Kunst

Comilangs Videokunst in der Schirn Kunsthalle Frankfurt

Die Frankfurter Schirn Kunsthalle eröffnet ihr Ausweichquartier an der Bockenheimer Warte mit „Science-Fiction-Dokumentarfilmen“ von Stephanie Comilang.

Von 
Christian Huther
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Stephanie Comilang, Coordinates at Dawn, 2025, Ausstellungsansicht "Search for Life II". © Alwin Lay/Schirn Kunsthalle Frankfurt 2025

Frankfurt. Diese Videos sind „Science-Fiction-Dokumentarfilme“, sagt die Künstlerin. Sie vermischt also zwei verschiedene Erzählstile – geht das überhaupt? Ja, meint Martina Weinhart, die Kuratorin der Frankfurter Schirn Kunsthalle, es sei sehr klug von Stephanie Comilang, ihre Filme so zu benennen. So würden wir überlegen, was Dokumentation und Science-Fiction heute seien. Das passe zu unserer Medienwelt voller Fakten und Fakes.

Tatsächlich gerät der Betrachter ihrer drei Videos rasch in einen Sog verschiedenster Assoziationen. Die Künstlerin verwebt alles miteinander, banalen Arbeitsalltag und alte Mythen. 1980 in Kanada als Kind emigrierter Filipinos geboren und aufgewachsen, setzt sie sich intensiv mit der Heimat ihrer Eltern auseinander. Die Philippinen sind auch der diesjährige Ehrengast der Frankfurter Buchmesse.

Porträt von Stephanie Comilang in ihrem Studio, Berlin 2024. © Courtsy of the Artist and ChertLüdde, Berlin; Daniel Faria Gallery, Toronto, und Fundación TBA21, Madrid, Foto: Trevor Good

In Kanada und auf den Philippinen, wo Comilang oft weilt, ist sie bekannt, in Deutschland hat sie jetzt ihren ersten größeren Auftritt in der Schirn bis 4. Januar. Der hat es in sich, die sechs bis 20 Minuten langen Videos sind vielschichtig. Die schnellen Wechsel zwischen den Protagonisten sind gewollt, um einen breiteren Eindruck zu bekommen. Sehr ruhig geht es bei „Diaspora ad astra“ von 2020 zu. Ein philippinischer Matrose erzählt vom eintönigen Leben auf einem Frachtschiff, die Kamera zeigt das Schiff, das Meer und das Leben an Land.

Das Meer und die Menschen spielen bei Comilang eine große Rolle

Der Film spielt während der Covid-19-Pandemie, als das Anlegen an Häfen oft verboten war. So liest der Matrose die philippinische Science-Fiction-Anthologie „Diaspora ad astra“, die dem Film den Namen gab. Es geht um Raumfahrer, die nach langer Reise nicht mehr auf ihren Planeten zurückkehren können, da dort Angst vor Aliens herrscht. Der Filmtitel spielt auf die lateinische Redewendung „Per aspera ad astra“ an, die das gesteckte Ziel erst nach viel Mühsal verspricht.

Das Meer und die Menschen spielen bei Comilang eine große Rolle, auch bei den zwei Filmen „Search for Life“ von 2024 und 2025. Den neuesten Film sieht man zuerst beim Betreten der kleineren Halle im Ausweichquartier an der Bockenheimer Warte. Dorthin zog die Schirn kürzlich, da das Gebäude am Römer renoviert wird. Comilang projiziert ihren Film auf einen Vorhang aus synthetischen Perlen. Freilich geht es um die teuren Naturperlen, die vielen Menschen auf den Philippinen und in den arabischen Emiraten ein gutes Einkommen sicherten.

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Aber dann kann zuerst die Perlenzucht, später wurde Erdöl wichtiger. Eine Frau berichtet von ihrem Zuchtbetrieb und von einer Familie, die nach einem tödlichen Taucherunfall eine Perle wieder ins Meer wirft – ein zutiefst mystisches Ritual. Am vielschichtigsten ist „Search of Life I“. Wieder geht es um Seefahrer. Doch Comilang hat bei vielen Gesprächen mit Menschen aller Schichten auch einen Schmetterlingsforscher interviewt. Er erzählt vom Monarchfalter, der im Herbst von Kanada nach Mexiko fliegt. Dieser orangefarbene kleine Falter passt sich über mehrere Generationen an, er bekommt weiße Flecken ins Orange und wird größer. Comilang sieht ihn als Sinnbild für Migranten.

Info: Bis 4. Januar. Gabriel-Riesser-Weg 3; www.schirn.de

Freier Autor Als freier Kulturjournalist im Großraum Frankfurt unterwegs; Schwerpunkte sind bildende Kunst und Architektur. Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie.

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