Hauptversammlung

Nachfolger für Hasso Plattner im SAP-Aufsichtsrat

Punit Renjen soll 2024 Hasso Plattner an der Spitze des SAP-Aufsichtsrats ablösen. Nun hat sich der Manager auf der Hauptversammlung in der SAP Arena vorgestellt - mit sehr persönlichen Worten

Von 
Alexander Jungert
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SAP-Aufsichtsratsvorsitzender Hasso Plattner (l.) und Punit Renjen in der Mannheimer SAP Arena. Renjen soll ab Mai 2024 das Gremium leiten. © Uwe Anspach/dpa

Als Punit Renjen ein kleiner Junge war, gab es in seiner Heimatstadt Rohtak im Norden Indiens nicht einmal Straßenlaternen. Seine Eltern wollten ihm ein besseres Leben und Bildung ermöglichen, also schickten sie ihn auf ein Internat. Dank eines Stipendiums studierte Renjen in den USA. Er machte Karriere bei Deloitte, schaffte es bis an die Spitze des Beratungsunternehmens. Ende 2022 hörte er dort auf.

Nun steht Renjen, 61, auf der Bühne der Mannheimer SAP Arena vor rund 2000 Aktionären und Gästen. Die Hauptversammlung von Europas größtem Softwarekonzern SAP wird ihn später mit mehr als 99 Prozent in den Aufsichtsrat wählen. Im Mai 2024 soll Renjen dann anstelle des mächtigen Hasso Plattner das Gremium leiten. Mit Plattner, 79, geht der letzte SAP-Mitgründer von Bord - nach mehr als 20 Jahren an der Spitze des Aufsichtsrats. Er sei „einzigartig, eine Ikone, eine Legende“, sagt Renjen.

Seine Begrüßung der Anlegerinnen und Anleger ist auf Deutsch („Guten Morgen!“), die Rede selbst auf Englisch. Der indisch-amerikanische Manager will das Potenzial, das noch in SAP schlummert, entfachen. Er wisse, wie man eine „globale Gemeinschaft“ aufbaue. Wie man Kunden aus verschiedenen Branchen betreue. Wie man Mensch und Technologie zusammenbringe.

Mehrfach hatte Plattner die Nachfolgeregelung verschoben, trotz seines fortgeschrittenen Alters und trotz Verärgerung von Investoren. Unruhige Zeiten bräuchten Kontinuität. Auch die Nachfolgesuche ist nicht so gelaufen wie geplant: Ursprünglich wollte der SAP-Mitgründer eine interne Lösung, allerdings klappte das nicht. Deshalb wurde die Suche ausgeweitet.

Wie lief die Suche?

Für das Auswahlverfahren interessieren sich die Aktionärsvertreter besonders. Jella Benner-Heinacher von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) habe Gerüchte gehört, wonach der Kontakt zu Renjen über SAP-Vorstandssprecher Christian Klein zustande gekommen sei. Was der Aktionärsschützerin „nicht ganz so gut“ gefalle. „Solche ,Friends-and-Family’-Programme im Aufsichtsrat befürworten wir nicht.“

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Ja, der Vorschlag für Renjen sei von Klein gekommen, sagt Plattner. Doch der Auswahlprozess sei „über jeden Zweifel erhaben“. Seinen Angaben nach war die Suche breit und international angelegt, sowohl innerhalb als auch außerhalb von SAP. Der Nominierungsausschuss schaute sich gemeinsam mit einer externen Personalberatung die möglichen Kandidaten genau an. Plattner selbst habe zwei Personen vorgeschlagen - die es aber nicht in die Endrunde geschafft hätten. Das ändere nichts daran: Renjen sei „äußerst geeignet“ und besitze wertvolle strategische Erfahrungen über die Bedürfnisse von Unternehmen im heutigen schnelllebigen Geschäftsumfeld.

Auch SAP selbst macht gerade einen tiefgreifenden Umbau durch. „Unsere Transformation zu einem Cloudunternehmen läuft auf Hochtouren“, hebt Klein in seiner Rede hervor. Unter der Cloud versteht man Mietsoftware über das Internet. Markus Golinski, Fondsmanager bei Union Investment, erklärt, der Kapitalmarkt habe lange Zweifel am Erfolg der anfangs schleppenden Transformation gehabt. „Jetzt nimmt diese richtig Fahrt auf und entwickelt sich zum Wachstumsmotor für SAP.“

Für das Geschäftsjahr 2022 zahlt der Konzern eine Dividende von 2,05 Euro je Aktie, zehn Cent mehr. Die Gesamtausschüttung an die Aktionäre wird sich auf rund 2,4 Milliarden Euro belaufen.

„Trends verschlafen“

Trotz der guten Entwicklung gebe es keinen Grund, sich auszuruhen, findet Fondsmanager Golinski. In der Vergangenheit habe SAP die entscheidenden Trends erst einmal verschlafen. „Das war zur Jahrtausendwende beim Start des Internets so, und das war in der jüngeren Vergangenheit beim Cloud Computing bedauerlicherweise ebenfalls so.“ Vor allem beim Thema künstlicher Intelligenz (KI) müsse SAP nun „proaktiv und vorausschauend“ agieren.

Klein sichert zu: „Auf diesem Feld bleiben wir sehr stark tätig.“ Noch am Tag der Hauptversammlung wird eine erweiterte Partnerschaft mit Google verkündet. Und nächste Woche will SAP auf der Messe Sapphire nachlegen.

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Schon länger gibt es Spekulationen, dass SAP beim Heidelberger Start-up Aleph Alpha einsteigen will. Klein nährte diese Spekulationen zuletzt. Aleph Alpha mache einen „super Job in Heidelberg in ihrem Hinterhof“, sagte er bei der Hamburger Digital-Konferenz OMR Festival. Das Start-up brauche jetzt gute Partner. Aleph Alpha hat ähnlich wie Open AI mit ChatGPT eine Anwendung entwickelt, die mit Hilfe künstlicher Intelligenz unterschiedlichste Anfragen beantworten kann.

Überraschend räumt Plattner ein, über die häufigen Wechsel im Vorstand von SAP selbst nicht glücklich zu sein. So sollen Aufbau und Funktion des Personalressorts überdacht werden. Denn vor allem auf dieser Position kommt es in schöner Regelmäßigkeit zu Neubesetzungen. Sabine Bendiek, Arbeitsdirektorin und verantwortlich für operative Prozesse, verlässt Walldorf Ende 2023.

Punit Renjen hat ein Jahr Zeit, sich einzuarbeiten. Es sei die „größte Ehre seines Lebens“, sich im SAP-Aufsichtsrat zu engagieren. Er, der Junge aus Rohtak, habe das niemals zu träumen gewagt.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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