Bei den Grünen herrscht am Freitag zumindest in der personellen Frage Klarheit: Der Kreisverband unterstützt am 9. Juli SPD-Kandidat Thorsten Riehle, nachdem sich der eigene, Raymond Fojkar, nach dem schwachen Ergebnis im ersten Wahlgang zurückgezogen hat.
„Soweit ich das im Moment beurteilen kann, steht die Partei in großen Teilen hinter der Entscheidung“, sagt der Kreisvorsitzende Nils-Olof Born am Freitagnachmittag. Kritik von der ML weist er zurück. Die Partei, die Konkurrent Christian Specht unterstützt, hatte die Wahlempfehlung als respektlos gegenüber „mündigen Wählerinnen und Wählern“ bezeichnet, nachdem Fojkar auf eine Empfehlung verzichtet hatte. „Wir als Partei haben das Ziel, unsere Inhalte voranzubringen und können das am besten mit Thorsten Riehle“, sagt Born. „Das hat nichts mit Bevormundung von Wählern und Wählerinnen zu tun.“
Austausch mit der Grünen-Basis
In einer Pressemitteilung und in einem internen Schreiben an die Mitglieder, das dem „MM“ vorliegt, hatte die Partei am Donnerstag erklärt, die SPD und Riehle seien ihr „deutlich entgegengekommen“. Was das bedeutet, wird am Freitag nicht klar. „Wir informieren darüber zuerst unsere Mitglieder“, antwortet Born und verweist auf eine Pressekonferenz, die kommende Woche Aufschluss geben soll. Bereits am Freitagabend wollte sich der Vorstand per Zoom mit den Mitgliedern über die Entscheidung austauschen.

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Fraktion drängt auf Transparenz
„Als Fraktion drängen wir darauf, die Zugeständnisse öffentlich zu machen, damit wir kontrollieren können, ob sie eingehalten werden und ob grüne Inhalte umgesetzt werden können“, erklärt auch Nina Wellenreuther, die mit Stefanie Heß die Fraktion im Gemeinderat führt. „Es war die richtige Entscheidung.“ Auch Stadträtin Christina Eberle ist zuversichtlich. „Es wird sicher gute Gründe gehabt haben, dass unser Kreisvorstand so entschieden hat.“ Über konkrete Inhalte wisse aber auch sie noch nichts.
Ich gehe davon aus, dass die Zugeständnisse mit der Verkehrsberuhigung in der Innenstadt zu tun haben
Fraktionsvize Gerhard Fontagnier erwähnt indes ein bereits länger bestehendes Verhandlungspapier, über das auch mit Riehle und Specht gesprochen worden sein soll und das etwa Themen zu Klimaschutz oder Verkehr enthalte. „Ich gehe davon aus, dass die Zugeständnisse mit der Verkehrsberuhigung in der Innenstadt zu tun haben“, mutmaßt der verkehrspolitische Sprecher, der dem linken Flügel angehört und deshalb „sehr froh“ sei.
Der frühere Kandidat Fojkar hält an seiner Entscheidung fest: Von ihm gibt es keine Wahlempfehlung. „Als Fraktion werden wir mit dem neuen Oberbürgermeister konstruktiv zusammenarbeiten müssen“, sagt der Stadtrat. „Egal, wie der heißt.“ Zwar falle es der SPD leichter, mit Forderungen der Grünen umzugehen. „Ich weiß aber, dass die SPD schon des Öfteren vieles zuzusagen vermochte und es dann zumindest in der Ära Kurz in der Umsetzung große Schwierigkeiten gegeben hat“, sagt Fojkar. „Es bleibt abzuwarten, ob das unter Riehle anders wäre.“ Weil dafür nicht nur der Oberbürgermeister ausschlaggebend sei, sondern auch Partei und Verwaltung, zeigt sich Fojkar skeptisch.
Skepsis bei einigen Mitgliedern
Matthias Pitz, er ist vor ein paar Wochen in die Fraktion nachgerückt, wirkt zwiegespalten. „Wenn mich die Zugeständnisse nicht überzeugen, bleibe ich bei dem, was unser Kandidat gesagt hat.“ Also: neutral. Die Zugeständnisse müssten ihn „vom Hocker hauen“, sagt Pitz, damit er Wahlkampf mache. Auch er nennt unter anderem den Verkehrsbereich als wichtiges Thema. „Ich habe zum Beispiel bislang weder von Specht noch von Riehle gehört, dass Maßnahmen des Verkehrsversuchs nachgebessert nochmal neu angegangen werden können“, sagt Pitz.
Ich glaube nicht, dass uns das eint - nach meiner Wahrnehmung wird die Spaltung weitergehen, sobald die nächste kritische Entscheidung bevorsteht.
Heß betont, sie werde als Fraktionschefin weiterhin als „verlässliche Gesprächspartnerin dienen - egal, wie die Wahl ausgeht“. In ihrer Funktion werde sie keinen Wahlkampf machen können. „Als Parteimitglied muss ich mich noch entscheiden, wenn ich weiß, wie der Wahlkampf aussehen wird“, sagt sie. „Das kann ich noch nicht sagen.“
Sprengler wirbt für Riehle
Fraktionskollege Markus Sprengler hatte Stunden vor der offiziellen Entscheidung der Partei bereits auf sozialen Medien für Riehle geworben. Ihm sei es wichtig gewesen, „ein Zeichen zu setzen“. Auch er sei „sehr erfreut“ über die Entscheidung. „Jetzt können wir endlich klar agieren.“ Welche Zugeständnisse es geben soll, ist auch ihm noch nicht bekannt. Er fürchtet aber, dass die Entscheidung kein Ende der Diskussionen innerhalb des Kreisverbandes nach sich zieht. „Ich glaube nicht, dass uns das eint - nach meiner Wahrnehmung wird die Spaltung weitergehen, sobald die nächste kritische Entscheidung bevorsteht.“
Als „verlässliche Gesprächspartnerin“ will auch Melis Sekmen weiter fungieren. „Dabei werde ich die Bekenntnisse aus den Wahlprogrammen und den Zugeständnissen aus den Gesprächen als Maßstab nehmen“, erklärt die Bundestagsabgeordnete. Den Wählern und Wählerinnen rät sie, den Kandidaten nun „auf den Zahn zu fühlen“. Zudem sei es wichtig, „dass alle demokratischen Parteien und ihre Funktions- und Mandatsträger daran arbeiten die Wahlbeteiligung zu erhöhen“.
Auch Chris Rihm, Fraktionsvize im Gemeinderat, kann über die Zugeständnisse nichts sagen. Dem Vernehmen nach hatte er sich gegen eine Unterstützung ausgesprochen. „Es ist vollkommen klar, dass ich die Entscheidung respektiere.“ Er habe den Wählerinnen und Wählern aber auch ohne Empfehlung zugetraut, „ihre Entscheidung klug zu treffen“, sagt Rihm.
„Ich werde mit beiden zusammenarbeiten, wenn sie Oberbürgermeister werden.“ Auch deshalb sei es wichtig, einen Wahlkampf zu führen, „der von Inhalten getragen wird und kein reiner Anti-Specht-Wahlkampf ist“. Ob er nun Wahlkampf für Riehle macht? „Ich habe mit Raymond Fojkar grüne Ziele verfolgt - jetzt schaue ich, ob und wie die sich wiederfinden werden.“
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