Mannheim. Es sind nervenaufreibende Zeiten, die hinter den ZF Wabco-Mitarbeitenden in Mannheim liegen: Mehr als ein Dutzend Runden lang haben IG Metall, Betriebsrat und Management in den vergangenen Monaten verhandelt – und nach jeder blieb die bange Frage: Hat der Standort eine Zukunft?
Jetzt liegt die Antwort auf dem Tisch: In der 14. Verhandlungsrunde haben Arbeitnehmervertreter und Unternehmen einen Zukunftstarifvertrag geschlossen, der den Standort für die nächsten Jahre absichert. Nach Angaben des Unternehmens arbeiten hier derzeit knapp 300 Menschen in der Produktion und rund 50 in der Entwicklung.
Ein dreiviertel Jahr Angst und Sorge für die Wabco-Beschäftigten ist vorbei
„Ein dreiviertel Jahr Angst und Sorge für die Wabco-Beschäftigten ist vorbei“, kommentiert Thomas Hahl, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim, das Ergebnis. „Ich habe noch nie so viele Verhandlungsrunden begleitet und so intensive Gespräche mit den Beteiligten geführt. Aber es hat sich definitiv gelohnt“, sagt er.
Betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2030 ausgeschlossen
Nachdem der Autozulieferer ZF vor einiger Zeit angekündigt hatte, in den kommenden Jahren bis zu 14.000 Arbeitsplätze in Deutschland zu streichen, hatten Arbeitnehmervertreter für den Mannheimer Standort, an dem vor allem Bremsen für Nutzfahrzeuge gebaut werden, Schlimmstes befürchtet: Demnach stand eine komplette Schließung des Werks mit allen Arbeitsplätzen im Raum.
Dieses Szenario ist nun vom Tisch: Der Zukunftstarifvertrag schließt betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2030 aus. Laut IG Metall ist zudem die unbefristete Übernahme aller Auszubildenden vereinbart. In den Standort soll zudem kräftig investiert werden, laut ZF unter anderem in die Automatisierung der Produktion. Die Gewerkschaft spricht von einem Investitionsvolumen von insgesamt knapp zehn Millionen Euro. Außerdem sei das Insourcing bestimmter Produkte geplant.
Der Zukunftstarifvertrag sehe unter anderem vor, durch eine verbesserte Arbeitsorganisation und veränderte Regeln zu Pausenzeiten die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität zu steigern, heißt es in einer Mitteilung von ZF. „Durch eine noch engere Zusammenarbeit mit dem Nutzfahrzeug-Standortverbund in Hannover und den ZF-Zentralbereichen in Friedrichshafen sollen zudem Verwaltungsaufgaben effizienter gestaltet und Einkaufsbedingungen optimiert werden.“
Lohnerhöhung kommt vier Monate später
Auch die Beschäftigten machen für die Einigung Zugeständnisse. So gebe es dieses und nächstes Jahr keine Bonus-Zahlungen. Zudem wird die eigentlich im April 2026 anstehende Tariferhöhung – ein Plus von 3,1 Prozent – um vier Monate nach hinten verschoben. Je nach Beschäftigtengruppe brächten die Mitarbeitenden außerdem eine geringe Anzahl von Qualifizierungstagen ein, teilt die IG Metall mit.
Gewerkschafts-Chef Hahl spricht von einem „wichtigen Schritt in unserem Kampf gegen die um sich greifende Deindustrialisierung“. Das Verhandlungsergebnis zeige, wie man in Deutschland Industrie und gute Arbeit sichern könne. „Die lokale Geschäftsleitung hatte den Mut, innovative Ideen und Vorschläge mitzugehen. Das sollte Schule auch bei anderen Unternehmen machen: Anstatt den Standort Deutschland schlecht zu reden, gelingt es, gemeinsam gute Ergebnisse zu erzielen“, so Hahl.
Auch Markus Doberstein, Betriebsratsvorsitzender am Standort Mannheim, bewertet die Einigung positiv: „Wir haben jetzt gemeinsam die große Chance, den Standort wirklich zukunftsfest zu machen. Aus einer Monokultur mit großen Nachteilen auf dem Markt und krassen Abhängigkeiten entwickelt sich der Mannheimer Standort nun zu einem echten Kompetenzzentrum. Sichere Arbeits- und Ausbildungsplätze, gute, tarifliche Bezahlung, Investitionen inklusive. Wenn man bedenkt, wo wir im letzten Sommer gestartet sind, dann stellt man fest, welche Riesen-Schritte wir gemacht haben“, wird er in einer Mitteilung der Gewerkschaft zitiert.
„Die Verhandlungen haben beiden Seiten Kreativität und Kompromissbereitschaft abverlangt“, sagt Thomas Wehrmann, Geschäftsführer des ZF-Standorts Mannheim. „Das gemeinsam erzielte Ergebnis ist ein ermutigendes Signal für den Standort und die gesamte Nutzfahrzeugmannschaft von ZF, denn unsere Bremstechnologie birgt noch viel Innovationspotential und ergänzt das breite Angebot für unsere Nutzfahrzeugkunden perfekt.“
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