Tanz

Dada Masilo verzaubert mit "The Sacrifice" im Pfalzbau

Die südafrikanische Tänzerin und Choreographin Dada Masilo ist eine Berühmtheit. Im Pfalzbau zeigte sie diesmal ihre Version des "Sacre du Printemps". Sie bringt aber kein Opfer dar, sondern verspricht Heilung

Von 
Ralf-Carl Langhals
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The Dance Factory aus Südafrika zeigt im Pfalzbau heilende Kraft. © John Hogg

Ludwigshafen. Wir alle müssen Opfer bringen, noch heute. Für Karrieren, Familien und andere individuelle Wünsche. Auf allen Kontinenten, in allen Kulturen und Glaubenswelten ist das Opfern somit aus gutem Grund als menschliche Kulturtechnik und Gemeinschaft stiftendes Ritual angelegt. Es verstört, ängstigt auch, weil es nicht s archaisch und nicht selten grausam und blutig ist. In einer musikalisch und tänzerisch irritierenden Form haben es anno 1913 Igor Strawinsky und Vaslav Nijinsky zurück auf die „zivilisierte europäische Hochkulturbühne und zu Weltruf geführt.

Um „Le sacre du Printemps“, das Frühlingsopfer oder auch blumiger die „Frühlingweihe“, kommt unter den mittlerweile gut 200, die sich seither damit befasst haben, kurz „sacre“ genannt, kommt kein Choreograph herum. Die 1985 in Johannesburg geborene Tänzerin Dada Masilo ist eine von ihnen. Ihr extrem gefühliges „Sacrifice“, erarbeitete die mittlerweile weltweit aktive und gefeierte Südafrikanerin für The Dance Factory Johannesburg - führt kulturell vereinnahmend manches klug zusammen: die Urfassung um eine Opferhandlung aus der russischen Frühzeit, die dem Pariser „Sacre“ von 1913 zu grunde lag, die harte, erschöpfende Bearbeitung der Wuppertaler Tanztheater-Ikone Pina Bausch, die es auf den Geschlechterkampf zuspitzte - und Mailos Suche nach ihren innerafrikanischen Wurzeln. Da trifft an Sprachen und Formen bewegungstechnisch, menschlich und musikalisch vieles aufeinander.

Gelungene stilistische Melange

Ihre sechs Tänzer und vier Tänzerinnen - die sonst selbst mittanzende Dada Masilo selbst war an einem der beiden Abende im Pfalzbau erkrankt und wurde durch die sehr präsente Thandiwe Mqokeli vertreten - kommen mit dieser stilistischen Melange glänzend zurecht. Prägend ist dabei der Tswana-Tanz, der ein Geschichten erzählender Tanz ist und aus Botswana stammt, wo auch die familiären Wurzeln Masilos liegen. Aufgewachsen ist sie in der eher Xhosa geprägten Kultur Südafrikas und forscht somit choreographisch an der eigenen Herkunft.

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Inspiriert ist Tswana ursprünglich von den nachgeahmten Bewegungen der Erdmännchen, wer genau hinschaute konnte in den Kopfbewegungen und Armhaltungen auch noch Zitate erkennen. Auffälliger sind allerdings die zahlreichen Kniefiguren sowie die Rückenüberstreckungen, die als rituelle Gebetshaltungen gelesen werden können.

Heilung mit Opern-Sound

Erde spielt bis in David Hutts Kostüme hinein ebenso eine stilprägende Rolle, wie traditionelle und zeitgenössische afrikanische Musik, mit der Leroy Mapholo, Mpho Motiba und Nathi Shongwe Strawinski-Klang durch subtiles Schlagwerk, singenden Schlauch und E-Piano ersetzen. Nach einem fröhlicheren ersten Teil, wird „The Sacrifice“ tänzerisch wie musikalisch zunehmend ernster und dezenter. Dada Masilo wandelt ihr „Opfer“ zu einem gefühlvollen, wenn auch stellenweise etwas zu pathetischen Heilungsritual, in dem die großartige Sopranistin Ann Masina als opernhaft aufblühende Hohepriesterin agiert. Das Publikum quittiert diesen erdig-afrikanischen Bilderbogen an zwei Abenden stehend mit lang anhaltendem Applaus.

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.

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