Mannheim/Friedrichshafen. Stellenabbau, Gewinneinbruch, Proteste: Die deutschen Autozulieferer stecken in einer schwierigen Lage - auch ZF Friedrichshafen am Bodensee. Die rund 50.700 Beschäftigten in Produktion und Verwaltung in Deutschland machen sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze. In Mannheim hat der Konzern ebenfalls einen Standort: ZF Wabco mit rund 350 Beschäftigten.
An diesem Mittwoch übernimmt Mathias Miedreich als Nachfolger von Holger Klein das Ruder. Für die Belegschaft ist der 50-Jährige kein Unbekannter, seit Januar sitzt er als Chef der Antriebssparte im Vorstand. Das sind seine größten Baustellen:
Krise der Autoindustrie
Die Produktion von Autos und leichten Nutzfahrzeugen ist weltweit seit 2018 um 30 Prozent gesunken, wie es aus dem Unternehmen heißt. Wie die Konkurrenten Bosch, Continental und Schaeffler leidet auch der zweitgrößte deutsche Zulieferer unter ausbleibenden Aufträgen der Hersteller und hohen Kosten für den Wandel hin zum Elektromotor. Das Unternehmen hat neben Automatik- und Schaltgetrieben unter anderem Fahrwerkskomponenten, Lenksysteme, Antriebe, Bremsen und Sicherheitstechnik im Angebot.
Kerngeschäft mit großen Problemen
Ein Knackpunkt in der Neuausrichtung des Konzerns ist die Sparte für Antriebe - intern „Division E“ genannt. Sie gilt in Teilen als nicht wettbewerbsfähig. Dieser Bereich, der nicht nur elektrische, sondern auch hybride Antriebe und Verbrenner umfasst, leidet besonders unter dem verzögerten Anlauf der E-Mobilität sowie unter hohen Kosten und geringen Margen im traditionellen Getriebegeschäft. Weltweit ist in der Division etwa jeder fünfte ZF-Beschäftigte tätig. Zuletzt gab es Überlegungen über einen möglichen Verkauf des Bereichs oder dass ein Partner an Bord geholt wird.
Schulden in Milliardenhöhe
ZF war in den vergangenen Jahren auf Einkaufstour - und das hat eine Menge Geld gekostet. Insbesondere die Käufe des Automobilzulieferers TRW und des Bremsenspezialisten Wabco müssen verarbeitet werden. Die Nettoverbindlichkeiten beliefen sich Ende Juni auf rund 10,5 Milliarden Euro. Es geht um Hunderte Millionen Euro an Zinsen. Geld, das an anderer Stelle fehlt.
Rote Zahlen und Stellenabbau
Das Stiftungsunternehmen machte im ersten Halbjahr einen Verlust von 195 Millionen Euro. Auch im Gesamtjahr sei ein Verlust zu erwarten, hieß es. Dann würde der ZF im zweiten Jahr in Folge ins Minus rutschen. Für den Zulieferer ist daher weiter Sparen angesagt, vor allem an den deutschen Standorten. Bis Ende 2028 will das Unternehmen bis zu 14.000 Jobs sollen es hierzulande streichen. 5.700 sind seit Anfang 2024 schon weggefallen.
In Mannheim, wo vor allem Bremsen für Nutzfahrzeuge gebaut werden, wurde nach zähen Verhandlungen ein Zukunftsvertrag geschlossen, der betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2030 ausschließt. Dafür musste die Belegschaft Zugeständnisse machen, sie verzichtet zum Beispiel auf Bonus-Zahlungen in diesem und dem kommenden Jahr. Außerdem wird die April 2026 anstehende tarifliche Lohnerhöhung vier Monate später ausgezahlt. Laut IG Metall stand zuvor für Mannheim sogar die Schließung des ganzen Werks im Raum.
Ärger mit dem Betriebsrat und der IG Metall
Der Betriebsrat forderte einen Kurswechsel: Alle Sanierungsversuche seien bisher nicht erfolgreich gewesen. Man stehe nicht besser da, sondern schlechter, hatte Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich gesagt. Die Menschen hätten Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren - und seien deshalb nicht bereit, Überstunden zu leisten.
Auch in Mannheim gab es Ärger. Trotz frisch geschlossenem Zukunftsvertrag sollte die jährliche Sonderzahlung, das sogenannte Trafo-Geld, um einige Monate verschoben werden. Das wurde im August bekannt. Diese Option gibt der Tarifvertrag zwar her. Aber nach Ansicht der IG Metall gelte das nicht für Mannheim, weil mit dem Zukunftsvertrag weitere tarifliche Belastungen für die Mannheimer Belegschaft eigentlich ausgeschlossen wurden. Es bleibt spannend, wie dieser Konflikt ausgeht – angesichts der schwierigen Lage von ZF. (mit dpa)
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