Persönlichkeiten Wirtschaft in der Metropolregion: Fünf Durchstarter 2024

Sie stehen an der Spitze von Unternehmen oder der Wissenschaft, die in der Region Rhein-Neckar ihren Sitz haben. 2024 werden sie eine wichtige Rolle spielen.  

Von 
Alexander Jungert und Walter Serif
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Punkt 1 von 2 Jonas Andrulis - Aleph Alpha

Aleph Alpha gilt als deutsches Vorzeige-Start-up. Es entwickelt große Sprachmodelle mit Künstlicher Intelligenz (KI), ähnlich wie das kalifornische Start-up Open-AI mit ChatGPT. Das Unternehmen aus Heidelberg hat sich dabei auf Anwendungsfälle für die öffentliche Verwaltung und die Industrie spezialisiert, nicht auf Privatnutzer.

An der Spitze steht Jonas Andrulis, Anfang 40. Aleph Alpha ist bereits seine dritte Gründung. Die erste Firma hat er zum Gegenwert eines Kleinwagens verkauft, für die zweite dürfte etwas mehr Geld geflossen sein: Sie wurde von Apple übernommen – und Andrulis wechselte in die Führungsebene des Technologiekonzerns im kalifornischen Cupertino. Vor ein paar Jahren entschied er sich, in die Heimat zurückzukehren und gemeinsam mit Samuel Weinbach, einem ehemaligen Mitarbeiter der Beratungsgesellschaft Deloitte, Aleph Alpha zu gründen.

Erst vor Kurzem hat das Start-up frisches Kapital bei Investoren eingesammelt – mehr als eine halbe Milliarde Dollar (486 Millionen Euro). Damit soll Aleph Alpha in die Lage versetzt werden, sich im Wettbewerb mit OpenAI, aber auch mit Großkonzernen wie Microsoft und Google zu behaupten.

Andrulis ist es wichtig, selbstbestimmt und souverän die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz in Europa zu gestalten – und sich nicht von den USA oder von China überholen zu lassen. „Wir haben mit Absicht in Heidelberg gegründet und nicht in den USA. Ich möchte gerne Europa unterstützen“, hat er der „WirtschaftsWoche“ gesagt.

Punkt 1 von 2 Isabelle Adelt - Fuchs

Es ist noch gar nicht so lange her, da hat das Wirtschaftsmagazin „Capital“ Isabelle Adelt als wichtiges Talent ausgezeichnet und unter die „Top 40 unter 40“ in der Kategorie Management gewählt. Auf dem Weg nach Berlin zur Preisverleihung schrieb Adelt auf LinkedIn: „Ich bin sehr stolz und fühle mich geehrt, Teil dieser erstaunlichen Gruppe von talentierten, intelligenten Menschen zu sein, die dazu beitragen werden, die Zukunft Deutschlands zu gestalten.“

Seit November 2022 sitzt Adelt, 39, im Vorstand des Mannheimer Schmierstoffherstellers Fuchs. Beim M-Dax-Konzern ist sie unter anderem verantwortlich für Finanzen, Recht und Digitalisierung. Adelt hat nach dem Wirtschaftsstudium an der Universität Bielefeld bei der Unternehmensberatung Ernst & Young gearbeitet. Danach folgten verschiedene Führungspositionen beim Technologiekonzern Zeiss. Vor Fuchs war sie beim Maschinen- und Anlagenbauer Schenck in Darmstadt. Laut LinkedIn-Profil spricht die Managerin sechs Fremdsprachen: Englisch, Französisch, Spanisch, Chinesisch, Italienisch und Portugiesisch.

Adelt ist kein Fan von Frauenquoten. Entscheidender sind für sie Vorbilder. „Vorbilder sind vor allem für junge, talentierte und gut ausgebildete Frauen wichtig“, hat sie einmal dieser Redaktion gesagt. „Viele Vorstände setzen sich sehr homogen zusammen. In Zukunft ändert sich das hoffentlich, denn die heutige Generation wächst ganz anders auf. Nur Mann und Frau greift da viel zu kurz. Es zählen unterschiedliche Herkünfte, Altersstrukturen – und Meinungen.“

Punkt 1 von 2 Markus Kamieth - BASF

Kurz vor Weihnachten hat der BASF-Aufsichtsrat die mit Spannung erwartete Entscheidung getroffen: Markus Kamieth beerbt im Frühjahr 2024 Martin Brudermüller als Vorstandsvorsitzenden des weltgrößten Chemiekonzerns. Kamieth sitzt bereits seit 2017 im Vorstand.

Der künftige Konzernchef wird ohne Zweifel einen der härtesten Jobs der deutschen Industrie haben – mit einem Hausaufgabenheft, das voller kaum sein kann. Wie die gesamte weltweite Chemiebranche leidet die BASF unter einer schwachen Nachfrage und dem Anstieg der Energiepreise. Das Management will kräftig sparen. So hat die BASF bereits den Abbau von unter dem Strich 2600 Jobs weltweit angekündigt, fast zwei Drittel davon sollen auf Deutschland entfallen. In Ludwigshafen legt der Konzern wegen hoher Energiepreise mehrere Anlagen still. Zudem muss Kamieth eine Produktion, die bisher auf fossilen Rohstoffen basierte, auf erneuerbare Energien umstellen.

