Bernhard Sandfort.

Die Schau „The Power of Color“ (Kraft der Farbe) mit Rita Rohlfing und Heiner Thiel ging vorige Woche zu Ende. Wie es zum Saisonstart im September weitergeht, ist noch nicht bekannt. Das kleine, aber hochkarätige Team, zu dem an erster Stelle Dirk Martin gehört (ehemaliger Mitarbeiter des Wilhelm-Hack-Museums), dürfte eine Menge nicht nur zu trauern, sondern auch zu überlegen haben.

Freie Autorin MM Kulturredaktion 1974-2001, Fachgebiet Bildende Kunst

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