Automobil - Wabco-Arbeitnehmervertreter offen für Übernahme durch Friedrichshafener ZF / Rund 350 Mitarbeiter in Mannheim

„Mehr Chancen als Risiken“

Von 
Matthias Kros
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Bislang das Kerngeschäft von ZF: Ein Arbeiter baut das Getriebe für einen Omnibus zusammen. © dpa

Mannheim. Die Arbeitnehmervertreter des Lkw-Bremsenspezialisten Wabco in Mannheim stehen der geplanten Übernahme durch den Autozulieferer ZF Friedrichshafen offen gegenüber: Zwar spüre er unter den Beschäftigten eine gewisse Verunsicherung, sagte Markus Doberstein, Betriebsratsvorsitzender in Mannheim, „aber insgesamt sehen wir darin mehr Chancen als Risiken für die Belegschaft“. Dem schloss sich auch Thomas Hahl, Vize-Chef der IG Metall Mannheim, an: „Beide Unternehmen ergänzen sich in wesentlichen Produktbereichen, es gibt kaum Überschneidungen“, sagte er. Zudem verbessere die Übernahme die finanzielle Basis, um stärker in Zukunftstechnologien investieren zu können. Die Wabco-Geschäftsführung wollte gestern keine Stellungnahme zu einzelnen Standorten abgeben.

ZF will den US-Konzern Wabco für gut 6,2 Milliarden Euro übernehmen. Beide Unternehmen hatten dafür kürzlich eine entsprechende, verbindliche Vereinbarung unterzeichnet. Jedoch müssen mehr als die Hälfte der Wabco-Aktionäre sowie die Wettbewerbsbehörden der geplanten Transaktion noch zustimmen. Das Geschäft soll Anfang 2020 über die Bühne gehen, teilte ZF bei der Bilanzpressekonferenz gestern in Friedrichshafen mit. Der Zulieferer will damit zu einem führenden Systemanbieter für elektrisch und selbst fahrende Nutzfahrzeuge werden und sich unabhängiger vom Kerngeschäft mit Getrieben machen, die für Verbrennungsmotoren gebraucht werden. Zusammen mit Wabco wird der Umsatz von ZF so stark steigen, dass der Stiftungskonzern nah an die weltweiten Nummern eins und zwei, Bosch und Continental, heranrückt.

Wabco beschäftigt etwa 13 000 Mitarbeiter in 40 Ländern, mehr als 3000 davon an drei Standorten in Deutschland (Hannover, Gronau und Mannheim). In der Quadratestadt bauen die Amerikaner mit rund 350 Beschäftigten vor allem Radbremsen für Lkw, auch das entsprechende Kompetenzzentrum mit Forschung und Entwicklung ist am Standort untergebracht. In den vergangenen Jahren sei kräftig Geld nach Mannheim geflossen, sagte Hahl von der IG Metall, auch deshalb mache er sich um den Standort keine Sorgen.

Gespräche zwischen Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretern über weitere, millionenschwere Investitionen seien derzeit auf der Zielgeraden, fügte Betriebsratschef Doberstein hinzu. Man hoffe, dass die Pläne trotz der veränderten Ausgangslage aufgrund des Übernahmeangebots umgesetzt würden. Ein abschließender Termin sei für Mitte April geplant.

Bereits der zweite Versuch

ZF ist mit weltweit rund 146 000 Mitarbeitern deutlich größer als Wabco. Das Unternehmen vom Bodensee schaut seit Jahren mit großem Interesse auf den Bremsen-Bereich. Vor etwa vier Jahren hatte ZF daher beispielsweise schon einmal versucht, Wabco zu kaufen, was letztlich aber genauso misslang wie 2016 ein Versuch, die schwedische Haldex, die auch einen Standort in Heidelberg hat, zu übernehmen.

Hintergrund ist, dass sich ZF als Systemlieferant für Elektromobilität und autonomes Fahren etablieren will – Bremsen unterstützen mit ihrer Sensorik die Fahrassistenzsysteme. Mit ähnlichen Themen beschäftigt sich auch das Mercedes-Benz Lkw-Werk in Mannheim seit Längerem. Unter anderem ist hier das „Kompetenzcenter für emissionsfreie Mobilität“.

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