Über den 53-Jährigen ist zu hören, dass er inhaltlich immer bestens vorbereitet ist. Mit halbgaren Ideen sollten Beschäftigte oder Manager-Kollegen besser nicht zu ihm kommen. Den Konzern mit all seinen Spezialgeschäften kennt er in- und auswendig. Eine besondere Nähe zur Arbeitnehmervertretung wird Kamieth nicht nachgesagt. Auch ist er kein offensiver Kämpfertyp wie Brudermüller. Zumindest noch nicht. Kamieth ist ein Asien-Kenner, der nur wenige Jahre seines BASF-Lebens in Ludwigshafen verbracht hat. Seine Wahl lässt sich als strategisches Signal für mehr Welt und weniger Ludwigshafen im Konzern deuten.

Punkt 1 von 2 Eckhard Janeba - Universität Mannheim

Die Universität Mannheim hat eine ganze Menge hervorragender Ökonomen in ihren Reihen. Aber einer von ihnen fällt immer wieder mit ungewöhnlichen Vorschlägen auf: Eckhard Janeba. Wie zum Beispiel mit seiner Forderung nach einer „Rente mit 68“, die er schlüssig begründet: „Wir erwarten alle, dass wir länger leben und besser versorgt werden, sind aber nicht bereit, dafür mehr zu tun. Das kann so natürlich nicht funktionieren.“

Der gebürtige Bremer (Jahrgang 1965) ist schon seit 2004 Professor für Volkswirtschaftslehre in der Quadratestadt. In der Fachwelt genießt Janeba einen hervorragenden Ruf, deshalb ist es keine Sensation, dass ihn seine Kolleginnen und Kollegen im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium im Mai zu ihrem Vorsitzenden wählten. Die Arbeit in dem Gremium macht Janeba sehr viel Spaß, weil er seine Expertise auf dem Gebiet der Finanzwissenschaft einbringen kann. Das mag für Nicht-Ökonomen eher trocken und langweilig klingen.

Wer sich allerdings das Video aus der populären „SWR1 Leute“-Sendung vom Oktober anschaut, kann feststellen, dass Janeba nicht nur für Experten interessant ist – weil er in einfachen Worten schwierige Sachverhalte erklären kann. Zum Beispiel, ob die Schuldenbremse reformiert oder gleich ganz abgeschafft werden soll. Diese Diskussion verfolgt uns seit der erfolgreichen Klage der Union gegen den Nachtragshaushalt der Ampel. Weil viele Milliarden Euro eingespart werden müssen, haben sich vor allem E-Auto-Käufer und Landwirte besonders über die unschöne Bescherung vor Weihnachten geärgert.

 

Punkt 1 von 2 Punit Renjen - SAP

Als Punit Renjen ein kleiner Junge war, gab es in seiner Heimatstadt Rohtak im Norden Indiens nicht einmal Straßenlaternen. Seine Eltern wollten ihm ein besseres Leben und Bildung ermöglichen, also schickten sie ihn auf ein Internat. Dank eines Stipendiums studierte Renjen in den Vereinigten Staaten. Er machte Karriere bei Deloitte, schaffte es bis an die Spitze des Beratungsunternehmens. Ende 2022 hörte er dort auf.

Im Mai 2023 stand Renjen auf der Bühne der Mannheimer SAP Arena vor rund 2000 Aktionären und Gästen. Die Hauptversammlung von Europas größtem Softwarekonzern SAP wählte ihn mit mehr als 99 Prozent in den Aufsichtsrat. Im Mai 2024 soll Renjen dann anstelle des mächtigen Hasso Plattner das Gremium leiten. Mit Plattner, 79, geht der letzte SAP-Mitgründer von Bord – nach mehr als 20 Jahren an der Spitze des Aufsichtsrats. Er sei „einzigartig, eine Ikone, eine Legende“, sagt Renjen. Mehrfach hatte Plattner die Nachfolgeregelung verschoben, trotz seines fortgeschrittenen Alters und trotz Verärgerung von Investoren.

Der indisch-amerikanische Manager Renjen will das Potenzial, das noch in SAP schlummert, entfachen. Er wisse, wie man eine „globale Gemeinschaft“ aufbaue. Wie man Kunden aus verschiedenen Branchen betreue. Wie man Mensch und Technologie zusammenbringe.

Renjen hat nur noch wenige Monate Zeit, sich in die Tiefen von SAP einzuarbeiten. Es sei die „größte Ehre seines Lebens“, sich im Aufsichtsrat zu engagieren. Er, der Junge aus Rohtak, habe das niemals zu träumen gewagt.